2007-12-19
Richter am Amtsgericht Kai Danter, Rostock
Der Beitrag befasst sich mit den polizeirechtlichen Freiheitsentziehungsverfahren im Rahmen des G8-Gipfels 2007 in Heiligendamm,
insbesondere deren gerichtlicher Bearbeitung. Aus den verschiedenen
Entscheidungen der Amtsrichter und der Kammern des LG Rostock wurde
deutlich, dass unterschiedliche Auffassungen über die gesetzlichen
Voraussetzungen und Rechtsfolgen der polizeilichen Ingewahrsamnahme
bestanden. Der Autor zeigt die besonderen Probleme auf und dokumentiert zugleich die beim G8-Gipfel gesammelten Erfahrungen.
I. Die organisatorische Vorbereitung von Polizei und Justiz
1. Ausgangslage
Der G8-Gipfel (Weltwirtschaftsgipfel) ist ein informelles Treffen
der Staats- und Regierungschefs der acht führenden Wirtschaftsnationen unter Teilnahme eines Vertreters der Europäischen Union.
In den G8-Staaten leben nur ca. 13 % der Weltbevölkerung; diese
erwirtschaften derzeit 60% des weltweiten Bruttoinlandsprodukts.1
Auf dem jährlich stattfindenden Gipfel werden insbesondere
globale Probleme diskutiert. Schon wegen dieser Thematik wird
er jeweils durch heftige Proteste von Globalisierungsgegnern
begleitet, die u.a. den Kontrollverlust kritisieren. In der informellen Runde würden wichtige Entscheidungen getroffen, ohne dass
– wie in einem Staatenbund – der Rahmen eines parlamentarischen Verfahrens bestehe mit der Folge, dass weder die politische Opposition noch die Öffentlichkeit beteiligt werde. Bereits in den
Jahren zuvor war es anlässlich der Gipfel zu Straßenschlachten
zwischen Polizei und gewalttätigen Aktivisten gekommen, besonders heftig im Jahr 2005 in Gleneagles (Schottland).
2007 fand der G8-Gipfel vom 6.6. bis 8.6.2007 in Mecklenburg-
Vorpommern, in einer Hotelanlage in Heiligendamm bei Rostock
statt; die Gipfelteilnehmer reisten teilweise schon am 5.6.2007 an.
Zu den Gegendemonstrationen wurden von den Veranstaltern
mehrere Hunderttausend Menschen aus aller Welt erwartet. Eine
Vielzahl von Demonstrationen und Veranstaltungen (u.a. ein
Alternativ-Gipfel und ein Rock-Konzert) wurden angekündigt.
2. Maßnahmen der Polizei 2
Die Landespolizei Mecklenburg-Vorpommern hatte bereits mit
dem Besuch des US-Präsidenten Bush 2006 in Stralsund Erfahrungen mit einer großräumigen Sicherheitslage sammeln können. Sie
rechnete mit einem ähnlichen Szenario wie 2005 in Gleneagles.3
Die Planungen zum diesjährigen G8-Gipfel betrafen:
– Den Einsatz von 16.000 Polizeibeamten, auch der Bundespolizei
und der Landespolizeien anderer Bundesländer.
– Anforderung der Bundeswehr zur Unterstützung bei der Aufklärung.4
– Einrichtung einer Leitstelle (»KAVALA«) bei der Direktion Rostock,
die u.a. den polizeilichen Großeinsatz koordinieren sollte und seit
dem 1.4.2007 zudem Versammlungsbehörde wurde.
– Absperrung des Gebiets um den Tagungsort mit einem etwa 12 km
langen Drahtzaun (»technische Sperre«).
– Erlass einer Allgemeinverfügung über eine räumliche und zeitliche
Beschränkung des Versammlungsrechts vom 6.6. bis zum 8.6.20075
im Großraum Bad Doberan-Heiligendamm-Rostock unter Anordnung der sofortigen Vollziehung. Diese enthielt folgende Einschränkungen des Grundrechts der Versammlungsfreiheit:
»1. Im Gebiet innerhalb der technischen Sperre um Heiligendamm zzgl. 200 m werden alle öffentlichen Versammlungen
und Aufzüge unter freiem Himmel untersagt.
2. Im Gebiet um Heiligendamm6 werden alle unangemeldeten
Versammlungen und Aufzüge unter freiem Himmel untersagt.
3. Im Gebiet um den Flughafen Rostock-Laage werden alle öffentlichen Versammlungen und Aufzüge unter freiem Himmel unter
sagt.«
– Erarbeitung einer Deeskalationsstrategie auch für ungenehmigte
Demonstrationen.
– Frühzeitige Feststellung von Gewalttätern bei Vorkontrollen insbesondere im Großraum Bad Doberan-Heiligendamm-Rostock.
– Durchführung von regelmäßigen Lagebesprechungen auch mit
Vertretern der Justiz und Übermittlung von Lageberichten.
– Zuweisung von vier Plätzen zur Einrichtung von Camps für rd.
30.000 angereiste Demonstranten.
– Einrichtung von zwei Gefangenensammelstellen (GESA) in Rostock
mit einer Kapazität von 50 (erweiterbar auf 100) und 200 (erweiterbar auf 300) Plätzen für den Kurzzeitgewahrsam; nach der richterlichen Entscheidung sollte der Langzeitgewahrsam in der JVA
Bützow bei Rostock durchgeführt werden.7
Für den Vollzug des Gewahrsams spielen die Bedingungen in den
GESA eine wichtige Rolle. Einfachrechtliche Anforderungen
schreibt bereits das Polizeirecht vor. Nach § 56 Abs. 3 Satz 2 SOG
M-V sollen Frauen und Männer getrennt untergebracht werden;
findet der Gewahrsam in Gewahrsamsräumen statt, sind sie
getrennt unterzubringen. Gemäß § 56 Abs. 6 SOG M-V ist der
Vollzug des Gewahrsams in einer JVA im Wege der Amtshilfe
zulässig; auch hierbei ist jedoch nach § 56 Abs. 3 SOG M-V zu
beachten, dass der Betroffene nicht zusammen mit Suchtkranken
verwahrt werden darf. Damit wird vor allem die Kapazitätsfrage
angesprochen.
Nach Angaben der Polizei8 erfolgten in den Sammelstellen
1.112 Freiheitsentziehungen (ohne Einschließungen vor Ort;
davon 168 gegen »Rechte«); im polizeilichen Gewahrsam seien
232 Personen bis zu 5 Stunden, 397 bis zu 9 Stunden, 289 bis zu
13 Stunden, 63 bis zu 24 Stunden, 77 bis zu 48 Stunden und 54
länger als 48 Stunden verblieben. Keiner der Festgenommenen
habe sich zwei oder mehr Nächte dort aufhalten müssen. 103 Personen seien in die JVA verschubt worden.9 War keine Verbringung
in die JVA möglich, sei der Betroffene freigelassen worden.
Nach Berichten sollen die GESA überbelegt gewesen sein. Dem
hat die KAVALA widersprochen: Zu Überbelegungen von Zellen
sei es nur gekommen, wenn auf Wunsch der Betroffenen Gruppen
zusammenbleiben wollten; andere Zellen seien dann frei geblieben.10
Verfassungsrechtlich ist gem. Art. 104 Abs. 1 Satz 2 GG zwingend, dass festgehaltene Personen weder seelisch noch körperlich
misshandelt werden dürfen. Diese Konkretisierung des unantastbaren Menschenwürdegrundrechts aus Art. 1 GG verlangt auch,
dass die Unterbringung in den GESA einem Mindeststandard
genügt. Die GESA sind sowohl von Richtern11 als auch von
amnesty international12 besucht und für einen Kurzzeitgewahrsam nicht beanstandet worden.
Soweit von Vertretern der Anwaltschaft die Gesamtverbringungszeit in der GESA gerügt wurde, wird übersehen, dass diese
zunächst als Sammelstelle für festgehaltene Personen konzipiert
war, in denen die polizeiliche Sachbearbeitung bis zur richterlichen
Vorführung erfolgen sollte. Diese hat gem. Art. 104 Abs. 2 Satz 2
GG iVm § 56 Abs. 5 SOG M-V unverzüglich zu erfolgen, so dass
schon deshalb eine längere Verweildauer nicht beabsichtigt war.
Nur wenn das Gericht die Fortdauer des Gewahrsams ausgesprochen hat, muss der Betroffene in der GESA auf seinen Transport
in die JVA für die Unterbringung im Langzeitgewahrsam warten.
Das solche Verschubungen bei Masseningewahrsamnahmen
nicht sofort nach der richterlichen Entscheidung für jeden einzeln
durchgeführt werden können, ist wohl ohne Weiteres nachvollziehbar. Zu Recht hat die Polizei insoweit den Grundsatz aufgestellt,
dass niemand zwei Nächte in der GESA verbringen muss.
Es mag (möglicherweise sogar in mehreren Fällen) zu Behand
lungen von Betroffenen im Gewahrsam gekommen sein, die
rechtswidrig gewesen sein können. So wird von Rechtsanwälten
geschildert,13 dass Betroffene sich haben nackt untersuchen lassen
müssen, Handfesseln etwa zehn Stunden nicht abgenommen
worden seien und die Dauerbeleuchtung sehr störend gewesen
sei. Anwälte hätten nur bei vorheriger Bevollmächtigung Kontakt
mit den Betroffenen in der GESA erhalten. Auch seien Betroffene
erst zwei Stunden nach Anordnung der unverzüglichen Freilassung tatsächlich entlassen worden.
Diese Vorwürfe sind in jedem Einzelfall zu überprüfen. Dadurch
wird die grundsätzliche Gewahrsamsituation in den GESA jedoch
nicht infrage gestellt. Um eine solche Überprüfung auch für die
Gerichte zu ermöglichen, ist daher eine Dokumentation erforderlich, wie sie mit dem tabellarischen GESA-Ablaufplan auch geleistet worden ist. Hierin wurde eingetragen, wann der jeweilig
Betroffene Getränke, Verpflegung und eine Decke erhielt, wann er
die Möglichkeit zur Benutzung der Toilette hatte, ob er einen
Anwalt wünschte sowie andere Besonderheiten im Einzelfall.
