2008-04-21 

Klimapolitik und Arbeiter_innenkämpfen

Klimapolitik und Arbeiter_innenkämpfen, kann das gehen?

Klimapolitik ist seit dem G8 im Sommer 2007 immer stärker ein Politikfeld der radikalen Linken. Während des G8 gab es von linksradikaler Seite noch kaum ein Contra zur klimafeindlichen Politik der 8, doch seitdem rührt sich was.
Zwei Aktionscamps in England haben Aktivist_innen inspiriert für den Sommer 2008 ebenfalls aktiv zu werden. Vom 15.-24.August findet nun erstmals in Hamburg ein Klimacamp statt. Auch auf dem diesjährigen BUKO hat Klimapolitik einen Platz. Demnach scheint es in der Hinsicht einen neuen Schwung zu geben.
Doch keine Politik gegen Klimawandel an den Arbeiter_innenkämpfen vorbei: Viel zu oft werden in einem Politikfeld Forderungen entwickelt und andere Politikfelder dabei nicht in den Blick genommen. Die Frage nach der Energiewende: dem Ausstieg aus der Atomenergie und dem Ausstieg aus der fossilen Energieproduktion hin zu 100% regenerativer und bevorzugt dezentraler Energiegewinnung, sollte die Beschäftigten in diesem Sektor in die Debatte einbeziehen. Auch bei den vier großen Stromkonzernen EON, RWE, Vattenfall und EnBW, ebenso wie bei anderen Betrieben, werden Arbeiter_inneninteressen nicht großgeschrieben. In Berlin zum Beispiel gab es am 1.Februar 2008 einen Warnstreik. Was ging dem voraus?

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1997 wurde in Berlin die Energieversorgung privatisiert. 2003 erfolgte der Kauf durch Vattenfall. Neben der BEWAG in Berlin kaufte Vattenfall in Deutschland noch die ehemaligen Betriebe HEW Hamburg, VEAG und LAUBAG Bergbauer auf. Mit der Privatisierung ging eine Entrechtung der Beschäftigten einher. Die Beschäftigten kämpften gemeinsam mit Verdi über 3 Jahre lang für eine Vereinheitlichung des Tarifrechts.
Diese Auseinandersetzung fügt sich in einer Kette von Arbeiter_innenkämpfen ein, die seit 2007 verstärkt geführt werden, Streiks bei der Bahn, im Einzelhandel, bei Bosch-Siemens usw. Diese Kämpfe erfahren nur selten praktische Solidarität von linksradikaler Seite, viel zu oft wird das Feld allein den Gewerkschaften überlassen. Die sogenannte Fabrikbesetzung in Nordhausen mit ihren „Strikebikes“ ist eins der wenigen Beispiel, bei dem Linksradikale verstärkt die Arbeiter_innen (vor allem durch das Bestellen von Fahrrädern) unterstützt haben.
So gibt es bisher auch zu den Beschäftigten im Energiesektor kaum Kontakte. Die Betriebsräte halten sich bedeckt, um nicht ins Visier ihrer Arbeitgeber_innen zu geraten. In Berlin versuchen Klimaaktivist_innen jetzt punktuell für eine Veranstaltung Kontakt über Verdi herzustellen. Obwohl eigentlich klar ist, dass es darum gehen sollte, autonom und unabhängig von den großen Gewerkschaften Kontakte zu Beschäftigten aufzubauen, gibt es für eine derartige Politik bei linksradikalen Klimaaktivist_innen derzeit keine Kapazitäten. Eine Veranstaltung am 3.Juni im Statthaus Böcklerpark im Rahmen der bundesweiten Veranstaltungsreihe zu Globalen Sozialen Rechten versucht nun, auf diese Lücke hinzuweisen und Klimapolitik und Arbeiter_innenkämpfe miteinander in Diskussion zu bringen ( http://www.globale-soziale-rechte.de/index.php?id=30).
Arbeiter_inneninteressen im Energiesektor und Klimapolitik, das erscheint auf dem ersten Blick fast unvereinbar. Während es linksradikalen Klimaaktivist_innen darum geht die Energiekonzerne zu zerschlagen und die Stromproduktion komplett umzugestalten, haben die meisten Beschäftigten erst mal Angst um ihren Arbeitsplatz. Der Raum an selbstbestimmtes Arbeiten, frei von Konkurrenz und Leistungsdruck, zu denken, ist da erst mal sehr klein. Hier stellt sich die Frage, wie gedankliche Freiräume und der Raum für Utopien wieder aufgemacht werden kann? Denn durch die neoliberale Politik und die vermeintliche Ausweglosigkeit (TINA – the in no alternitiv) gibt es scheinbar keine Alternative zu der globalen Wettbewerbslogik und Privatisierungswelle. Doch die Idee von Veränderung brauch es, um politisch aktiv zu werden. Ob der emanzipative Weg im Stromsektor die Aufhebung der Privatisierung und eine Zurück zum vermeintlichen Wohlfahrtsstaat heißt, ist zweifelhaft. Ein Weg der „Revolution in kleinen Schritten“ könnte vielleicht eher ein basisdemokratisches Modell von kleinen Genossenschaften bedeuten. Wie diese konkret aussehen könnten, ist noch völlig offen. Ob kleinere Genossenschaften, wie Greenpeace Energie und Schönhausen, hier Anregungen geben könnten ebenfalls. Lasst die Debatte beginnen.

www.gipfelsoli.org/Texte/Klima + www.klimacamp.org + www.globale-soziale-rechte.de