2008-04-03 

Erklärung der vier Erstaussteiger

Vorbemerkung:

Wir haben lange mit dieser Erklärung und Interpretation zu den Ereignissen die in Frankfurt geschehen sind gewartet. Dies hing zum einen damit zusammen, dass wir für uns nach dem Treffen in Frankfurt erstmal die Sachen etwas ordnen wollten, zum anderen wollten wir nicht unnötiges Öl in das Feuer gießen und eine endlos Debatte auf der Mailingliste anstreben. Wir halten es dennoch für wichtig, wenn auch etwas spät, unsere Entscheidung hier noch einmal zu begründen.

Bild: Plakat

United Colors

Wir schreiben hier als die vier Leute, die den Klimacamp-Prozess in Frankfurt aus politischen Gründen verlassen haben. Wir vier kommen aus unterschiedlichen politischen Richtungen, sind in unterschiedlichen Zusammenhängen organisiert und haben ein unterschiedliches Verständnis wie politische Arbeit in Theorie und Praxis aussehen soll. Zwar ist einer von uns in einer parteinahen Jugendorganisation, keiner von uns vieren vertritt, wie in anderen Mails fälschlicherweise behauptet, jedoch eine sog. NGO. Wir haben den Prozess des Klimacamps mehr oder weniger aktiv seit dem ersten Treffen begleitet, eine klare gemeinsame Motivation für die Arbeit an dem Klimacamp teilen wir aufgrund unserer politischen Vielfalt nicht.

Trotz unterschiedlicher Motivation für das Camp, verbindet uns jedoch die Tatsache, dass wir ein großes spektrenübergreifendes Klimacamp im Sommer 2008 wollen. Ein Camp auf dem Menschen zusammen kommen, die einen Bruch mit der hegemonialen Klimapolitik wollen, die intervenieren und ihren Widerstand gegen das herrschaftliche klimapolitische Greenwashing sichtbar machen wollen. Spektrenübergreifend heißt dabei für uns, dass im Vorbereitungsprozess, wie auch auf dem Camp die Breite des Spektrums sichtbar sein sollte. Das schließt explizit alle Gruppen und Organisationen ein, von der Bundjugend über Parteijugendverbände bis zur autonomen Antifa., die zu diesem Thema ähnliche politische Ziele verfolgen. Nicht auf Ausgrenzung und Misstrauen, sondern auf ein solidarisches und emanzipatorisches Miteinander soll das Camp beruhen.

Vom Ausstieg zum Einstieg

Im Vorfeld zu dem Treffen in Frankfurt, wie auch schon auf den letzten Treffen in Meuchefitz, hatte es einige Anstöße zu der Diskussion über die Bündnisfrage gegeben (siehe Papier aap, Mails u.a. T., F. …). Auf dem Frankfurter Treffen bildete sich, nach einer Kleingruppenphase am Freitagabend (wo es u.a. auch um die Bündnisarbeit ging), am Samstagvormittag eine Arbeitsgruppe zum Thema Bündnispolitik. In der Arbeitsgruppe waren Menschen aus anarchistischen Zusammenhängen, vom aap, Aku, Block Aid, solid und einigen Einzelpersonen. In einer offenen Diskussion und in einem sehr konstruktiven Prozess wurde sich darüber verständigt, wie den Ängsten dass das Camp von einem Spektrum/Organisation dominiert werden könnte, entgegen getreten werden kann. Hierzu wurden verschiedene Vereinbarungen getroffen: keine großen Banner im Eingangsbereich, keine NGO/Organisationsberühmtheiten als Pressekontakt etc.

Gleichzeitig wurde vereinbart Gruppen offensiv einzuladen ihre Unterstützung für das Camp sichtbar zu machen. Der Aufruf sollte dazu als Klimakampvorbereitungsgruppe unterschrieben, dem folgend eine UnterstützerInnenliste (Gruppen und Einzelpersonen). Dies allerdings nur wenn sich eine ausreichende Zahl von UnterstützerInnengruppen finden würde. Wir hatten den Eindruck (wir waren alle vier in dieser AG), das alle Seiten sich sehr viel in der Bündnisfrage bewegt hatten – die oben genannten Punkte wurden als Konsens aus der Gruppe ins Plenum getragen.

Dass der Konsens der AG keinen Konsens im Plenum fand, ist bekannt. Der Verlauf, den, den die Diskussion dann nahm, um diesen Konsens herzustellen auch (siehe Mail R.). Auch wenn wir teilweise selbst in den Konsensfindungsgruppen saßen – die gemachten Vorschläge sich von Gruppen (NGOs, nicht hierarchiefreie Gruppen??) die den Aufruf unterstützen, gleichzeitig zu distanzieren, war und ist für uns alle nicht tragbar. Dies wäre in unseren Augen nicht nur ein krasser Rückschritt zu den diversen Bündnisprozessen die regional aber auch bundesweit in den letzten Jahren aufgebaut wurden, sondern würde auch diametral unserer Idee eines spektrenübergreifenden Camps widersprechen.