3. Maßnahmen der Justiz
Die Justizverwaltung hatte die sachliche Ausstattung vorzunehmen.
Die Amtsrichter sollten in den GESA über die polizeilichen Ingewahrsamnahmen entscheiden,14 um dem Verfassungsgebot einer
unverzüglichen richterlichen Vorführung aus Art. 104 Abs. 2 GG
Rechnung zu tragen. Denn aufgrund der erwarteten Masseningewahrsamnahmen konnten Transportprobleme zwischen der Polizei
dienststelle und dem Amtsgericht nicht ausgeschlossen werden.
Die Polizei stellte deshalb in beiden GESA neun bzw. vier (organisatorisch getrennte) Richterarbeitsräume mit Telefon- und Fax-
anschluss sowie jeweils ein Zimmer für die Staatsanwaltschaft zur
Verfügung.
An Justizpersonal wurden zusätzliche Richter, Geschäftsstellen
mitarbeiter und Wachtmeister gebraucht. Da die öffentlich-recht
liche Materie des polizeilichen Gewahrsams nach dem SOG M-V
mit seinen verfahrensrechtlichen Anknüpfungen an das Ges. über
das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehungen (FEVG) und
das FGG in der Praxis der ordentlichen Gerichtsbarkeit eher selten
zur Anwendung kommt, mussten die einzusetzenden Richter
fortgebildet werden; Musterprotokolle und -beschlüsse sowie
Skripten wurden erstellt.
Während die Abordnung von Mitarbeitern im Geschäftsstellen
und Wachtmeisterdienst als bloße Justizverwaltungsmaßnahme
eher unproblematisch erfolgte, bereitete die Abstellung von hin
reichendem Richterpersonal wegen des verfassungsrechtlichen
Gebots des gesetzlichen Richters aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG
einige Schwierigkeiten und einen erheblichen Aufwand.
Der Tagungsort des G8-Gipfels Heiligendamm und das von der
polizeilichen Allgemeinverfügung betroffene Gebiet liegt im Bezirk
des AG Bad Doberan, das lediglich mit fünf Richtern besetzt ist.
Nach der (wohl herrschenden) Rechtsprechung ist nicht das
Amtsgericht zum Beginn des Gewahrsams örtlich zuständig, sondern das, in dessen Bezirk sich der Betroffene zum Zeitpunkt der
gerichtlichen Befassung aufhält (sog. bewegliche Zuständigkeit),15
mithin i.d.R. das AG Rostock, soweit der Betroffene in einer der
beiden GESA festgehalten wird. Aber auch die 31 Richter des
AG Rostock hätten allein nicht ausgereicht, weil aufgrund des
Unverzüglichkeitsgebots die Einrichtung eines richterlichen
Bereitschaftsdienstes auch außerhalb der Dienstzeiten wegen der
erwarteten Masseningewahrsamnahmen verfassungsrechtlich
zwingend war.16
Im Ergebnis sollten daher Richter von den anderen Amtsgerichten des LG-Bezirks Rostock, des LG Rostock und des OLG Rostock
teilabgeordnet werden (zwischen 10 und 30 %). Zu diesen Abord
nungen erklärten sich hinreichend viele Richter bereit; Richter
aus anderen LG-Bezirken waren als Reserve vorgesehen.
Als Grundlage erließ zunächst die Justizministerin eine für den
Zeitraum vom 25.5. bis einschließlich 10.6.2007 geltende, auf
§ 4 Abs. 3 Satz 1 FEVG als Ermächtigungsgrundlage gestützte
KonzentrationsVO 17 und bestimmte u.a. in § 1:
»Abweichend von den Regelungen über die gerichtliche Zuständigkeit in den §§ 6, 9 und 10 der Konzentrationsverordnung vom
28. März 1994 (GVOBl. M-V S. 514) … sind zuständig …
– für die Entscheidungen über die Zulässigkeit und Fortdauer des
polizeilichen Gewahrsams von Personen nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 bis
5 und § 56 des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes:
1. das Amtsgericht Rostock für den Bezirk des Landgerichts Rostock und für die dem Land Mecklenburg-Vorpommern vorgelagerten gemeindefreien Küstengewässer,
2. das Amtsgericht Schwerin für die Bezirke der Amtsgerichte
Grevesmühlen, Hagenow, Ludwigslust und Schwerin.«
Als weitere Maßnahme hat das Präsidium des AG Rostock einen
SOG-Bereitschaftsplan für die Zeit vom 1.6. bis 9.6.2007 beschlossen. Weiter hat das LG Rostock mit Präsidiumsbeschluss v.
22.5.2007 den Geschäftsverteilungsplan geändert. Für den Zeitraum
vom 1.6. bis 10.6.2007 wurden zwei Zivilkammern gem. § 21 GVG
als Hilfsbeschwerdekammern für Beschwerden nach § 56 Abs. 5
SOG M-V und § 40 BundespolizeiG (BPolG) zusätzlich eingerichtet.
Auch außerhalb der Justiz musste Personal vorbereitet werden.
So wurde ein Dolmetscherpool eingerichtet, da eine Vielzahl von
Globalisierungsgegnern aus dem Ausland erwartet wurde. Zudem
erfolgte eine Abstimmung mit den Konsulaten. Kontakte mit den
Anwaltsvereinigungen wurden dagegen weniger intensiv gesucht.18
Der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV) und
Mitglieder der Strafverteidigervereinigung hatten sog. Legal Teams
eingerichtet.19
II. Der G8-Gipfel
Aus den für die gerichtlichen Freiheitsentziehungsverfahren
wesentlichen Ereignissen anlässlich des G8-Gipfels ist zunächst
die für den 2.6.2007 angemeldete Großdemonstration der Globalisierungsgegner in Rostock hervorzuheben, die das weitere
Geschehen geprägt hat.20 Trotz Vorkontrollen der Polizei konnte
sich hier der militante »schwarze Block« der linksextremen,
gewaltbereiten »Autonomen« in der Menge der weit überwiegend
friedlichen Demonstranten zusammenschließen. Pflastersteine
wurden zerbrochen und damit Schaufensterscheiben eingeworfen.
Die Situation geriet außer Kontrolle: Im Rostocker Stadthafen
wurde ein Polizeifahrzeug massiv angegriffen und in Brand gesetzt,
Polizeibeamte wurden mit Steinen beworfen. Es gab zahlreiche
Verletzte bei Polizei und Demonstranten.21 Die Bilder dieser
Straßenschlacht beherrschten fortan die Medien.
Die Eskalation hatte auch Konsequenzen für die nachfolgenden
Demonstrationen. Ein für den 7.6.2007 angemeldeter, von der
Polizei untersagter Sternmarsch der G8-Gegner auf Heiligen
damm war durch das OVG Greifswald nicht erlaubt worden; den
Demonstranten wurden lediglich zwei vom Tagungsort weit
entfernte, in Bad Doberan endende Ersatzstrecken gestattet.22
Eine Mahnwache am östlichen Eingang der technischen Sperre
für den 5.6.2007 wurde unter Auflagen erlaubt.23 Das OVG Greifswald genehmigte im Eilverfahren für den 5. u. 6.6.2007 geplante
Veranstaltungen an der militärischen Haupteinfahrt des Flug
hafens Rostock-Laage nur sehr eingeschränkt.24 Die Polizei hielt
trotz diverser spontaner und wohl auch geplanter Demonstrationen im Gebiet der Allgemeinverfügung weiter an ihrer Deeskalationsstrategie fest.
Nach der statistischen Auswertung (Stand 11.9.2007) hat die
Polizei von den insges. 656 beim AG Rostock gestellten Anträgen
586 eingereicht mit dem Ziel, die Anordnung der Fortdauer zu
erwirken.25 Für die Betroffenen haben in 70 Verfahren Rechts
anwälte beantragt, den Gewahrsam aufzuheben. In 158 Fällen
wurde die Fortdauer angeordnet, 163 Anträge wurden zurück
gewiesen, 273 zurückgenommen, 62 sind als sonstige Erledigung
registriert. Nur gegen eine der beim LG Rostock anhängig gewordenen 102 Beschwerden legte die Polizei Rechtsmittel ein. Es
wurden 15 Beschwerdeanträge zurückgewiesen; in 45 Fällen wurde die Freilassung des Betroffenen angeordnet. Die übrigen Verfahren haben sich teilweise auf Hinweis erledigt (z.B. Freilassung des
Betroffenen vor Beschlussfassung) oder wurden nach der Entlassung des Betroffenen aus dem Gewahrsam nach Ende des G8-
Gipfels auf Feststellungsanträge umgestellt.
Beim OLG Rostock wurden mit Stand 30.9.2007 insges. 29
weitere Beschwerden anhängig gemacht. 8 Anträge, in denen der
Betroffene bereits durch das Landgericht freigelassen worden war,
nahm die Polizei auf Hinweis des Senats zurück. In den bisher ent
schiedenen weiteren 13 Verfahren wurde die Gewahrsamnahme der
Betroffenen jeweils bestätigt. In einem dieser Verfahren hat der
Senat die weitere Beschwerde der Polizei trotz Freilassung des
Betroffenen für zulässig und begründet erachtet.26
Beim AG Rostock wurden insges. 56, beim LG Rostock 13 Rich
terinnen und Richter eingesetzt.
