2008-02-01 

G8-Repression: Befangenheit und Willkür bei G8 Prozessen

Pressemitteilung

Heute wurde ein weiterer G8-Prozess gegen einen Betroffenen aus Thüringen
eingestellt. Dem Betroffenen wurde zur Last gelegt, ein Multitool und ein
Tuch mit sich geführt zu haben, als die Polizei ihn am Rostocker Bahnhof am
4.6 kontrollierte. Obwohl er vom Bahnhof aus zum Strand nach Gral Müritz
fahren wollte, unterstellte ihm die Polizei, er sei auf dem Weg zu einer an
diesem Tag in Rostock stattfindenden Demonstration und dabei seie das
Mitführen von Taschenmmessern und Tüchern verboten. Der Mann wurde
daraufhin 8 Stunden ins Gefängnis gesperrt und bekam jetzt einen
Bußgeldbescheid über 50 Euro, gegen den er Widerspruch einlegte.

Bild: Heiligendamm 2007

Der Betroffene hatte eine der damaligen BegleiterInnen mitgebracht, die
hätte aussagen können, daß das Reiseziel damals tatsächlich der Strand
von Gral Müritz und nicht die Demonstration gewesen seie und daß der
Betroffene das Multitool und das als Kopfbedeckung zu verwendende Tuch sehr
häufig bei sich tragen würde.
In diesem Verfahren ließ die Richterin Schörner keine Zweifel daran, daß
ihr Urteil, egal was der Betroffene zu seine Verteidung würde vorbingen
wollen, schon feststand. Untypisch dabei war aber ihre Dreistigkeit, dies
schon zu Verhandlungsbeginn offen auszusprechen.
„Auch wenn Sie und Ihre Freundin hier erzählen, daß Sie nicht zur Demo
wollten, glaube ich ihnen das sowieso nicht, für mich steht fest, daß Sie
zur Demo wollten, fertig. Das einzige was ich Ihnen anbieten kann ist eine
Einstellung, da Sie ja schon 8 Stunden abgesessen haben. Wenn Sie das nicht
akzeptieren, verurteile ich Sie,“ so die Richterin

Eine Alternative gab es für den Betroffenen nicht, da eine Berufung gegen
ein Urteil dieser Richterin erst bei einem Bußgeldbetrag über 50 Euro
möglich ist. Durch seinen aufgrund der Befangenheit der Richterin von
vornherein chancenlosen Widerspruch gegen den Bußgeldbescheid bleibt der
Betroffene sowohl auf den Anwaltskosten als auch auf den Anreisekosten von
ihm selbst und der Zeugin sitzen, die mehr als 10 mal so hoch sind wie die
ursprüngliche Höhe des Bußgeldes.

Die Prozessbeobachtungsgruppe Rostock stellt fest, daß die
Bußgeldverfahren nichts weiter sind als staatliche Abzocke von
G8-GegnerInnen. Fast niemand wird weite Reisen zum Amtsgericht nach Rostock
und hohe Rechtsanwaltskosten auf sich nehmen, um gegen ein zwar mit
juristisch lächerlichen Begründungen versehenes aber eben deutlich
niedrigeres Bußgeld zu Felde zu ziehen, so ein Vertreter der
Prozessbeobachtungsgruppe. Damit die Abschreckungsfunktion, nicht auf
gerichtlichen Schutz zu setzen, auch so bleibt, bedarf es ab und an schon
mal einer befangenen Richterin, die sich selbst bei abenteuerlicher
Beweislage nicht davon abschrecken läßt, ihrer Abneigung gegen G8 Gegnern
freien Lauf zu lassen.

Schon gestern gab es vor dem Amtsgericht Rostock einen weiteren Fall
schikanöser Behandlung von einer G8 Gegnerin aus dem Rheinland durch
Richter Schröder, der über den Vorwurf schweren Landfriedensbruches zu
befinden hatte. Lediglich der festnehmende Polizeibeamter hatte geäußert,
eine vermummte Person bei einem Steinwurf gesehen und einige Zeit später
diese Person festgenommen zu haben. Alle anderen Zeugen und auch das
Videomaterial gaben keine diese Aussagen stützenden Indizien sondern
offenbarten Widersprüche in der Aussagen des festnehmenden Polizeibeamten.
Weder wurde bestätigt, daß die Angeklagte bei der Verhaftung gebissen oder
getreten hatte. Das angebliche Treten nach Polizisten sah sogar der die
Verhaftungssituation beobachtende Zugführer eher als ein Herumzappeln,
welches aber durch einen gezielten Faustschlag des festnehmenden Beamten in
die Magengegend der Angeklagten gebrochen werden konnte.

Richter Schröder war sichtlich entnervt davon, daß kein weiteres der in
den inzwischen 3 Verhandlungstagen eingeführten Beweismittel die
Stellungnahme des festnehmenden Polizeizeugen stütze. Anstatt daß der
Richter gestern nach nur gut 1 stündiger Verhandlung ein von der
Verteidigung mitgebrachtes Video anschauen ließ, verstieg er sich in
Mutmaßungen, dieses Video seie fingiert, mit dem Urheber wollte er zwecks
Klärung aber trotzdem nicht telefonieren. Er setzte, angeblich, um
zwischenzeitlich die Urheberschaft zu klären, nun einfach einen 4.
Verhandlungstag an, auf dem lediglich dieses wenige Minuten umfassende Video
angeschaut werden soll, zu dem wieder einmal die Angeklagte und ihre
Verteidigerin aus Köln anreisen müssen, was die Prozesskosten
unnötigerweise in die Höhe treibt.

Solche schikanösen Praktiken und wie im heutigen Verfahren die der
befangenen Richterin sind keine Einzelfälle. Offensichtlich weiß sich die
Justiz angesichts öffentlichen Unverständnisses über die Lächerlichkeit
der erhobenen Vorwürfe nicht anders zu helfen, als mit dem Kopf durch die
Wand zu gehen, so ein Vertreter der Prozessvorbereitungsgruppe. Dieses
Verhalten der Rostocker Justiz gehört auch vor die Justizaufsicht und
sollte auch die Fraktionen des Landtages beschäftigen.