2007-12-12
Wie im unlängst von nolager Bremen verschickten Papier „Mehrsäulencamp zum Zweiten…“ kurz erwähnt, soll im folgenden ein weiterer (Kompromiss?)Vorschlag in die Debatte gebracht werden. Wir gehören zwar „unterschriebenermaßen“ zu den Gruppen, die sich prinzipiell für ein Mehrsäulencamp aussprechen und dies in der Tat als das angemessenste Folgeprojekt der Anti-G8-Mobilisierung ansehen. Wir fänden es aber auch schade, wenn sich jetzt nur noch die Alternativen „entweder ganz zusammen oder ganz getrennt“ gegenüberstehen und damit eine womöglich unproduktive Polarisierung die Diskussion dominieren würde. Deshalb formulieren wir hiermit eine dritte Möglichkeit und hoffen, dass zunächst alle schon Beteiligten bereit sind, zumindest bis zu den Perspektiventagen (vom 17. bis 20. Januar) diesbezügliche Entscheidungen offen zu halten. Denn wir gehen davon aus, dass es im Rahmen dieser Konferenz in Berlin in einer sehr viel breiteren und vor allem (aus den unterschiedlichen Vorbereitungskreisen) gemischteren Zusammensetzung um diese doch relativ zentralen Fragen für den nächsten Sommer gehen wird und dass dies die jeweiligen Vorbereitungskreisen in ihre Entscheidungsprozesse miteinbeziehen sollten.
Sicherlich, weder bei der Kasseler Klimacamp- noch bei der Hamburger Antira-Camp-Vorbereitung dürften die Entscheidungen schon endgültig gefallen sein, die Tendenzen
sind aber in beiden Prozessen ähnlich: Die zentrale Überschrift “Klima” über dem einen, der Schwerpunkt „Antirassismus/Migration“ beim anderen Projekt. Ein gemeinsames Camp wird offensichtlich (zumindest mit jeweils starken Stimmen) eher als Verwässerung oder „Gemischtwarenladen“ angesehen statt als Bereicherung und stärkende Klammer.
Interessieren würde uns hier schon, ob es denn bezüglich der Anti-G8-Mobilisierung eine ganz andere Einschätzung und Bilanz gibt als sie von vielen Gruppen und auch von uns formuliert wurde. Dass also wirklich bestritten wird, dass es dort gerade die themen- und spektrenübergreifende Zusammenarbeit und die gemeinsam entwickelte Choreographie war, die den (relativen) Erfolg oder die starken Momente möglich gemacht haben.
Wir bedauern jedenfalls alle Trennungs- oder auch Hierarchisierungstendenzen umso mehr, als wir zu denen gehören, die sich schon in der Anti-G8-Mobilisierung, aber auch danach und mit weiteren in Planung befindlichen Aktivitäten für eine übergreifende Initiative für „Globale soziale Rechte“ stark machen. Wer den im Oktober veröffentlichten Plattformtext unter gleichem Titel gelesen hat (siehe http://www.medico-international.de/aktiv/netzwerk.asp), der/m dürfte aufgefallen sein, dass hier nicht zufällig sowohl das Recht auf Migration wie auch ökologische Gerechtigkeit thematisiert sind, dass es um Spannungsfelder und Konvergenzen geht, die verstärkt in die gemeinsame Diskussion und Praxis müssen, wenn es uns mit der Weiterentwicklung der Bewegung der Bewegungen ernst gemeint ist.
Doch wir wollen zunächst nochmal durchspielen, was es u.E. ganz praktisch bedeuten würde, wenn im nächsten Sommer zwei (oder noch mehr) inhaltlich und zeitlich getrennte Campprojekte stattfinden würden. Denn dass sich schon diese beiden Campprojekte in ihrer Mobilisierung tendenziell an ähnliche AktivistInnenkreise richten, ist doch offensichtlich. Und dass es nicht das Potential gibt, zwei wirklich größere Mobilisierungen zeitversetzt hintereinander im gleichen Sommer zu machen, dürfte hoffentlich unumstritten sein. Insofern wäre die Auftrennung in unseren Augen in jedem Fall eine faktische Schwächung. Denn angesichts immer größerer Polizeiaufmärsche ist doch klar, dass entschiedenere Aktionsformen nur mit einer (relativen) Massenmobilisierung von zumindest mehreren tausend Beteiligten zur Geltung kommen können, dass also eine Handlungsfähigkeit an dieser kritischen Masse hängt, die u.E. nur mit einer übergreifenden Mobilisierung erreicht werden kann.
Wenn also bei den geplanten Campprojekten ernsthaft die (Fünf-Finger)Blockade eines Grossflughafens oder eines Energiekonzerns/Kraftwerksbaustelle in Angriff genommen werden soll, braucht es auch ein entsprechendes Mobilisierungspotential. Und das läßt sich u.E. nur mit einer (auch) gemeinsamen Mobilsiierung herstellen.
Insofern wollen wir eine Camping-08-Idee vorschlagen, die einerseits auf die offensichtlich sehr unterschiedlichen Interessenslagen oder Prioritäten eingeht, aber dennoch gleichzeitig inhaltlich wie praktisch ein Zusammenwirken ermöglicht. Vorschlag wäre die Organisierung von zwei (oder mehr) zeitgleichen Camps (am besten wie schon thematisiert parallel zum G8-Gipfel in Japan im Juli), und jedenfalls in derselben Region, also momentan am ehesten rund um Hamburg! Mindestens eines eben mit dem Focus auf Klima, ein anderes zu Antirassismus/Migration. Die Camps würden autonom und in eigenen Vorbereitungstreffen (weiter)geplant, mit jeweils eigenem Veranstaltungsprogramm und auch eigenem Aktionskalender. Damit hätten sie ein themenspezifisches Profil und könnten auch ihre spezifischen Vernetzungsprozesse weiterentwickeln.
Doch zumindest ein übergreifender Klammeraufruf zu beiden (oder mehr) Camps sollte gemeinsam erstellt werden, der dann gegebenenfalls zu einer gemeinsamen Auftakt- sowie einer Abschlussveranstaltung einlädt, der aber jedenfalls gemeinsam zu zwei zeitlich abgestimmten Grossaktionen mobilisiert. Konkreter: angenommen, dass die Camps jeweils über 10 Tage laufen (4. bis 13. Juli, wenn der Japan-G8-Gipfel Bezugspunkt wäre) gebe es in diesem Zeitraum eine Grossaktion am Flughafen, eine andere beim Energiekonzern oder Kraftwerk. Und beide (oder mehr) Camps mobilisieren eben auch an diesen beiden Tagen ausschließlich zu diesen beiden gemeinsamen Grossaktionen. Ergänzt werden könnte dies unter Umständen durch jeweils gemeinsame Pressekonferenzen, und zwar in Anlehnung an die guten Erfahrungen von Heiligendamm, wo es ja ebenfalls jeden Morgen eine spektren- und bewegungsübergreifende Pressekonferenz gegeben hat
Mit diesem Vorschlag des „kombinierten Dopplecampings“ wollen wir wie gesagt eine weitere Möglichkeit in die Debatte bringen und hoffen, dass diese bei den Diskussionen der jeweiligen Netzwerke wie auch dann im Rahmen der Perspektiventage als Option miteinbezogen werden.
kein mensch ist illegal und glocal group Hanau