III. Die justizielle Bearbeitung der polizeirechtlichen Freiheitsentziehung
Die polizeiliche Ingewahrsamnahme ist in mehrfacher Hinsicht
verfassungsrechtlich gebunden. Mit der Formulierung in Art. 2
Abs. 2 Satz 2 GG »Die Freiheit der Person ist unverletzlich« stellt
die Verfassung die fundamentale Bedeutung des Freiheitsgrund
rechts heraus. Die formellen Gewährleistungen des Art. 104 GG
stehen mit dieser materiellen Freiheitsgarantie in unlösbarem
Zusammenhang.27 Grundsätzlich soll deshalb der Richter vor
einer Freiheitsentziehung über sie befinden. Ist das wegen Gefahr
im Verzug nicht möglich, muss der Richter jedenfalls unverzüglich nachträglich entscheiden. Im Verfahren ist die persönliche
Anhörung des Betroffenen durch den Richter unverzichtbar. Das
allgemeine Freiheitsgrundrecht wird hinsichtlich des Demonstrationsrechts durch das Grundrecht der Versammlungsfreiheit in
Art. 8 GG ausgeformt.
1. Polizeiliche Ingewahrsamnahme
Die Zivilgerichte entscheiden über die eigentlich öffentlich-recht
lichen Polizeimaßnahmen nur im Zusammenhang mit Freiheitsentziehungen (§ 56 Abs. 5 Satz 4 SOG M-V; §§ 3 u. 4 FEVG).
Dennoch ist hierbei auch die öffentlich-rechtliche Vorfrage mit
zu prüfen, ob die Polizeimaßnahme gerechtfertigt ist. Effektiver
Grundrechtsschutz bei einer Freiheitsentziehung erfordert es
gerade im Bereich der Polizeimaßnahmen, dass durch die Justiz
nachträglich nicht nur kontrolliert wird, ob die Fortdauer des
Gewahrsams rechtmäßig ist, sondern auch deren vorherige Anordnung durch die Polizei. Für Letztere ist grundsätzlich auf die ex-ante-
Sicht der Polizei zum Zeitpunkt ihres Eingriffs abzustellen.
Nach der polizeilichen Allgemeinverfügung waren im Groß
raum um den Tagungsort Heiligendamm, dem Gebiet zwischen
Kühlungsborn, Bad Doberan und Rostock, Versammlungen weit
gehend untersagt. Dennoch darf die Polizei nicht jeden, den sie
in diesem Großraum antrifft und aufgrund seines äußeren Erscheinungsbilds als potentiellen Teilnehmer einer ungenehmigten
Demonstration einschätzt, allein deshalb in Gewahrsam nehmen.
Die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür bestimmt im Zuständigkeitsbereich der Landespolizei Mecklenburg-Vorpommern
§ 55 SOG M-V, wobei vor allem Abs. 1 Nr. 2 u. 3 dieser Vorschrift
in Betracht zu ziehen ist.
Die Vielzahl der verschiedenen Fallvarianten bei einer solchen
Massenveranstaltung lassen es kaum zu, generelle Leitlinien zu
bestimmen, da es dem Polizeirecht gerade immanent ist, auf
konkrete Gefahren im Einzelfall zu reagieren. Die Polizei wird zur Gefahrenabwehr tätig. Das setzt eine Gefahr, zumindest eine
Anscheinsgefahr, voraus. Diese muss für die polizeiliche Standard
maßnahme der Gewahrsamnahme sogar gegenwärtig sein bzw.
unmittelbar bevorstehen. Allerdings darf einer solchen Gefahr
nur mit der Gewahrsamnahme als Freiheitsentziehung begegnet
werden, wenn diese Maßnahme unerlässlich ist. Dieses Merkmal
verknüpft die Voraussetzungen mit dem Verhältnismäßigkeitsgebot;
andere mildere Maßnahmen dürfen deshalb zur Zweckerreichung
nicht gleich geeignet sein. Als solche kommen insbesondere die
Anordnung eines Platzverweises oder ein Aufenthaltsverbot
gegenüber Personen (§ 52 SOG M-V) sowie wegen der Gefahr
einer Verwendung von Gegenständen die Sicherstellung von
Sachen (§ 61 SOG M-V) in Betracht.
a) § 55 Abs. 1 Nr. 3 SOG M-V
Diese Vorschrift enthält nur die Voraussetzungen der (mindestens) gegenwärtigen Gefahr und der Unerlässlichkeit, so dass
kaum konkrete gesetzliche Vorgaben bestehen. Das führt insbesondere für die hier zu überprüfende Situation von massenhaften
Aktionen in einem Großraum über mehrere Tage zu besonderen
Schwierigkeiten. Die gegenwärtige Gefahr ist in § 3 Abs. 3 Nr. 2
SOG M-V als eine Sachlage, bei der das die öffentliche Sicherheit
oder Ordnung schädigende Ereignis bereits eingetreten ist
(Störung) oder unmittelbar oder in allernächster Zeit mit an
Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bevorsteht, legal definiert.28 Es muss eine akute Bedrohung der öffentlichen Sicherheit
vorliegen, d.h. es ist ein Schaden für Rechtsgüter in unmittelbarer
Zukunft, in allernächster Zeit zu erwarten, wenn nicht in die Entwicklung eingegriffen wird.29 Darüber muss Gewissheit bestehen;
der bloße »Eindruck« reicht nicht aus.30
Die Voraussetzung einer gegenwärtigen Gefahr oder Störung
kann in diesem Zusammenhang schon dann erfüllt sein, wenn
die öffentliche Sicherheit, zu der alle Rechtsnormen gehören, mit
der Begehung einer Ordnungswidrigkeit verletzt ist oder eine
solche Verletzung unmittelbar droht. Ein Verstoß liegt daher
bereits vor, wenn der Betroffene entgegen § 29 Abs. 1 Nr. 1a iVm
§ 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersG auf dem Weg zu einer Versammlung
Gegenstände mit sich führt, die geeignet und den Umständen
nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern. Die Voraussetzungen der Ingewahrsamnahme sind deshalb
im Einzelfall genau festzustellen.
So befindet sich ein Campbewohner, der in einer größeren Personengruppe nachts gegen 2.00 Uhr im Bereich einer in Campnähe
befindlichen Tankstelle von der Polizei kontrolliert wird, ohne dass
ein Bezug zu einer Demonstration, Zusammenrottung oder sonstigen
Aktion festgestellt werden kann, nicht auf dem Weg zu einer Demonstration.31 Daran ändert sich auch nichts, wenn er ein Funkgerät bei
sich führt, das zwar geeignet ist, einerseits Verabredungen unter Versammlungsteilnehmern zur Vorbereitung einer Demonstration oder
zu deren Ablauf zu vereinbaren, andererseits aber auch im Camp
zur Kommunikation untereinander benutzt wird. Hinweise auf eine
etwa geplante Aktion müssen vielmehr besonders festgestellt und
dokumentiert werden. Auch müssen aufgefundene Gegenstände dem
Betroffenen selbst zugeordnet werden können. So reicht es nicht aus,
wenn Gegenstände, die keine bestimmte Person mit sich führt, in
einem Shuttle-Bus sichergestellt werden und es sich bei den Insassen
nicht um eine geschlossene homogene Gruppe handelt, sondern jeder
aus dem Camp in den Pendelbus steigen konnte.32
Weiter ist offensichtlich, dass nicht jeder mitgeführte, objektiv zur
Vermummung geeignete Gegenstand, wie eine dunkle Sonnenbrille
oder einer Kappe, auf dem Weg zu einer Demonstration allein die
Ingewahrsamnahme begründen kann. Hingegen legt eine mitgeführte Sturmhaube, Skibrille, Schwimmbrille oder Atem- oder Gas
maske33 den Schluss nahe, dass dieser Gegenstand vom Betroffenen
subjektiv zum Zweck der Vermummung oder sogar im Rahmen von
gewalttätigen Auseinandersetzungen verwendet werden soll. Gleiches
gilt für sog. Schutz- und Angriffswaffen. Auch eine frühere polizeiliche
Registrierung des Betroffenen kann als subjektives Auslegungsmerk
mal hinzutreten, wenn sie einen Bezug zu Demonstrationen hat, wie
die Eintragungen als »bewaffnet« oder »Gewalttäter«34 oder von ein
schlägigen Straftaten.
Fehlen jedoch weitere Indizien, rechtfertigen auch mehrere, üblicherweise im Sommer getragene Kleidungsstücke des Betroffenen,
bspw. Basecap, Sonnenbrille und Halstuch, allein seine Ingewahrsam
nahme nicht. Selbst eine Sicherstellung dieser Gegenstände gem. § 61
SOG M-V dürfte ohne weitere Indizien unverhältnismäßig sein.
Die Beispiele zeigen, dass eine generelle Abgrenzung kaum
möglich ist. Vielmehr muss die Polizei bei ihrer Prognose eine
Gefahrengesamtschau vornehmen, in der die Gegenstände, die
isoliert betrachtet durchaus harmlos sein können, in ihrem
Zusammenhang und mit weiteren Beweisanzeichen zu bewerten
sind. Hierbei darf die Polizei auf die besondere Konstellation des
G8-Gipfels abstellen. Diese Tagungen werden seit Jahren von
autonomen Globalisierungsgegnern mit Gewalt bekämpft. In den
vergangenen Jahren ist es dabei zu Straßenschlachten gekommen,
an denen sich die uniform schwarz gekleideten Autonomen (sog.
schwarzer Block) besonders aggressiv und mit erheblichen Straf
taten beteiligten.
Auch in Rostock ist es am 2.6.2007 leider zu einem solchen
Gewaltszenario gekommen. Die Polizei durfte deshalb in ihrer
Gefahrenprognose insbesondere auch die Kleidung der Betroffenen berücksichtigen und zur Bewertung der mitgeführten Gegen
stände einbeziehen.
Wer durch sein äußeres Auftreten (schwarz gekleidet, Sonnenbrille,
Basecap, hochgebundene Hose, Stiefel, schwarzes Halstuch um die
Hüften)35 einen militanten Eindruck macht, weil er sich wie die
Anhänger des »schwarzen Blocks« kleidet, muss damit rechnen, dass
eine bei ihm aufgefundene Faschingsbrille mit Nase anders bewertet
wird, als bei der sog. clowns army, deren Mitglieder zwar auch durch
Clownskostüm und Schminke »vermummt« waren, von denen jedoch
keine Gewalt ausging.
