2008-04-03
Vom 2. bis 4. April findet in Bukarest der 59. NATO-Gipfel statt. Seit Monaten bereitet sich eine antikapitalistische, internationale Protestbewegung auf das Gipfeltreffen vor, um gegen Militarisierung und Krieg zu demonstrieren.
In Bukarest wurde in einer angemieteten Fabrik ein „Convergence Center“ eingerichtet, in dem AktivistInnen übernachtet und Proteste vorbereitet hatten. Das Zentrum wurde am gestern, am 2. April von maskierten Spezialkommandos der Polizei angegriffen und geräumt. 46 der 50 internationalen Anwesenden wurden brutal festgenommen und auf Polizeiwachen gebracht. Viele der Festgenommenen wurden verprügelt. Nach gegenwärtigem Kenntnisstand sind zwar alle wieder aus dem Gewahrsam entlassen worden. Mindestens 2 Personen müssen allerdings im Krankenhaus wegen eines Beinbruchs und Gesichtsverletzungen behandelt werden.
Heute findet um 17.00 Uhr eine Protestkundgebung in Bukarest statt.
Die Razzia soll die Bewegung gegen das NATO-Treffen schwächen, indem ein Teil der selbstorganisierten Infrastruktur zerschlagen wird. Diese Strategie ist von der Polizei in den letzten Jahren häufig bei internationalen Protestereignissen angewandt worden.
In Bukarest wurden in den letzten Tagen AktivistInnen verhaftet, weil sie etwa große Rucksäcke trugen, Flugblätter verteilten oder Taschenmesser mitführten.
Bereits im Vorfeld sind mehrere internationale AktivistInnen an der Einreise gehindert und von Polizei und Geheimdienst stundenlang verhört worden.
Die Behörden verfügen über Listen von Personen, in denen potentielle KritikerInnen geführt werden. Diese Listen werden dem austragenden Land eines Gipfeltreffens von Polizeien anderer Länder zur Verfügung gestellt.
In Deutschland ist das Bundeskriminalamt mit ihrer Erstellung und Weitergabe beauftragt. Kritierien die zur Aufnahme in eine solche Datei führen sind willkürlich. Oft reicht eine Festnahme bei einem Gipfelprotest. Zuletzt wurden allein in Heiligendamm mehr als 1.000 Personen erkennungsdienstlich behandelt.
Für morgen ruft ein Bündnis aus Berliner NATO-kritischen Gruppen ab 15.00 Uhr zu einer Protestdemonstration vor der rumänischen Botschaft in Berlin auf. Die kurze Demonstration führt an der Botschaft der USA vorbei, um gegen deren militarisierte Außenpolitik und die geplante Osterweiterung der NATO zu demonstrieren. Die Abschlusskundgebung findet vor der französischen Botschaft am Brandenburger Tor statt. Frankreich und Deutschland richten 2009 in Strasbourg und Kehl den 60. NATO-Gipfel aus, der als “Jubiläum” große Aufmerksamkeit bekommen soll. Anarchistische und antikapitalistische Gruppen kündigen massive Proteste dagegen an.
Hintergrund
Chronologie
19.3. Grenzübergang Calafat: 6 deutsche Anti NATO AktivistInnen werden aufgehalten, an der Einreise gehindert und 19 Stunden festgehalten
26.3. 4 von den 6 versuchen am Grenzübergang Giurgiu erneut über die Grenze zu kommen und werden wieder daran gehindert. Als Reaktion hierauf starten sie gemeinsam mit GenossInnen ein no border camp in Ruse, Bulgarien.
27.3 Tatiana Dublei aus Rumänien wird von einem Regierungs-Konvoi überfahren. Die Polizei verweigert der Ambulanz zu helfen, da es sich um einen Test für die anstehenden NATO-Konvois handelt, die nicht angehalten werden dürfen.
28.3. Mitgliedern von “Die Young”, einer Hardcore Band aus Texas wird die Einreise am Grenzübergang Cenad verweigert.
29.3. 5 Anti-NATO AktivistInnen werden in Bukarest verhaftet.
31.3. 7 tschechische AktivistInnen versuchen die Grenze zu passieren und werden für 8 Stunden verhaftet und an der Einreise gehindert.
1.4. 3 AktivistInnen werden verhaftet als sie vom Kiosk zurück kommen. Sie werden wegen Waffenbesitz (Taschenmesser) angeklagt.
1.4. 4 polnische AktivistInnen werden an der Einreise gehindert.
1.4. Eine Person wird festgenommen weil sie einen zu großen Rucksack trägt.
1.4. 4 AktivistInnen werden wegen Verteilen von Flugblättern verhaftet.
1.4. Mehrere AktivistInnen werden von der Polizei kontrolliert und verfolgt.
2.4. Die Fabrik, die als Treffpunkt (“Convergence Center”) angemietet war wird von der “Romanian Riot Police” attackiert. 46 von 50 AktivistInnen werden festgenommen. Die Polizei verwehrt JournalistInnen den Zugang zur Fabrik. Die Polizei geht mit äußerster Brutalität vor – Menschen erleiden teils schwere Verletzungen.