2008-02-05
Pressemitteilung
Kavala räumt
Rechtswidrigkeit der Platzverweise gegen G8 Gegner ein
Mit einem Anerkenntnisurteil entschied jetzt das Verwaltungsgericht Schwerin
auf eine Klage eines Bonner G8 Gegners, daß der mehrtägige Platzverweis
gegen ihn während des G8 Gipfels komplett rechtswidrig war.
Der Bonner war damals in Bad Doberan in eine Polizeikontrolle geraten,
daraufhin wurde ihm ein Platzverweis zwischen Kühlungsborn über Bad
Doberan bis Nienhagen ausgestellt. Die Klage richtete sich im wesentlichen
gegen die Willkür, mit der der Platzverweis begründet wurde. Anstatt, daß
wie gesetzlich vorgeschrieben, eine konkret in der Person liegende
Gefahrenprognose zugrunde gelegt wurde, hat man einfach einen in das
Platzverweisformular hineinkopierten Textbaustein als Grundlage genommen, in
dem auf eine allgemeine Gefährdung während des G8 Gipfels Bezug genommen
wurde. Zudem war der Platzverweis nicht wie vorgeschgrieben auf maximal 1
Gemeinde begrenzt, sondern umfaßte gleich 5! Gemeinden.
In der Erwiderung auf die Klage erkannte die Polizeibehörde Kavala hier –
wie schon zuvor bei mehreren anderen Klagen gegen Platzverweise – die
Rechtswidrigkeit des Platzverweises sofort an. Damit wollte die Kavala, der
die Haltlosigkeit der Platzverweise bewußt war, einem teureren regulären
Richterurteil zuvor kommen. Zugleich beantragte die Kavala, die Kosten des
Verfahrens dem Bonner Kläger aufzuerlegen. Genau dieses Begehren der Kavala
wies das Verwaltungsgericht jedoch komplett zurück. Nach allgemein
gültiger Rechtssprechung dürfen dem Kläger dann nicht die Kosten des
Verfahrens auferlegt werden, wenn er davon ausgehen mußte, daß er nur vor
Gericht Schutz vor der Polizeimaßnahme erlangen konnte. Tatsächlich so
urteilte nun das Verwaltungsgericht Schwerin, mußte der Kläger davon
ausgehen, daß die Polizei den Platzverweis tatsächlich durchsetzen würde,
wenn der Kläger nicht vor Gericht zieht. Seine Klage war daher zur
Rechtsverteidigung notwendig, deswegen müssen die Kosten für diese
Rechtsverteidigung auch vollständig übernommen werden.
“Trotz dieses vollumfänglichen Sieges vor Gericht bleibt nach Auffassung
der Klägerseite ein schaler Beigeschmack. Die Polizeitruppe Kavala hat es
mit Hilfe von vielen hundert Platzverweisen geschafft, Datensätze von G8
GegnerInnen zu speichern. Es ist zu befürchten, dass trotz festgestellter
Rechtswidrigkeit der Maßnahme diese weiter in den polizeilichen
Gefährderdateien gespeichert bleiben und für zukünftige Gefahrenprognosen
herangezogen werden”, so der Anwalt des Bonner Klägers Sebastian Nickel.
Zudem hat die Polizei mittels der Platzverweise massiv in das
Demonstrationsrecht eingegriffen und das Recht der Versammungsfreiheit
außer Kraft gesetzt.
“Daß die Polizeiführung sofort nach Klageeinreichung ein Annerkentnis des
Klägerbegehrens ausspricht – und zwar gleich duzendfach, zeugt davon, daß
sie von der Illegalität der Polizeimaßnahme schon zum Zeitpunkt des
Einsatzes überzeugt war”, so Dieter Rahmann von der
Prozessbeobachtungsgruppe Rostock. Es ist skandalös, daß die für den
Einsatz von bewußt illegalen Maßnahmen verantwortlichen Polizeiführer
noch immer nicht von der Staatsanwaltschaft angeklagt worden sind. Inwieweit
durch dieses Urteil die anderen knapp 1000 Betroffenen von Platzverweisen
ermutigt werden, ebenfalls zu klagen und eine Riesenkostenwelle auf die
Polizei zurollt, muß abgewartet werden.