Bereits mit § 55 Abs. 1 Nr. 3 SOG M-V ist somit ein wirksames,
allerdings auf drei Tage begrenztes (§ 56 Abs. 5 Satz 3 SOG M-V)
Instrument vorhanden, auf das Ingewahrsamnahmen insbesondere ab dem 6.6.2007 für den (wesentlichen) Zeitraum des Gipfels gestützt werden konnten. Sofern dieser Zeitraum für die
Gipfelwoche als nicht ausreichend erachtet worden ist, musste die
Freiheitsentziehung mit § 55 Abs. 1 Nr. 2 SOG M-V begründet
werden können, der ein Festhalten bis zu zehn Tagen erlaubt,
(deshalb) jedoch eine erhöhte Eingriffsschwelle voraussetzt.
b) § 55 Abs. 1 Nr. 2 SOG M-V
Nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 SOG M-V muss eine Straftat, die es zu
verhindern gilt, unmittelbar bevorstehen oder ihre Fortsetzung
drohen. Der Gefahrenmaßstab der Unmittelbarkeit unterscheidet
sich nicht von dem einer gegenwärtigen Gefahr.36 Im Unterschied
zu Nr. 3 der Norm reicht jedoch nicht eine Gefahr aus, sondern
es wird an eine Straftat angeknüpft.
Für den vorliegenden Zusammenhang kommen neben Straftat
beständen wie Landfriedensbruch (§ 125 StGB), Nötigung (§ 240
StGB), Sachbeschädigung (§ 303 StGB) und Körperverletzung
(§§ 223 ff. StGB) 37 sowie Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte
(§ 113 StGB) auch solche des VersG in Betracht. Nach § 27 Abs. 1
Satz 2 VersG ist es bereits strafbar, auf dem Weg zu einer Demonstration Waffen oder sonstige Gegenstände, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen oder der Beschädigung von Sachen
geeignet (objektiv) und bestimmt (subjektiv) sind, mit sich zu
führen. Die Polizei darf dabei zur Verhinderung aller Straftaten
einschreiten. Sie ist nicht etwa auf gewalttätige oder »unfriedliche« Straftaten beschränkt.
Ob die Ingewahrsamnahme bei (Bagatell-)Straftaten im konkreten Fall auch rechtmäßig ist, ist vielmehr eine Frage der Verhältnismäßigkeit (im eigentlichen Sinne) des Grundrechtseingriffs,
die bei der Prüfung, ob die Maßnahme unerlässlich ist, Bedeutung
erlangt. Zu beachten ist zudem, dass im Lichte der grundrechtlich
geschützten Versammlungs- und Meinungsfreiheit die bloße
Zugehörigkeit zu einer unfriedlichen Menge, ein inaktives Dabei
sein oder ein bloßes Mitmarschieren nicht den Straftatbestand des
Landfriedensbruchs nach § 125 StGB erfüllt.38 Gleichermaßen ist
eine Sitzblockade nicht ohne Weiteres strafrechtlich als Nötigung
iSv § 240 StGB zu bewerten.39
Aufgrund der komplexen Rechtslage und wegen der aus der
Unmittelbarkeit folgenden großen Eilbedürftigkeit für den polizeilichen Eingriff gibt das SOG M-V folgende Beweisanzeichen
vor, um eine größere Rechtssicherheit zu erlangen und damit
auch dem Schutz des Betroffenen zu dienen:
Ankündigung, Aufruf (lit. a)
Hierbei ist das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung zu beachten und die Ernsthaftigkeit der Aussage zu prüfen.40
So ist die Ankündigung eines Betroffenen »In Heiligendamm
werdet ihr brennen«41 ernsthaft, wenn er sie einen Monat vor dem
G8-Gipfel bei seiner Festnahme macht, nachdem er versucht hatte,
nachts die Absperrung des Hotels zu überwinden, in dem ein Treffen
der EU-Arbeitsminister stattfand. Wird der Betroffene dann am Tag
vor dem Beginn des G8-Gipfels im Bereich des Flughafens Rostock-
Laage, auf dem an diesem Abend die Gipfelteilnehmer eintrafen, bei
einer Aktion angetroffen, ist seine auf diese Ankündigung gestützte
Ingewahrsamnahme gerechtfertigt, selbst wenn bei ihm keine Materialien zur Herstellung eines Brandsatzes gefunden werden.
Die Polizei braucht aufgrund der Gefährlichkeit der Ankündigung nicht abzuwarten, bis der Betroffene unmittelbar dazu
ansetzt, einen Brandsatz zu werfen. Es reicht vielmehr aus, wenn
sie prognostiziert, der Betroffene, der sich nunmehr in der Nähe
des Ortes befindet, für den er eine Straftat angekündigt hatte,
werde eine solche oder eine andere Straftat in unmittelbar nächster Zeit begehen.
Waffen, gefährliche Gegenstände (lit. b)
Auch für dieses Beweisanzeichen gilt, dass der Betroffene die
Gegenstände i.d.R. selbst bei sich führen muss.42
Eine Holzstange mit behelfsmäßig daran befestigten Stofffetzen
kann nicht nur als eine harmlose, bei Demonstrationen gebräuchliche, selbstgebastelte Fahnenstange bewertet werden, sondern unter
Berücksichtigung ihre besonderen Dicke (ca. 3 cm) und der sonstigen Merkmale auch als gefährlicher Holzknüppel eingeschätzt werden,
mit dem der Betroffene sich an gewalttätigen Ausschreitungen beteiligen und dabei Straftaten (gefährliche Körperverletzung gem. § 224
Abs. 1 Nr. 2 StGB) gegen andere verüben will, insbesondere wenn auch
andere Indizien darauf hinweisen.43
Nicht nur das Mitsichführen von Angriffswaffen ist bereits eine
Straftat nach dem VersG, sondern gem. § 27 Abs. 1 Satz 2 VersG auch
das von sog. Schutzwaffen (passive Bewaffnung) iSv § 17 a Abs. 1
VersG, bspw. von mit Sand oder Bleigranulat gefüllten oder sonst
durch Protektoren verstärkten Leder(motorrad)handschuhen.44 Im
Einzelfall können solche Handschuhe sogar als Angriffswaffen gewertet werden. Auch sonstige gebräuchliche Gegenstände, wie Öl, Ben
zin, Speiseöl, können gemeinsam mit anderen Gerätschaften, die auf
den Bau von Brandsätzen schließen lassen, derart gefahrgeeignet sein,
dass sie als gefährlicher Gegenstand das Beweiszeichen erfüllen. Das
gilt insbesondere, wenn sie in ungewöhnlich großer Menge transportiert werden.45
Polizeilich registrierter Störer (lit. c)
Der polizeilichen Registrierung als Störer kommt besondere
Bedeutung zu, wenn entweder kurz zuvor bereits im Zusammen
hang mit dem G8-Gipfel selbst eine Registrierung erfolgte oder
sonstige einschlägige Straf(!)taten eingetragen sind. Ein Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruch, das nach weiteren
Ermittlungen bereits nach § 170 StPO eingestellt worden ist, kann
jedoch nicht herangezogen werden.
Problematisch ist hier die Einordnung der sog. INPOL-Abfrage
als Informationsquelle, wenn diese erst in der GESA und damit
nach der Gewahrsamnahme vor Ort durchgeführt wird. Denn
grundsätzlich kommt es auf den Zeitpunkt der polizeilichen
Anordnung an. Deshalb darf die Polizei keine Person anlasslos in
die GESA verbringen. Zu einem Abtransport ist sie nur berechtigt,
wenn entweder die Identität geklärt werden muss, die Voraussetzungen der anderen Beweiszeichen des § 55 Abs. 1 Nr. 2 SOG M-V
oder die Gefahrenlage der Nr. 3 dieser Vorschrift vorliegen. In
diesen Fällen darf im weiteren Verfahren die Gewahrsamnahme
dann (ergänzend) auf die Erkenntnisse der INPOL-Abfrage gestützt
werden.
c) Unerlässlichkeit
Die Ingewahrsamnahme darf nur erfolgen, wenn sie unerlässlich,
also verhältnismäßig ist. Diese Voraussetzung ist streng zu beachten. Eine Gewahrsamnahme ist deshalb ausgeschlossen, wenn ihr
Zweck, die gegenwärtige Gefahr abzuwenden oder die unmittelbar bevorstehende Straftat zu verhindern, gleich wirksam auch
mit anderen Mitteln erfüllt werden kann.
In der besonderen Situation des mehrtägigen G8-Gipfels mit
einer Vielzahl von Massendemonstrationen im Großraum Bad
Doberan-Heiligendamm-Rostock dürfte jedoch ein Platzverweis
oder Aufenthaltsverbot wenig geeignet sein, um Betroffene an der
erneuten Tatausführung zu hindern, schon weil diese Maßnahmen räumlich begrenzt sind und deshalb nicht für den gesamten
Großraum ausgesprochen werden können. Sie können somit die
Teilnahme an anderen Aktionen im Großraum nicht wirksam
verhindern.
Hinzu kommt, dass eine Vielzahl von Globalisierungsgegnern
bundesweit und sogar aus anderen Staaten für mehrere Tage
angereist ist, um gegen den G8-Gipfel zu protestieren. Für sie wurden mehrere Camps eingerichtet. Es ist wenig wahrscheinlich,
dass ein Betroffener, der einen solchen Aufwand betreibt, sich
durch einen Platzverweis hinreichend beeindrucken lassen würde.
Im Einzelfall mag jedoch bereits die polizeiliche Identitätsfeststellung ausreichen, wenn der Betroffene glaubhaft versichert,
künftig nur noch friedlich zu demonstrieren oder sogar vorzeitig
abzureisen. Ebenso mag im Einzelfall eine Sicherstellung der
Gegenstände gem. § 61 SOG M-V genügen.
