2008-05-27 

Berlin: Mit Rädern & Tassen gegen die NATO

Gegen die parlamentarische Versammlung der NATO in Berlin fand ein kleiner, entspannter Protest statt 24.5.). Eine Rad-Rally machte sich auf den Weg vom Kongress „Sicherheitsstaat am Ende“, vorbei an der US-Botschaft bis durch das Brandenburger Tor. Dort warteten breits die Clowns Army und das AntiKriegsCafe. In Sichtweite zum Bundestag, wo sich die „kleine Schwester der NATO“ traf, im Pavillonschatten und auf Teppichen mit Kaffee und Limo sitzend wurde Musik und weiteren Redebeiträgen gelauscht, diskutiert, informiert...

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Mit Rädern & Tassen gegen die NATO

An diesem Wochenende, 23.-27. Mai '08, traf sich die Parlamentarische Versammlung der NATO im Bundestag in Berlin. Nachdem die Militärs bei ihren diversen Treffen in den letzten Jahren in Berlin kaum mit Störungen rechnen mussten (die Termine von Kommandeurstagungen u.ä. dennoch erst in Nachhinein veröffentlicht werden) regte sich am Samstag wieder Protest.

Eine kurze Fahrraddemo brachte rund zwei Dutzend AntimilitaristInnen nach kurzem Zwischenstopp an der US-Botschaft bald in Sichtweite des Bundestages. Die Polizei hatte sich entschieden uns NICHT grundlos zusammenzuschlagen, wie sie es bei der Demonstration zum Erhalt der besetzten Häuser im Friedrichshain vor wenigen Tagen mal wieder getan hatte. So war es heute die Rebel Clown Army, die mit einem riesigen (Pappmasché-NATO) Knüppel bewaffnet als erste auf den Platz der Abschlusskundgebung neben dem Brandeburger Tor rauschte, wo das Nomadische AntiKriegsCafe an diesem Samstag zum ersten Mal seine Teppiche ausgerollt hatte. Ab Mitte Juni wird es einmal die Woche Gelegenheit geben einen antimilitaristischen Kaffee mit uns zu schlürfen und gemeinsam zu überlegen, wie wir den KriegstreiberInnen ins Handwerk pfuschen können, mehr dazu unten.

Die Stimmung war sonnig, die DemonstrantInnen ließen sich auf ein Getränk im Schatten nieder oder stürzten sich in Gespräche mit PassantInnen und TouristInnen. Da wir uns mit diesem entspannten Nachmittagsprotest in erster Linie auf den kommenden NATO Gipfel in Strasbourg & Kehl 2009 einstimmen, uns gewissermaßen langsam warmdiskutieren wollten, hielt sich die Enttäuschung über die nicht so riesig geratene Demo in Grenzen. Das wird schon noch. Schließlich stellte diese seltsame NATO-Veranstaltung uns selbst erstmal vor einige Fragen, z.B.:

Was ist das überhaupt, die Parlamentarische Versammlung der NATO?

Dass es diesen Verein überhaupt gibt, wussten bis vor Kurzem die Allerwenigsten. Die "NATO PV" ist aus der früheren Nordatlantischen Versammlung hervorgegangen und existiert in ihrer heutigen Form seit 1999. Zu dieser Zeit wurden die politischen Weichen der NATO neu gestellt. Nach Ende des Kalten Krieges war der Mangel an Feind schnell behoben - die Sicherung von Einfluss, Märkten und Ressourcen überall auf der Welt würde noch besser mit einer nach Osten erweiterten NATO funktionieren, setzte zugleich den Umbau in Richtung größerer Flexibilität und schnellerer Einsatzfähigkeit voraus. Um dafür das Geld und die öffentliche Akzeptanz zu erhalten, für diese Vermittlungsarbeit lernten die Militärs die Parlamentarische Versammlung nach anfänglicher Skepsis zu schätzen. Die NATO PV selbst sieht sich als Bindeglied zwischen der NATO und den 26 nationalen Parlamenten der Mitgliedsstaaten, die Mitglieder dorthin entsenden. Real verstärkt die NATO damit die Präsenz einer militärischen Perspektive in den politischen Gremien des Bundestages und versucht darüber hinaus Agendasetting zu betreiben: Als Hauptziele stehen "die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten in allen verteidigungs- und sicherheitspolitischen Fragen zu fördern" sowie "die Vorstellungen der Atlantischen Allianz bei der Formulierung nationaler Politiken einzubringen". Sprich: Hier wird vorbesprochen, was in eine, ohnehin meist auf Abnicken ausgerichtete, öffentliche Diskussion überhaupt eingespeist werden soll.

