2008-05-26 

NATO-Schwester

Von Olaf Standke

Ungewollte Aufmerksamkeit wird heute der Parlamentarischen Versammlung der NATO in Berlin zuteil, gern als »kleine Schwester« des Nordatlantik-Paktes bezeichnet: Ein breites Bündnis von Friedensgruppen nimmt die Frühjahrstagung der parlamentarisch-politischen Repräsentanz des weltgrößten Militärbündnisses als Auftakt für eine internationale Mobilisierungskampagne zum 60. Jahrestag der NATO-Gründung im nächsten Jahr. Dann will die Allianz den geplanten Gipfel an der deutsch-französischen Grenze in Straßburg und Kehl zelebrieren. Er soll unter anderem ein neues Strategiepapier des Paktes beschließen, das – so befürchten NATO-Kritiker – für den weltweiten Interventionsanspruch selbst »präventive nukleare Erstschläge« verankern wird.

Die Parlamentarische Versammlung der NATO ist zwar kein Entscheidungsgremium der Allianz, aber ihr wichtigstes Bindeglied zu den nationalen Parlamenten. Die Abgeordneten diskutieren auf ihren Tagungen nicht nur den Zustand der transatlantischen Beziehungen und globale wie regionale sicherheitspolitische Fragen, sie erarbeiten zugleich Handlungsempfehlungen für den Nordatlantikrat der Mitgliedsregierungen. So geht es in der deutschen Hauptstadt in diesen Tagen neben Afghanistan und Balkan, der angepeilten Raketenabwehr, dem illegalen Nuklearhandel oder den Beziehungen zu EU und Russland auch und gerade um das Zukunftskonzept dieser NATO, die nicht nur für demonstrierende Friedensaktivisten zum militärischen Ausdruck einer neoliberalen Globalisierung geworden ist. Berlin bietet den Volksvertretern also auch die Möglichkeit, Volkes zorniger Stimme zu lauschen.