2. Die gerichtlichen Entscheidungen
a) Besonderheiten des gerichtlichen Verfahrens
Das streitige Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit setzt
grundsätzlich einen zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärten
(§ 11 FGG) oder schriftlich gestellten Antrag voraus.46 Aufgrund
der besonderen Eilbedürftigkeit reicht jedoch ein mündlicher
Antrag oder eine Dokumentation in den Akten aus. Im Lichte des
Freiheitsgrundrechts verzichtet das BVerfG sogar völlig auf das
Antragserfordernis und verpflichtet das Gericht aus der Amtsprüfungspflicht nach § 12 FGG von sich aus bei Kenntniserlangung
zum Grundrechtsschutz des Betroffenen tätig zu werden. Nach
§§ 4, 7, 56 Abs. 5 Satz 1 SOG M-V iVm § 3 FEVG ist die
Landespolizei die zuständige Antragsbehörde, wenn sich nicht
eine Zuständigkeit der Bundespolizei aus den Vorschriften des
BPolG ergibt. § 42 Abs. 1 Satz 3 BPolG erlaubt die Ingewahrsamnahme auf der Grundlage von §§ 39, 40 BPolG (nur) für vier Tage.
Der Anwendungsbereich des BPolG ist jedoch zweifach
beschränkt: erstens auf die Tätigkeit der Bundespolizei insbesondere auf Bahnhöfen, Seehäfen und Flughäfen und zweitens auf
den Einsatz nur zu den in §§ 2 ff. BPolG bestimmten Zwecken;
nicht dagegen zur Gefahrenabwehr in Bezug auf Demonstrationen, die nicht in diesem gegenständlich begrenzten Raum
stattfinden. Führen Beamte der Bundespolizei im Hinblick auf
Versammlungen Vorkontrollen auf Bahnhöfen durch, werden sie
im Wege der Amtshilfe für die Landespolizei und damit auf der
Grundlage des landesrechtlichen Polizeigesetzes tätig. Ingewahrsamnahmen sind deshalb auch insoweit auf § 55 SOG M-V zu
stützen.
Zwingend und unverzichtbar ist die persönliche Anhörung des
Betroffenen. Das Gericht kann die sofortige Vollziehung anordnen. Das ist i.d.R. erforderlich, weil die Beschwerde wie der öffentlich-rechtliche Widerspruch aufschiebende Wirkung entfaltet
(§ 8 FEVG). Es ist eine Kostenentscheidung zu treffen. Dem Betroffenen ist eine Rechtsmittelbelehrung über die Möglichkeit der
Einlegung der sofortigen Beschwerde beim Landgericht binnen
einer Frist von zwei Wochen (§ 22 Abs. 1 FGG iVm § 3 Satz 2
FEVG) zu erteilen.
Ist der Betroffene bereits entlassen worden, steht ihm ein
Feststellungsinteresse dahingehend zu, überprüfen zu lassen, ob
seine Ingewahrsamnahme rechtswidrig war. Ob sich die Polizei
ebenfalls auf ein solches Recht berufen kann, ist umstritten, weil
sie Teil der staatlichen Verwaltung und nicht Grundrechtsträger
ist.47 Das OLG Rostock hat der Polizei ein eigenes Feststellungsinteresse wegen ihres Rehabilitierungsinteresses und der Bindungswirkung für einen etwaig nachfolgenden Schadensersatzprozess
zugebilligt.48
Eine isolierte Kostenbeschwerde des Betroffenen gegen eine
Entscheidung des Landgerichts, die zwar seine Freilassung anordnet, ihm jedoch die Verfahrenskosten auferlegt, ist unzulässig.
b) Die amtsgerichtliche Entscheidung
Der Amtsrichter hat bei seiner Entscheidung gem. § 56 Abs. 5
SOG M-V nicht nur die Rechtmäßigkeit der polizeilichen Maßnahmen zum Zeitpunkt der Ingewahrsamnahme zu überprüfen,
sondern zusätzlich über die Fortdauer des Gewahrsams zu entscheiden. Denn die Rechtmäßigkeit der vorangegangenen Ingewahrsamnahme durch die Polizeibeamten allein indiziert nicht
bereits die Rechtmäßigkeit der richterlich angeordneten Fortdauer
der Ingewahrsamnahme. Vielmehr hat das Amtsgericht zu prüfen,
ob im Falle der Freilassung weiterhin die Gefahr besteht, dass der
Betroffene seine Straftat fortsetzen bzw. eine weitere Straftat
begehen wird oder die öffentliche Sicherheit gefährdet.
Feststellungen zum Fortbestehen der Störung oder einer Gefahr
für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zum Zeitpunkt der
richterlichen Entscheidung sind in dem nach den Umständen des
Einzelfalls möglichen Umfang erforderlich. Der Amtsrichter muss
also Feststellungen darüber treffen, ob von dem Betroffenen
weiterhin eine Gefahr ausgeht. Eine solche Gefahr muss nicht
(noch) gegenwärtig sein. Vielmehr kommt es darauf an, ob bei
dem Betroffenen eine Tatbereitschaft fortbesteht, sich in ähnlichen
Situationen an auch zurzeit noch unbekannten Aktionen zu
beteiligen oder Straftaten zu begehen.
Das Amtsgericht kann bei seiner Überprüfung auf schriftliche
Zeugenaussagen, Aktenvermerke und den sonstigen Akteninhalt
zurückgreifen und muss sich anhand der ggf. widerstreitenden
Erklärungen der Polizei und des Betroffenen in der mündlichen
Anhörung eine persönliche Überzeugung schaffen. Dies ist zuallererst ein Erkenntnisproblem. Pläne, Absichten, Geistes- oder
Seelenzustände sind innere Tatsachen und der Beurteilung durch
Dritte im Allgemeinen nur schwer zugänglich.49
Die Fortdauer ist deshalb nicht am Merkmal der Unerlässlichkeit
zu prüfen, die bereits als Tatbestandsmerkmal zur Kennzeichnung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bei der Ingewahrsamnahme vorliegen muss. Vielmehr ist eine Prognose anzustellen.
Dabei reicht es grundsätzlich nicht aus, dass einer der Regelfälle
des § 55 Abs. 1 Nr. 2 lit. a-c SOG M-V erfüllt ist. Diese Beweis
anzeichen beziehen sich bereits auf die Erfüllung der tatbestand
lichen Voraussetzungen der Ingewahrsamnahme selbst.
Daraus lässt sich nicht ohne Weiteres ableiten, dass zu befürchten ist, der Betroffene werde im Falle seiner Freilassung die Straftat
nunmehr begehen oder fortsetzen. Vielmehr kann auf diese Regel
fälle nur insoweit zurückgegriffen werden, als der Richter im Rahmen seiner Entscheidung über die Erforderlichkeit der Fortdauer
darin Anhaltspunkte für die Prognose finden kann. Diese Anhaltspunkte muss er aber mit den besonderen Umständen im konkreten
Einzelfall verknüpfen und daraus eine Gefahrenschau entwickeln.
Nur ausnahmsweise kann deshalb im Einzelfall das bloße Vorliegen des Regelfalls ausreichen, wenn sich bereits daraus die
hinreichend sichere Gefahrenprognose ergibt.50
c) Die Beschwerdeinstanzen
Wird sofortige Beschwerde eingelegt, überprüft das Landgericht
die amtsgerichtliche Entscheidung als zweite Tatsacheninstanz.
Die Kammer hat deshalb den Sachverhalt vollständig und ins
besondere die Frage der Unerlässlichkeit des Gewahrsams selbst
zu würdigen. Aufgrund des weiteren Gewahrsamsvollzugs im
Anschluss an den amtsrichterlichen Beschluss muss die Kammer
zusätzlich prüfen, ob auch zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung die
weitere Fortdauer noch erforderlich ist.
Auf die weitere sofortige Beschwerde überprüft das OLG den
Kammerbeschluss nur noch auf Rechtsfehler. Es ist an den vom
Landgericht festgestellten Sachverhalt und an die Beweiswürdigung der Kammer gebunden, wenn diese keine Rechtsfehler auf
weist, insbesondere nicht widersprüchlich ist, nicht gegen Denk
gesetze verstößt oder nicht willkürlich erscheint.
3. Das Unverzüglichkeitsgebot
Polizei und Richter sind an das Verfassungsgebot der Unverzüglichkeit gebunden, das von Amts wegen zu beachten ist.
a) Nach Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG hat über die Zulässigkeit und
Fortdauer einer Freiheitsentziehung nur der Richter zu entscheiden.
Die Verfassung bestimmt damit den Grundsatz der vorherigen
richterlichen Entscheidung, weil die Freiheitsentziehung der
intensivste Eingriff in das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG
ist. Nur ausnahmsweise darf die richterliche Entscheidung – dann
aber unverzüglich – gem. Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG nachgeholt wer
den. Aus Abs. 2 Satz 3 dieser Norm geht hervor, dass die Polizei
einen Betroffenen ohne richterliche Entscheidung spätestens am
Ende des auf die Ergreifung folgenden Tages aus dem eigenen
Gewahrsam zu entlassen hat.
Diese Systematik des Grundgesetzes ist für die Begriffsdefinition
entscheidend. »Unverzüglich« iSv Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG ist
dahin auszulegen, dass die richterliche Entscheidung ohne jede
Verzögerung, die sich nicht aus sachlichen Gründen rechtfertigen
lässt, herbeigeführt werden muss. Die Verzögerung muss bei
Anlegung eines objektiven Maßstabs sachlich zwingend geboten
sein. Sachliche Gründe können insoweit etwa sein die Länge des
Weges vom Ort der Ingewahrsamnahme bis zur Protokollierungsstelle, das Verhalten der Betroffenen selbst oder aber Verzögerungen, die sich infolge von Massenfestnahmen aus organisatorischen Gründen ergeben.51
Dieser Maßstab gilt auch für § 56 Abs. 5 SOG M-V, der Art. 104
Abs. 2 GG einfachrechtlich umsetzt. Die Aufzählung zeigt, dass es
für die Beantwortung, ob eine richterliche Entscheidung noch
unverzüglich ist, auf den jeweiligen Einzelfall ankommt. Gene
relle Zeiträume lassen sich nur schwer bestimmen. Zu berücksichtigen ist zudem, dass bei einer kurzzeitigen Einschränkung der
körperlichen Bewegungsfreiheit bis zu zwei Stunden,52 so beim
polizeilichen Festhalten eines Betroffenen zur Identitätsfeststellung oder der Mitnahme zur Dienststelle, keine Freiheitsent
ziehung, sondern nur eine bloße Freiheitsbeschränkung vorliegt,
die deshalb überhaupt keiner richterlichen Entscheidung iSv
Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG bedarf.