Vielleicht haben sich die ParlamentarierInnen deshalb so über einen EU-Vertrag gefreut, der ihren Einfluss auf die europäische Außenpolitik erheblich beschneiden wird, finden sie es deshalb wichtig zu diskutieren, ob sie überhaupt noch regelmäßig über Mandatsverlängerungen von Bundeswehreinsätzen entscheiden müssen sollen. Vielleicht wollen sie einfach die Verantwortung los sein. Was sonst soll toll daran sein, dass die NATO PV sich zu einem "euro-atlantischen Parlament entwickelt" hat, wie es stolz auf der Bundestags Websseite heißt?

Wie dem auch sei, unser Zutrauen setzen wir ohnehin nicht auf Parteien, sondern grundsätzlich und immer wieder auf uns selbst in Vielfalt und Vielzahl, auf uns also im kollektiven und solidarischen Sinne - von unten eben. Und deshalb ist eine der Ideen für diesen antimilitaristischen Sommer das Nomadische Antikriegscafe, das wir Euch hier mit einigen Sätzen kurz darstellen möchten (Weitere Termine folgen noch eine Etage tiefer):

+ + + + Nomadisches AntiKriegsCafé + + + +

Die Idee ist abgeguckt von der frühen Bewegung gegen den Vietnamkrieg. Weil Wissen allein noch niemand gegen Kriegsprojekte auf die Beine bringt wollen wir einen offenen Ort schaffen, an dem wir uns erst einmal treffen können, uns aus-tauschen, zusammen nachdenken und beratschlagen was wir tun können, um konkrete Kriegsführung und militaristisches Denken zu beenden. Wir wollen nicht nur unser Gewissen beruhigen mit ein bisschen Kritik hier und da, sondern dazu beitragen, Krieg als Mittel zur Durchsetzung einer Ordnung, die zu immer mehr sozialer Ungleicheit, Ausbeutung und Verelendung führt, zu stoppen.

Atemberaubend! Unmöglich? Wenn überhaupt, dann kann es nur gelingen, wenn wir uns zusammentun, unsere Kräfte, Erfahrungen, Widerstandstraditionen, unser Wissen und Hintergründe zusammenbringen an diesem einen Punkt ...

Das Nomadische AntiKriegsCafé soll ein Ort sein für Diskussion, um Kontakte zu knüpfen – zwischen Menschen, die eigene Lebenserfahrungen in Konfliktregionen machen mussten und jenen, die scheinbar fernab der Kriege leben - ein Ort für kleine Veranstaltungen und Filme, für ein entspanntes kühles Getränk und relaxte Kaffee-Geselligkeit, als Infobörse und sichtbaren Ausdruck von Antikriegs-aktivitäten.

Nomadisch meint, dass wir regelmäßig an öffentlichen Plätzen aufbauen und am Ende des Tages wieder zusammen packen. Eine Woche später kommen wir an den gleichen Ort zurück oder bauen woanders auf.

Wir suchen Leute, die diese Idee ganz praktisch mittragen: mit organisieren, auf- und abbauen, Kaffee kochen, die Stellwand bestücken, Musik auflegen, Dis-kussionen anstoßen, übersetzen, ihre Positionen und kreative (Widerstands-)Ideen einbringen, andere einladen ....

Nächstes Vorbereitungstreffen: 26. Mai 2008, 19:30 Uhr vor oder im Bethanien (Südflügel, 1. Etage), nähe Mariannenplatz, Kreuzberg

Das Nomadische Antikriegscafé wird es ab dem 13. Juni geben. Zuerst am Mariannenplatz.
Schaut vorbei!

Kontakt: antikriegscafe@riseup.net

+ + + + Noch mehr Antimilitarismus 2008 + + + +

1. Juli - Der erste Tag des Protestes gegen die G8 in Japan hat den Schwerpunkt Antimilitarismus [media.sanpal.co.jp/no-g8]

18.-21. Juli - Sommercamp gegen den geplanten NATO Bombenabwurfplatz auf dem Bombodrom [g8andwar.de]

25.-31. August - Aktionstage rund um das Atomwaffenlager in Büchel [bye-bye-nuclear-bombs. gaaa.org]

14.-15. November 2008 - Europäischer Aktionstag gegen militärische Infrastruktur / Militarismus. Krieg geht von Europa aus!

Und 2009:

Februar 2009 – NATO Sicherheitskonferenz in München

April 2009 - 60. NATO-Gipfel 2009 in Kehl und Straßburg

[http://de.indymedia.org/2008/05/218459.shtml]