2006-10-04 

Auf dem Weg zum G8-Gipfel in Heiligendamm - Was bewegt sich in Deutschland?

Der G8-Gipfel 2007 wird vom 6. bis 8. Juni 2007 im Osteebad Heiligendamm in Mecklenburg stattfinden. Wenn auch die Meldungen zur Frage, welches die Hauptthemen dieses Gipfels sein könnten, sich noch widersprechen, so beginnen sich doch wahrscheinliche Leitlinien herauszuschälen:

Angela Merkel hat sich dafür ausgesprochen, die Gipfelgespräche wieder mehr auf die ursprünglichen Wirtschaftsthemen einzugrenzen. Gleichzeitig kündigte sie jedoch beim diesjährigen Gipfel in St. Petersburg an, Armutsbekämpfung werde ein Schwerpunkt des Gipfels sein. Klar scheint jedenfalls zu sein, dass es neben den offensichtlichen "Dauerbrennern" Energie(sicherheit) und Klima/Erneuerbare Energien auch um den Themenbereich Intellektuelle Eigentumsrechte gehen wird.
Nicht nur die immer noch unklare Agenda der Bundesregierung stellt NGOs und Bewegungen, die sich bereits seit Jahresbeginn auf den Gipfel in Heiligendamm vorbereiten, vor einige Herausforderungen. Die NGO-Plattform zu Heiligendamm 2007, die sich bisher hauptsächlich aus Umwelt- und Entwicklungsorganisationen zusammen setzt, und ein loser Zusammenschluss aus Friedensinitiativen, linken Bewegungen und Einzelpersonen (auch "Rostockbündnis" genannt) arbeiten gemeinsam an der Planung der Großdemonstration, an Konzert- und Kulturveranstaltungen und an einem internationalen Alternativgipfel. All diese Aktivitäten werden in und um Rostock stattfinden, da Heiligendamm weiträumig abgesperrt sein wird. Rostock selbst ist mit 200 000 EinwohnerInnen recht klein für die bis zu 100 000 AktivistInnen und DemonstrantInnen aus In- und Ausland, die in der Woche um den G8-Gipfel erwartet werden. Es muss also noch viel an inhaltlicher und logistischer Arbeit geleistet werden. Eine Gelegenheit um diese Aufgabe gemeinsam mit internationalen Organisationen und Bewegungen anzugehen, bietet die internationale Aktionskonferenz, die vom 10. bis 12. November 2006 in Rostock stattfinden wird.
Im Umfeld des Rostockbündnisses wird ein Gipfelcamp vorbereitet, das Anlauf- und Sammelpunkt für tausende von Besucherinnen sein soll, denn Rostock selbst hat bei weitem nicht genügend Kapazitäten für den erwarteten Ansturm. Ebenfalls von diesem Bündnis aus werden gewaltfreie Blockadeaktionen geplant, die aus dem Anti-Atom-Widerstand mitgetragen werden ,sowie ein antirassistischer Aktionstag. Die NGO-Plattform bearbeitet im Vorfeld des Gipfels wichtige G8-Themen in ihrer Veranstaltungsreihe "Politik der G8: Analysen und Gegenentwürfe". Bisher sind Veranstaltungen zu den Themen G8-Energiepolitik, IWF und Verschuldung, Entwicklungsfinanzierung, Globale Soziale Rechte und Geistige Monopolrechte geplant. Die Eröffnungsveranstaltung mit dem Titel "Die G8-Energiesackgasse" findet am 17. Oktober 2006 in Berlin statt. Neben Vorträgen internationaler Energieexperten, werden die Trägerorganisationen aus dem NGO-Bündnis ihre "10 Gründe für eine neue Energiepolitik" erläutern und der Leiter des G8-Scherpastabs im Wirtschaftsministerium berichtet über die Themensetzung der Bundesregierung für den Gipfel. Seit vielen Jahren hat es in Deutschland keine so breiten Ansätze für eine gemeinsame Mobilisierung der verschiedensten Organisationen, Bewegungen und Bündnisse mehr gegeben. Das Spektrum reicht von NGOs und Kirchenzusammenhängen über attac bis hin zum Anti-Atom- Widerstand, hin zur Interventionistischen Linken und Migranteninitiativen. Das bringt widerstreitende Politikvorstellungen und Abgrenzungbedürfnisse mit sich, aber gleichzeitig ist es eine große Chance sich gemeinsam für globale Gerechtigkeit und nachhaltige Entwicklung einzusetzen. Es könnte eine Gelegenheit sein, die allzu oft anzutreffende Kluft zwischen Gruppen und Organisationen, die sich hauptsächlich mit der Situation im globalen Süden befassen, anderen die vor allem dafür streiten, dass die ökologische Katastrophe abgewendet wird, und denen die sich vornehmlich der sozialen Situation in Deutschland und Europa widmen, zu schließen.
Für eine kraftvolle Mobilisierung zum G8-Gipfel wird eine internationale Beteiligung von herausragender Bedeutung sein. Damit das möglich wird, ist es wichtig, Organisationen aus der ganzen Welt in die Planung zu integrieren - keine leichte Aufgabe, angesichts von Sprachbarrieren, Geldproblemen und auch der räumlichen Entfernungen, die zu überwinden sind. Partnerorganisationen aus dem Süden werden wahrscheinlich größtenteils über Konsultationen (z. B. beim Weltsozialforum in Nairobi) einbezogen, aber es soll auch die Möglichkeit genutzt werden, sich mit NGO- und Kirchenvertretern zu besprechen, die vor dem Gipfel Deutschland besuchen oder zum gleichzeitig stattfindenden Kirchentag anreisen. Direkte Teilnahme an den Gipfelaktivitäten wird es vor allem aus den umliegenden Ländern, wie Großbritannien, Frankreich, Italien, Dänemark, Schweden und Polen geben, wo schon jetzt die Kontakte mit dortigen Organisationen und Initiativen geknüpft werden, die von den Teilnehmern der letztjährigen Gipfelinitiative "Make Poverty History" aus Großbritannien über die Partei Rifondazione Communista aus Italien zur französischen Migrantenvereinigung "Sans Papiers".reicht.

Mona Bricke
G8 - Projektbeauftragte des Forums Umwelt und Entwicklung
Für weitere Informationen:
Webseite der G8-NGO-Plattform: www.g8-germany.info
Webseite des Rostockbündnisses: www.heiligendamm2007.de