Werden jedoch aufgrund des Polizeikonzepts die Betroffenen
nicht zur nächstgelegenen Dienststelle, sondern zentral wie hier
zu einer der beiden GESA nach Rostock verbracht, ist jedenfalls
bei Festnahmen im Großraum um Rostock von vornherein absehbar, dass diese Maßnahmen schon aufgrund des Transports nicht
nur kurzfristig sein werden. Die polizeiliche Ingewahrsamnahme
erfolgt deshalb in diesen Fällen bereits mit dem Ausspruch vor
Ort, spätestens mit der Verbringung des Betroffenen in das zum
Abtransport vorgesehene Polizeifahrzeug.
b) In einigen Fällen ist es bei den Transporten zur GESA zu
Verzögerungen von mehreren Stunden gekommen. Nach der
Rechtsprechung sollte jedoch für das Einschalten des Richters
tagsüber bereits eine Zeit von zwei bis drei Stunden ausreichend
sein.53 Mehrfach trafen die Betroffenen aber erst nach drei
Stunden in der GESA ein. Dennoch sind diese zeitlichen Verzögerungen zumeist sachlich begründet gewesen, insbesondere wenn
eine größere Personengruppe kontrolliert und dann mehrere
Personen (teilweise 50 bis 60) gleichzeitig transportiert werden
mussten.
Es liegt auf der Hand, dass bei solchen Massenveranstaltungen
nicht jeder Betroffene einzeln mit einem Polizei-Pkw zur GESA
gefahren werden kann, so dass zwangsläufig Wartezeiten bis zur
Abfahrt entstehen. Zudem bedarf der gemeinsame Abtransport
aller Betroffenen der Organisation. Darauf kann sich die Polizei
nur teilweise vorbereiten, insbesondere bei nicht angemeldeten
Demonstrationen. Trotz hoher Polizeipräsenz vor und während
des G8-Gipfels konnten die Sicherheitskräfte im Großraum Rostock-Heiligendamm-Kühlungsborn nicht eine solche Vielzahl
von Transportfahrzeugen vorsorglich vorhalten, dass für jeden
etwaig erforderlichen Transport von Personen sofort und in örtlicher Nähe ein entsprechendes Fahrzeug zur Verfügung stand.
Zudem erschwerte die Vielzahl von spontanen, unangemeldeten
Demonstrationen, bei denen auch Straßen blockiert wurden, die
polizeilichen Transporte.
Bestehen jedoch im genannten Großraum Straßensperren und
wird durch Demonstrationen und Straftaten die Befahrbarkeit
der Straßen massenhaft eingeschränkt, so muss ein in Gewahrsam
Genommener grundsätzlich gewisse Verzögerungen hinnehmen.
Das gilt umso mehr, als die Polizei mit Rücksicht auf wichtige
Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit der Demonstranten und
Polizeibeamten eine offiziell bekannt gegebene Deeskalationsstrategie bei den Demonstrationen verfolgte. Der Polizei kann
deshalb grundsätzlich eine fehlende Unverzüglichkeit der richterlichen Vorführung eines Betroffenen wegen Transportverzögerungen nicht vorgeworfen werden. Um solche zu vermeiden,
hätte sie nämlich jeweils die sofortige Räumung von Straßensperren bewerkstelligen müssen.54
c) Nadelöhr bei der Unverzüglichkeitsprüfung ist die polizeiliche Sachbearbeitung in der GESA. Hier ist zu prüfen, wie lange
es dauerte, bis der Richter durch die Beantragung der Vorführung
eingeschaltet wurde. Zunächst ist festzuhalten, dass sich Polizei
und Justiz auf Masseningewahrsamnahmen intensiv vorbereitet
haben. Durch die Tätigkeit der Amtsrichter in den Räumlich
keiten der GESA wurden zudem Transportwege zwischen der
Sammelstelle und dem Amtsgericht vermieden.
Fraglich ist jedoch, welche Zeitdauer der Polizei für ihre Sachbearbeitung zugebilligt werden darf. Dabei kommt es nur auf die
Gesamtdauer an. Zwischenzeiten, in denen keine Bearbeitung
stattfand, spielen grundsätzlich keine Rolle. Es würde die Doku
mentationspflicht der Polizei überspannen, über den detaillierten
GESA-Ablaufplan hinaus noch die Gründe hierfür darzulegen,
insbesondere bei Masseningewahrsamnahmen die Reihenfolge
der Abarbeitung zu dokumentieren.55 Die GESA waren auf 100
bzw. 300 Gefangene ausgelegt. Daraus folgt, dass sich die Anzahl
der sachbearbeitenden Polizeibeamten an dieser Zahl orientieren
muss. Es ist in den Akten jedoch nicht dokumentiert, wie viele
Polizeibeamte jeweils gleichzeitig Dienst hatten und für die Sachbearbeitung zuständig waren.56 Schon die Einrichtung eines
Schichtbetriebs zeigt aber, dass die Sachbearbeitung rund um die
Uhr erfolgte.
Das BVerfG hat bei der Zeitangabe von zwei bis drei Stunden
jedoch auf den tagsüber eintretenden Normalfall orientiert. Bei
Masseningewahrsamnahmen, bei denen insbesondere abends
Gruppen von 50 bis 60 Betroffenen in kurzen Zeitabständen in
der GESA eintreffen, kommt es dagegen schon bei der Datenaufnahme zu unvermeidlichen Verzögerungen. Meines Erachtens
sind deshalb polizeiliche Sachbearbeitungszeiten von drei Stunden ohne weitere, über den GESA-Ablaufplan hinausgehende
Dokumentationspflichten noch gerechtfertigt. Längere Zeiten
bedürfen einer besonderen – bspw. im GESA-Ablaufplan zu
dokumentierenden – Begründung. Solche Gründe können sein,
dass zunächst eine ärztliche Behandlung erfolgen musste,57 ein Rechtsanwaltsgespräch ermöglicht wurde,58 umfangreich sicher
gestellte brennbare Gegenstände asserviert werden mussten59
oder ein Dolmetscher gebraucht wurde.60 Eine entsprechend
lange Zeit wie der Polizei ist auch dem Amtsrichter ab dem Ein
gang des Antrags auf Vorführung für die Organisation der
Anhörung und seiner Aktenvorbereitung zuzubilligen.61
d) Wird eine Verletzung des Unverzüglichkeitsgebots festgestellt, ist fraglich, welche Rechtsfolgen daran anknüpfen, wenn
die Ingewahrsamnahme anfänglich rechtmäßig war und durch
die nicht mehr unverzügliche richterliche Vorführung rechts
widrig (sogar verfassungswidrig) geworden ist. Vor allem ist zwei
felhaft, ob der Betroffene dann zwingend sofort freizulassen ist
oder ob die Verfassungswidrigkeit nur auf den Zeitraum zwischen
der Verletzung des Gebots bis zur tatsächlichen richterlichen
Entscheidung begrenzt ist. Im letzteren Fall könnte der Betroffene
seine Entlassung nicht erreichen. Seine Ansprüche wären auf
Schadensersatz bzw. Entschädigung reduziert.
Diese Frage ist umstritten. Zunächst kann nicht damit argumentiert werden, dass eine einzelne Maßnahme sich während des
Vollzugs als rechtswidrig erweisen kann, ohne dass dieser Mangel
auf die Freiheitsentziehung als solche durchschlägt. Denn diese
Ansicht bezieht sich auf die Art und Weise des Vollzugs. Die
Anordnung der Ingewahrsamnahme und deren Vollzug sind
indes grundsätzlich voneinander zu unterscheiden.62
Außerhalb jeder Diskussion ist weiter die verfassungsrechtliche
Vorgabe des Art. 104 Abs. 2 Satz 3 GG, wonach der Betroffene
ohne richterliche Vorführung nach Ablauf der Höchstfrist am
Ende des auf die Festnahme folgenden Tages aus dem polizeilichen Gewahrsam zu entlassen ist.
