2008-04-03
Bukarest (AFP) - Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy will sein Land bis kommendes Jahr in die NATO zurückführen. Das bekräftigte Sarkozy auf dem NATO-Gipfel in Bukarest. Frankreich hatte sich 1966 nach dem Aufstieg zur Atommacht unter Präsident Charles de Gaulle aus der militärischen Integration im Bündnis zurückgezogen. Dies will Sarkozy bis zum Jubiläumsgipfel zum 60. NATO-Geburtstag im kommenden Jahr rückgängig machen. Zur Voraussetzung macht der Präsident aber eine Einigung über eine stärkere militärische Rolle Europas unter französischem EU-Ratsvorsitz im zweiten Halbjahr 2008.
In Sarkozys Gipfel-Redetext heißt es mit Blick auf die volle Integration in die NATO: "Nach der französischen Präsidentschaft ist der Moment gekommen, diesen Prozess abzuschließen und die nötigen Entscheidungen zu fällen, damit Frankreich seinen vollen Platz in den Strukturen der NATO einnehmen kann." Zwar ließ der Präsident diesen Textteil bei seiner Ansprache vor den Bündnispartnern aus, laut einem Elysee-Sprecher steht er aber hinter dem Inhalt.
Bei einem gemeinsamen Auftritt mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte Sarkozy auf dem Gipfel: "So wie das Europa der Verteidigung sich seinen Weg bahnt, bahnen auch wir uns weiter den Weg Richtung NATO." Beide Dinge seien untrennbar miteinander verbunden. Aus französischen Delegationskreisen hieß es, der NATO-Gipfel in Straßburg und Kehl 2009 biete eine gute Gelegenheit für die Rückkehr Frankreichs in das Bündnis.
Zwar ist Frankreich auch bisher an NATO-Einsätzen beteiligt, so etwa im Kosovo-Konflikt oder in Afghanistan. Bis heute ist Paris aber weder im Verteidigungsplanungsausschuss noch in der Nuklearen Planungsgruppe (NPG) vertreten. Frankreich kann damit zwar ohne Konsultation weiter über seine Atomstreitmacht bestimmen, politisch hat es aber im Bündnis nicht denselben Einfluss wie Vollmitglieder.
Sarkozy zufolge stellte US-Präsident George W. Bush auf dem Gipfel klar, dass er eine stärkere Militärpräsenz der EU auch außerhalb der NATO gutheißen würde: "Der Präsident der Vereinigten Staaten hat heute morgen eine Erklärung über die Notwendigkeit des Europas der Verteidigung abgegeben, das die Allianz ergänzen könnte", sagte Sarkozy. Der französische Präsident wertete dies als "historischen Wendepunkt in der Politik der Vereinigten Staaten von Amerika".
Sarkozys Zusage für 700 Soldaten für Ostafghanistan wird in diesem Kontext als Signal an die NATO gewertet. Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) begrüßte das Angebot in Bukarest: "Das halte ich für eine gute Entscheidung", sagte er. Damit trage Frankreich dazu bei, "dass das Bündnis insgesamt handlungsfähig bleibt".
Die Rückkehr Frankreichs in die NATO stößt allerdings in Teilen des Bündnisses auf Stirnrunzeln, wie es von Diplomaten heißt. Für die von dem Präsidenten gewünschte Besetzung hochrangiger NATO-Militärposten mit Franzosen müssten Deutschland und Großbritannien womöglich Posten räumen. Noch ist offen, welche Posten Frankreich genau verlangt.
[http://de.news.yahoo.com/afp/20080403/tts-nato-gipfel-frankreich-afghanistan-u-c1b2fc3_3.html]