Die Debatte um die UnterstützerInnenliste des Aufrufes war dabei, wie die Diskussion am Samstagabend zeigte, lediglich Ausdruck von völlig unterschiedlichen Vorstellungen eines spektrenübergreifenden Camps. Einige Personen stellten in Frage ob sie überhaupt Zusammenhänge unterstützen wollen, in denen Gruppen/Organisationen agieren die „nicht herrschaftsfrei sind“. Die gleichen Menschen beharrten darauf, dass es bei der Vorbereitung und dem Camp sich um ein „Menschencamp“ handeln sollte, an dem zwar Menschen aus Organisationen teilnehmen und sich inhaltlich einbringen könnten, diese aber nicht sichtbar (weder im Prozess, noch auf dem Camp) sein sollten. Neben der Tatsache, das wir es auf einer theoretischen Ebene äußerst Problematisch empfinden Kategorien wie herrschafts- und hierarchiefrei in diesem Kontext zu benutzen, halten wir eine solche grundsätzliche Position in Bezug auf das Klimathema für politisch absolut falsch. Mal ehrlich – wo ist denn in dieser Vorstellung die positive spektrenübergreifende Dimension eines Camps? Menschen können doch immer als solche, egal ob sie sich für NGOs/Organisationen etc. (ausgenommen natürlich Nazis, hohe Politikerinnen usw.) engagieren, rein privat zu allen möglichen Camps gehen und es gibt doch viele Camps die just in diese Richtung gehen. Wie oben beschrieben wollen wir aber für das Klimacamp wirklich ein großes breites Spektrum mobilisieren. Dies schaffen wir nicht wenn wir den Menschen ihre politische Identität verbieten bzw. uns schon im vorneherein von ihrer Organisierung distanzieren. Wie schon oben beschrieben wollen wir im Gegenteil ein Camp wo wir Aufgrund gemeinsamer Ziele zusammen Kämpfen. Dies bedeutet für uns, dass wir die Verschiedenheiten der Spektren (und ihre Organisierung) respektieren.

Ob der Aufruf nun von Gruppen/Einzelpersonen unterstützt wird (was wir politisch für sehr sinnvoll und mobilisierungtechnisch für sehr wichtig halten) oder nicht, war somit lediglich ein Element in der Diskussion. Die politischen Gegensätze waren, wie beschrieben, jedoch viel Grundsätzlicher. Dies zeigte sich auch noch mal ganz klar am Sonntagvormittag wo die grundsätzlich politischen unterschiedlichen Vorstellung erneut klar zu Tage kamen (so wurde Explizit die Sichtbarkeit der Spektren nicht als Konsens festgestellt).

Auch wenn es in der Tat in einzelnen Punkten Annäherungen gab (hier noch einmal der Verweis darauf, dass bereits in der ersten Arbeitsgruppen von sehr vielen Spektren es viel Bewegung gab), nach Meinung von uns allen, blieben die grundsätzlichen diametralen Positionen zur Bündnisfrage bestehen. Für uns hat sich am Ende all dieser Diskussionen herausgestellt, dass ein spektrenübergreifendes Klimacamp, so wie wir es uns vorgestellt haben, im Rahmen des Vorbereitungskreises nicht mehr möglich ist, Die Vorstellungen darüber, was spektrenübergreifend heißt, sind zu unterschiedlich. Dieser Konflikt hätte sich weiter durch den Prozess durchgezogen und ein konstruktives Miteinander nicht ermöglicht. Die wollen wir ganz klar nicht. Wir alle vier haben klar in Frankfurt formuliert warum wir keine Möglichkeit der Zusammenarbeit unter diesen Vorraussetzungen sehen. Im Nachhinein nun Einzelpersonen zum Sündenbock zu konstruieren, wie es etwa P. in seinen Mails macht, entspricht einfach nicht der Realität – wir haben zu viert das ganze Frankfurt treffen gemeinsam für unsere Vorstellung eines spektrenübergreifenden Camps gekämpft.

Unser Ausstieg bedeutet aber nicht, dass wir nicht wünschen, dass das Klimacamp in Hanau ein erfolg wird. Wir sahen nur, dass wegen der verschiedenen Vorstellungen, unsere Ideen dort nicht mehr verwirklichbar sind. Um den Prozess nicht weiter zu blockieren, haben wir uns zurückgezogen und begonnen, Möglichkeiten zu suchen, wie wir unsere Vorstellungen eines Klimacamps in Deutschland umsetzen können (siehe Hamburgprozess) . Das bedeutet nicht, dass wir zum Klimacamp in Hanau nicht solidarisch sind.

Ein letztes Wort

zur Diskussionskultur seit dem Treffen in Frankfurt: Wir finden die elektronische Schlammschlacht, die von einigen Menschen seit Frankfurt betrieben wurde, ziemlich widerlich. Mit falschen Behauptungen, dass etwa ein NGO Camp in Hamburg geplant würde, wird versucht den Prozess eines spektrenübergreifenden Camps in HH zu diskreditieren. Einzelpersonen werden bewusst als Sündenböcke instrumentalisiert, das Wort Machtpolitik inhaltslos in den Raum geschmissen und es wird leichtfertig die Politmacker_innenkeule geschwungen. Statt konstruktiv mit dem politischen Bruch, den es in Frankfurt gab umzugehen und daran zu arbeiten, dass es im Sommer, eine linke Intervention in das Klimathema gibt (von wie vielen Camps die dann auch immer ausgeht), erschöpfen sich einige in endlosen Schuldzuschreibungen. In Hoffnung auf einen erfrischenden, motivieren und von Toleranz und Vertrauen geprägten weiteren Prozess.

Mit solidarischen Grüßen T., F., E.

www.klimacamp.org