Nach Auffassung des OLG Celle soll die nicht unverzügliche
und deshalb verspätete Antragstellung die Freiheitsentziehung nur
zeitweilig bis zur richterlichen Entscheidung rechtswidrig werden las
sen.63 Für diese Auffassung spricht der Wortlaut des Art. 104 Abs. 2
Satz 3 GG, der ausdrücklich nur bei der Überschreitung der Höchst
frist die Entlassung anordnet. Das unterstellt jedoch, dass zwischen
dieser Frist und dem Unverzüglichkeitsgebot ein qualitativer Unter
schied besteht.64
Nach anderer, wohl überwiegender Ansicht soll der weitere Gewahr
sam bereits mit dem Verstoß ab diesem Zeitpunkt unzulässig und die
festgehaltene Person freizulassen sein.65 Anders sei die effektive Befolgung des Richtervorbehalts nicht zu gewährleisten. Es komme nur
eine erneute Ingewahrsamnahme in Betracht, wenn die gesetzlichen
Voraussetzungen dafür erneut vorliegen sollten.66 Nur so könne dem Grundsatz der vorherigen und nur ausnahmsweise nachträglichen
richterlichen Entscheidung Rechnung getragen werden. Der Richter
vorbehalt sei keine bloße Ordnungsvorschrift.67 Für diese Auffassung
scheint zu sprechen, dass aufgrund des Eingriffs in das Freiheitsgrundrecht des Betroffenen der Verfahrensgestaltung eine herausragende
Bedeutung zukommt (Grundrechtsschutz durch Verfahren).68
Das BVerfG hat diesen Aspekt bereits in einer Entscheidung aus
dem Jahr 1960 aufgegriffen und darauf verwiesen, dass »die
formellen Gewährleistungen der Freiheit in Art. 104 GG mit der
materiellen Freiheitsgarantie des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in unlöslichen Zusammenhang (stehen)« und der Richtervorbehalt »die
einzige Sicherung für die Freiheit der Person (ist), die auch den
Gesetzgeber bindet«.69 Diese Wertvorstellung liegt auch der Formulierung des BVerfG von der «Tragweite des Freiheitsgrundrechtsund seiner formellen Gewährleistung in Gestalt des Richtervorbehalts nach Art. 104 Abs. 2 GG« zugrunde.70
Die verfassungsrechtliche Anerkennung des Richtervorbehaltsals Sicherung gegen unberechtigte Freiheitsentziehungen steht
somit fest. Wird der Betroffene überhaupt nicht dem Richter
vorgeführt, ist er freizulassen. Indessen ist damit noch nicht
entschieden, ob dem Richtervorbehalt auch genügt wird, wenn
der Richter aufgrund der nicht unverzüglichen Vorführung (nur)
verspätet entscheidet. Das OLG Rostock hat hierzu bislang ledig
lich Zweifel geäußert.71
Für die Beschwerdeinstanzen gilt das Unverzüglichkeitsgebot
nicht. Diese müssen jedoch die Beschwerden vordringlich bearbeiten, solange sich der Betroffene noch im Gewahrsam befindet.
Da auch das Landgericht einen Bereitschaftsdienst mit zwei
zusätzlichen Beschwerdekammern eingerichtet und regelmäßig
noch am Tag des Eingangs der Beschwerde entschieden hat,
bestehen weder hinsichtlich der Planung noch im Verfahrens
ablauf selbst Bedenken.
IV. Zusammenfassung
Ingewahrsamnahmen anlässlich von Großdemonstrationen werden auch in Zukunft unvermeidlich sein. Gewalttätige Krawalle
des »schwarzen Blocks« wird die Polizei nicht gänzlich verhindern
können. Aus den Erfahrungen des Polizei- und Justizeinsatzes
können anlässlich des G8-Gipfels 2007 jedoch einige Erkenntnisse gewonnen werden.
Die Justiz muss umfassend über den Polizeieinsatz im Vorfeld
und während des Einsatzes informiert sein, um vor allem
Verzögerungen bei der Ingewahrsamnahme prüfen zu können.
Deshalb sind neben aktuellen Lageberichten gemeinsame Abstimmungen bei der Vorplanung, insbesondere für den Umgang mit
den Betroffenen, zur Organisation der GESA und des Aktenumlaufs wichtig. Die GESA sind grundsätzlich für die polizeiliche
Sachbearbeitung bis zur richterlichen Vorführung geeignet. Wich
tig ist, dass es hierbei auch im Einzelfall nicht zu einem Verstoß
gegen die Menschenwürde kommt.72
Zur Dokumentation des Aufenthalts der Betroffenen eignen
sich die Ablaufpläne. In jedem Fall sollte der Zeitpunkt der
Antragstellung beim Gericht in den Akten dokumentiert werden.
Auch ist es sinnvoll, über den Einzelfall hinausgehende Besonderheiten, wie die Ingewahrsamnahme einer oder mehrerer
großer Personengruppen oder die konkrete Situation des Polizei
einsatzes, möglichst in den Akten zu dokumentieren, soweit solche Fakten nicht bereits offenkundig oder gerichtsbekannt sind.
Aus diesen Gründen dürfte sich auch anbieten, in den Akten einen
allgemeinen Vermerk anzubringen, wie viele Polizeibeamte und
Richter jeweils zeitgleich in der GESA für die Sachbearbeitung
zuständig gewesen sind. Ein solcher Vermerk, verbunden mit der Angabe der Verhinderung der im Geschäftsverteilungsplan vor
rangigen Kolleginnen und Kollegen wäre auch für die Frage nach
dem gesetzlichen Richter hilfreich.
Die Regelung des amtsgerichtlichen Bereitschaftsplans, nach
der »der jeweils älteste Antrag (maßgeblich ist die GESA-Registratur) an den nächsten freien Richter (geht)«, ist wegen der
Eilbedürftigkeit an sich bedenkenfrei,73 für den Betroffenen praktisch jedoch nicht einfach zu überprüfen.
Ein Planungsfehler ist hinsichtlich der Kapazität der GESA
nicht ersichtlich. Die Orientierung an den Zahlen von Gleneagles im Jahr 2005 ist nicht zu beanstanden. Einschließlich der
Erweiterungsmöglichkeiten wurden so viele Plätze vorgehalten,
wie 2005 insgesamt an Gewahrsamnahmen erfolgten. Deshalb ist
auch die aufgrund der veränderten Polizeistrategie erfolgte Reduzierung von drei auf zwei GESA unproblematisch. Die hohe Zahl
von über 1.000 Freiheitsentziehungen scheint eher dafür zu sprechen, dass die Polizei in zu vielen Fällen Betroffene in die GESA
verbrachte. Denn nur in etwas mehr als der Hälfte der Fälle wurde
überhaupt noch ein Antrag beim Gericht gestellt.74 Dazu dürfte
auch die räumliche Nähe der Verfahrensbearbeitung durch die
Amtsrichter in den GESA beigetragen haben. Sie hat nicht nur
erhebliche organisatorische Vorteile geboten, sondern vor allem
dem Schutz der Betroffenen gedient.
Für die Zukunft wäre überlegenswert, auch die Beschwerde
kammern des Landgerichts in den GESA arbeiten zu lassen. Dadurch
könnten nicht nur Reibungsverluste im Aktenumlauf, sondern
möglicherweise auch Schwierigkeiten mit der Vorführung von
Betroffenen, die nach der erstinstanzlichen richterlichen Fort
daueranordnung für den Langzeitgewahrsam bereits in die JVA
verschubt worden sind, vermieden werden. Denkbar wäre es
deshalb, die GESA örtlich in der Nähe der dafür zuständigen JVA
zu platzieren.
Auszuwerten wäre noch die Konzentration beider GESA in
Rostock.75 Damit stand von vornherein fest, dass für die im Umkreis
von Heiligendamm (Landkreis Bad Doberan) und am Flughafen
Rostock-Laage (Landkreis Güstrow) in Gewahrsam zu nehmen
den Personen immer ein längerer Transport erforderlich sein
würde. Allerdings mag für Rostock sprechen, dass die Mehrzahl
der Aktionen für die Hansestadt angekündigt war, u.a. auch die
Großdemonstration am 2.6.2007.
Letztlich muss die Polizei zukünftig noch stärker auch mit den
Veranstaltern von geplanten friedlichen Demonstrationen kooperieren und die verfassungsrechtlich abgesicherten Rechte der
Bürger in ihre Strategie mit einplanen, wie das BVerfG gerügt
hat.76 Allerdings sollten sich auch die Veranstalter noch stärker
und bereits im Vorfeld von Gewalttätern deutlich abgrenzen.
Das dürfte in ihrem eigenen Interesse liegen, da ansonsten ihre
politische Botschaft in den Medien kaum Gehör findet, weil diese
von Berichten über Gewaltausschreitungen dominiert werden.
1 Pressemitt. des Statistischen Bundesamts v. 1.6.2007.
2 Eine Darstellung erfolgt nur insoweit, wie sie für die spätere justizielle
Bearbeitung von Bedeutung ist. Sonstige polizeiliche oder behördliche
Maßnahmen sowie Strafverfahren bleiben ausgeklammert; vgl. dazu Presse
mitt. des Innenministeriums M-V v. 28.6.2007.
3 Damals nahmen etwa 200.000 Gegendemonstranten teil, davon 4.000 gewalt bereite; es kam nach offiziellen Angaben zu ca. 400 Gewahrsamnahmen, nach
anderen Zahlen sollen sogar 900 Freiheitsentziehungen erfolgt sein.
tags M-V entbrannt, insbesondere zu den Tornado-Aufklärungstiefflügen
über die Camps der Gipfelgegner.
streifen von Kühlungsborn bis Börgerende (ca. 9 km) umfasst und ins
Landesinnere bis Bad Doberan (ca. 6 km von Heiligendamm) reicht.
dienen.
8 Vgl. Pressemitt. des Innenministeriums M-V v. 28.6.2007. 9 Damit wurden die freigeräumten Plätze in der JVA Bützow ausgeschöpft;vgl. Pressemitt. des Justizministeriums M-V v. 11.6. u. 14.6.2007.
10 Bericht der KAVALA v. 26.6.2007.
11 Das BVerfG (NVwZ 2006, 579, 583) verlangt eine Auseinandersetzung der
Fachgerichte bis hin zur Standortwahl der GESA und deren Kapazitätsgestaltung.
12 Vgl. Pressemitt. von amnesty international Deutschland v. 13.6.2007.
13 Erlebnisbericht einer Rechtsanwältin, Berl. AnwBl. 2007, 245; vgl. auch die
Stellungnahme des Innenministers M-V in der Pressemitt. v. 28.6.2007;
Einzelberichte Betroffener auch in Ciesielski (Hrsg.), Das war der Gipfel, 2007.
14 Strafsachen sollten dagegen im Gebäude des AG verhandelt werden.
15 Vgl. nur OLG Hamm NVwZ 2006, 2707.
16 BVerfG, NVwZ 2006, 579, 580.
17 VO über die zeitweilige Zuständigkeit für bestimmte Entscheidungen in
Straf- und Freiheitsentziehungssachen v. 8.5.2007 (GVOBl. M-V S. 205).
18 Nach der Pressemitt. des Innenministeriums M-V v. 28.6.2007 soll es aller
dings im Vorfeld zahlreiche Kooperationsbemühungen der Polizei mit dem
RAV gegeben haben, um Abspachen zu treffen.
