2008-04-06
Übersetzung der Erklärung der AnarchistInnen und Anti-MilitaristInnen zu den trotz aller Repression und Medienhetze geglückten Protesten gegen den NATO Gipfel in Bukarest
Anti-NATO Communiqué aus Bukarest
Gemeinsame Stimme der AnarchistInnen und Anti-MilitaristInnen, die sich April 2008 in Bukarest versammelten, um gegen den NATO Gipfel zu protestieren.
Solange es Krieg geben wird, es Systeme und Organisationen gibt, die Militarisierung, das Morden und Profitemachen damit unterstützen, solange wird es Bewegungen geben die dagegen protestieren. Heute ist die NATO die einflussreichste militärische Allianz der Welt. Deshalb wird es überall dort, wo ein NATO Gipfel stattfindet Leute geben, die Widerstand dagegen leisten. Bukarest ist keine Ausnahme.
Trotz Medienhetze und Repression durch die Regierung bereits Monate vor dem Gipfel versammelten sich hunderte rumänische und internationale Anti-MilitaristInnen in der Hauptstadt Bukarest.
Die bürgerlichen Medien bombardierten die rumanische Bevölkerung – stellten die anti-militaristischen AktivistInnen als rücksichtslos dar, als TerroristInnen, Hooligans und FeindInnen der rumänischen Bevölkerung, die nur kommen würden die Stadt zu zerstören. All dies war absurd und offensichtlich erfunden. Die meisten Massenmedien hatten nicht einmal versucht irgendwelche Informationen von anti-militaristischer Seite zu bekommen.
Auch die lokalen Behörden taten ihr Bestes bereits Monate vor dem Gipfel all jene einzuschüchtern, die möglicherweise an den Protesten teilnehmen könnten. In verschiedenen Teilen Rumäniens wurden Leute observiert, erhielten Telefonanrufe und Hausbesuche von verschiedenen Gesetzeshütern. Während dieses Vorgehen durchaus übliche Praxis ist, steigerten die Behörden den Repressionsdruck in jüngster Zeit ins Extrem.
Gleichzeitig waren Leute aus anderen Ländern mit Repressalien konfrontiert, wenn sie versuchten über die rumänische Grenze zu kommen. Vielen wurde die Einreise nach Rumänien ohne Angabe rechtlicher Gründen verweigert. In den Tagen vor dem Gipfel wurden viele AktivistInnen von der Polizei angehalten und belästigt, aber auch gewöhnliche BürgerInnen wurden durch die drückende Polizeipräsenz in vielerlei Art in Mitleidenschaft gezogen.
Am 2. April erreichte die Repression ihren Höhepunkt als die Jandarmerie (Spezialkräfte) auf brutale Weise den Ort stürmte, den die AktivistInnen sowohl als Unterkunft, als auch für Versammlungen und Veranstaltungen nutzten. Der legal gemietete Raum wurde ohne Warnung überfallen. Diese Aggression hatte keinerlei legale Grundlage. Die Jandarmen handelten brutal – in physischer Hinsicht (Tritte, Schläge, Gaseinsatz) wie in verbaler Form (Schreien homophober, xenophober und rassistischer Beleidigungen). Die meisten Leute wurden geschlagen, einige jedoch wurden schwer verletzt. Dies ist ein verzweifelter, aber erfolgloser Versuch des rumänischen Staates die Proteste aufzuhalten.
Was danach passierte war eine Kombination aus der Reaktion der Bewegung einerseits und den bürgerlichen Medien andererseits, die den Mißbrauch von Macht und Gewalt erkannten. Die in Freiheit verbliebenen Anti-MilitaristInnen organisierten zusammen mit verschiedenen Menschenrechtsorganisationen und Rechtsanwälten spontane Anti-Repressions Demos und Kundgebungen vor den Polizeiwachen. In vielen Ländern gab es Solidaritätsaktionen, etwa Demonstrationen vor rumänischen Botschaften. Mit dieser Art Reaktionen konfrontiert sah sich der rumänische Staat gezwungen seine Haltung abzuschwächen. Zehn Stunden später waren alle AktivistInnen wieder auf freiem Fuß, der gestürmte Raum wurde wieder bezogen.
Auch wenn das volle Vertrauen in die tatsächlichen Absichten der Massenmedien nicht wieder hergestellt wurde, so ist doch klar, dass sie in diesem Moment einen ernsthaften Schritt dahingehend unternahmen, die tatsächlichen Absichten der internationalen anti-militaristischen Bewegung sorgfältiger darzustellen.
Es ist wichtig zu betonen, dass die Aktionen und Proteste in Bukarest sowohl von lokalen als auch von internationalen TeilnehmerInnen getragen wurden, denn Militarismus ist nicht nur ein lokales Problem. Diese Bewegung hat keine Chefs oder FührerInnen, keine einzelne Person oder Gruppe kann beschuldigt werden oder die Lorbeeren dafür einheimsen die Proteste organisiert zu haben. Insbesondere ist wichtig herauszustellen, dass die Aufmerksamkeit der internationalen Bewegung auf die Entwicklungen gerichtet ist, die es in Rumänien nach dem Gipfel geben wird. Die rumänischen Behörden sollten wissen, dass jede weitere repressive Maßnahme gegen rumänische Anti-MilitaristInnen starke Reaktionen der internationalen Community hervorrufen wird. Unsere Erfahrungen in Bukarest haben die Solidarität gestärkt, wir werden darauf aufbauen.
Zusammengefasst läßt sich sagen, dass es die anti-militaristischen AktivistInnen trotz massiver Repression geschafft haben eine Reihe öffentlicher Aktionen zu machen, bei denen sich zeigte, dass viele EinwohnerInnen Bukarests mit anti-militaristischen Ideen sympatisieren, denn sie grüßten uns auf Schritt und Tritt. Für uns ist das ein klares Zeichen, dass es in der rumänischen Gesellschaft keinen Konsens gibt was NATO, Militarismus oder sogar was staatliche Interventionen in soziale Beziehungen betrifft. Tatsächlich nahmen viele Leute eine negative oder zumindest kritische Haltung dazu ein. Man könnte fragen: Wenn so viele rumänische Leute kritisch darüber denken, warum gehen sie dann nicht auf die Straße und drücken ihre Meinungen aus? Die Antwort ist klar: Der Staat hat eine Atmosphäre der Angst und des Terrors geschaffen, die rumänische BürgerInnen an die Zeiten vor Dezember 1989 erinnert.
Wir haben in Bukarest gezeigt, dass die Repression, so restriktiv sie auch sein mag, unseren Widerstand niemals aufhalten wird.
Sie können unsere Knochen brechen, aber nicht unsere Ideen!
Der anti-militaristische Widerstand wird weitergehen!