19 Hier hätte m.E. seitens der Justiz die Chance bestanden, die in der gerichtlichen Mediation gewonnenen Erfahrungen einzusetzen, um Spannungen
zwischen Polizei und Rechtsanwälten im Vorfeld zu begegnen, auch wenn
solche aufgrund der unterschiedlichen Sichtweisen sicherlich nicht völlig
vermeidbar sind.
20 Eine parallele Versammlung der NPD in Schwerin wurde untersagt. Siehe
dazu OVG Greifswald, Beschl. v. 1.6.2007 – 3 M 60/07.
21 Eine Lageeinschätzung der Polizei findet sich auch in BVerfG, Beschl. v.
6.6.2007, NJ 2007, 409 (bearb. v. Behmenburg).
22 OVG Greifswald, Beschl. v. 31.5.2007 – 3 M 53/07. Diese Einschränkung
billigte das BVerfG (siehe Fn 20) im Ergebnis nur angesichts der Sicher
heitsrisiken nach den Ausschreitungen v. 2.6.2007.
23 OVG Greifswald, Beschl. v. 1.6.2007 – 3 M 58/07. Die Entscheidung wurde
vom BVerfG bestätigt (Beschl. v. 5.6.2007 – 1 BvR 1429/07).
24 OVG Greifswald, Beschl. v. 4.6.2007 – 3 M 59/07. Das BVerfG hat den
dagegen gerichteten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
abgelehnt. Eine solche Blockade würde insbesondere einen Rettungsweg
versperren, der aber bei einem Flughafen offen gehalten werden müsse
(Beschl. v. 5.6.2007 – 1 BvR 1428/07).
25 Weitere Verfahren wurden auch durch andere Amtsgerichte entschieden,
so durch das AG Anklam (LG-Bezirk Stralsund) bei Ingewahrsamnahmen
an der polnischen Grenze; vgl. hierzu OLG Rostock, Beschl. v. 10.9.2007 –
3 W 133/07.
26 OLG Rostock, Beschl. v. 16.7.2007, NJ 2007, 468 (Leits.).
27 BVerfG, NVwZ 2006, 579, 580.
28 Vgl. auch BVerfGE 115, 320, 363, zu § 31 PolG NW 1990.
29 LVerfG M-V, LKV 2000, 345, 349 = NJ 2000, 480 (bearb. v. Kutscha), Großer
Lauschangriff.
30 Lisken/Denninger, Hdb. des Polizeirechts, 4. Aufl., F Rn 570; vgl. auch Marschner/Volckart, Freiheitsentziehung und Unterbringung, 4. Aufl., E Rn 50.
31 OLG Rostock, 3 W 85/07. Auf Hinweis des Senats hat die KAVALA die
sofortige weitere Beschwerde zurückgenommen.
32 OLG Rostock, 3 W 90/07. Auf Hinweis des Senats hat die KAVALA die
sofortige weitere Beschwerde zurückgenommen.
33 OLG Rostock, Beschl. v. 10.9.2007 – 3 W 133/07.
34 OLG Rostock, Beschl. v. 26.9.2007 – 3 W 106/07.
35 OLG Rostock, Beschl. v. 28.8.2007 – 3 W 109/07.
36 Heyen, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, in: Manssen/Schütz
(Hrsg.), Staats- und Verwaltungsrecht für Mecklenburg-Vorpommern,
1999, S. 255.
37 Vgl. zu Stein- bzw. Flaschenwürfen OLG Rostock, Beschl. v. 16.7.2007, NJ
2007, 468 (Leits.).
38 OLG Rostock, Beschl. v. 21.8.2007, NJ 2007, 560 (Leits.), in diesem Heft.
39 OLG Rostock, Beschl. v. 30.8.2007 – 3 W 107/07, mit Hinw. auf BVerfGE
73, 206; 92, 1; 104, 92 mit abw. Meinung; Lisken/Denninger (Fn 30),
J Rn 117.
40 OLG Rostock, Beschl. v. 7.6.2007 – 3 W 83/07, Transparente mit »Freedom
for prisoners« und »Free all now«.
41 OLG Rostock, Beschl. v. 30.8.2007 – 3 W 107/07.
42 Nach der 2. Alt. genügt, dass eine Begleitperson des Störers solche Gegenstände mit sich führt und der Betroffene den Umständen nach hiervon
Kenntnis haben musste. Es reicht somit aus, dass die Gegenstände einer
homogenen Gruppe, der der Betroffen angehört, zugeordnet werden
können.
43 OLG Rostock, Beschl. v. 26.9.2007 – 3 W 106/07.
44 OLG Rostock, Beschl. v. 28.8.2007 – 3 W 109/07.
45 OLG Rostock, Beschl. v. 10.7.2007 – 3 W 92/07.
46 BVerfG, NVwZ 2006, 579, 581.
47 Gegen eine Zulässigkeit deshalb OLG München, FGPrax 2006, 89;
OLG Hamburg, NVwZ-RR 1996, 204; LG Frankenthal, Beschl. v. 30.4.2007
– 1 T 110/07, zit. nach juris, Rn 9.
48 OLG Rostock, Beschl. v. 16.7.2007, NJ 2007, 468 (Leits.); OLG Köln,
FGPrax 2007, 193; OLG Celle, FGPrax 2005, 48; KG, Beschl. v. 31.12.2003
– 3 W 62/03, zit. nach juris, Rn 28.
49 Vgl. Lisken/Denninger (Fn 30), F Rn 631.
50 OLG Rostock, Beschl. v. 10.7.2007 – 3 W 92/07.
51 BVerfGE 105, 239, 249; BVerfG, NVwZ 2006, 579, 580; VG Gera, Beschl. v.
3.7.2004 – 1 K 1071/00; vgl. Jarras/Pieroth, GG, 6. Aufl., Art. 104 Rn 21.
52 Lisken/Denninger (Fn 30), F Rn 553.
53 Vgl. Jarass/Pieroth (Fn 51), Rn 21; Marschner/Volckart (Fn 30), E Rn 56.
54 OLG Rostock, Beschl. v. 21.8.2007, NJ 2007, 560 (Leits.), in diesem Heft.
55 OLG Rostock, Beschl. v. 28.8.2007 – 3 W 109/07; vgl. auch OLG Celle,
Informationsbrief Ausländerrecht (InfAuslR) 2005, 58.
56 Gleiches gilt für die Anzahl der dort tätigen Richter.
57 OLG Rostock, Beschl. v. 16.7.2007, NJ 2007, 468 (Leits.).
58 OLG Rostock, Beschl. v. 26.9.2007 – 3 W 106/07.
59 OLG Rostock, Beschl. v. 10.7.2007 – 3 W 92/07.
60 OLG Rostock, Beschl. v. 24.9.2007 – 3 W 111/07.
61 Zu beachten ist allerdings auch, dass sich die Gewahrsamzeit in den verschiedenen Stationen (Transport, GESA, Amtsgericht) aufsummiert.
62 BVerfG, NVwZ 2006, 579, 582.
63 OLG Celle, InfAuslR 2005, 111, zur Abschiebehaft (allerdings hatte die
Beteiligte gem. § 16 FEVG dem Betroffenen die Auslagen zu erstatten); zu
§ 115 StPO: Löwe-Rosenberg, StPO, 25. Aufl., § 115 Rn 9 mwN in Fn 15.
64 Gegen eine solche Relativierung in anderem Zusammenhang VG Stuttgart,
Urt. v. 25.7.2007 – 2 K 2807/07, juris.
65 So Hornmann, Hessisches Gesetz über die öffentliche Ordnung und Sicherheit, 1997, § 33 Rn 4; OLG Schleswig, NVwZ 2003, 1412; Pieroth/Schlink/
Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht, 4. Aufl. 2007, S. 343, Rn 10; Dürig, in:
Maunz/Dürig, GG, Art. 104 Rn 4; Degenhart, in: Sachs, GG, Art. 104 Rn 37;
Dvorak, StrafV 1983, 514, 516; Donat, Skript, RAV-Seminar »Polizeirecht«,
S. 18; wohl auch Jarras/Pieroth (Fn 51), Art. 104 Rn 24, und Lisken/Dennin
ger (Fn 30), F Rn 596.
66 Vgl. das Beispiel bei Pieroth/Schlink/Kniesel (Fn 65). Eine bloße Tatbereitschaft, wie für die Anordnung der Fortdauer, reicht dann nicht mehr aus, vielmehr muss erneut eine gegenwärtige Gefahr vorliegen. Deshalb dürfte
die Auffassung zu § 115 StPO nicht ohne Weiteres übertragbar sein. Denn
die Voraussetzungen für den Erlass eines Haftbefehls dürften auch bei einer
nicht unverzüglichen Vorführung weiter vorliegen.
67 So Sommermeyer, NJ 1992, 336, 337.
68 Vgl. zur Anhörung in Unterbringungssachen OLG Rostock, Beschl. v.
4.9.2007 – 3 W 130/07.
69 BVerfGE 10, 302, 322 f.
70 BVerfG, NVwZ 2006, 579, 581.
71 Vgl. OLG Rostock, Beschl. v. 21.8.2007, NJ 2007, 560 (Leits.), in diesem Heft.
72 Vgl. Pressemitt. von amnesty international Deutschland v. 13.6.2007.
73 Die Amtshandlungen der Amtsrichter sind gem. § 22 d GVG wirksam.
Allerdings bleibt die Anfechtbarkeit wegen nicht ordnungsgemäßer Besetzung davon unberührt.
74 Nach der Pressemitt. des Innenministeriums M-V v. 28.6.2007 sind nur
307 Anträge durch die Polizei zurückgezogen worden.
75 Ursprünglich war auch eine GESA im Landkreis Bad Doberan geplant.
76 BVerfG, Beschl. v. 6.6.2007, NJ 2007, 409 (bearb. v. Behmenburg).