2007-11-16
Zum Vorgehen der Bundesanwaltschaft gegen Redakteure des "telegraph" und die zunehmende Beschneidung der Pressefreiheit erklären Ulla Jelpke, MdB DIE LINKE., und Tobias Pflüger, MdEP DIE LINKE im Europaparlament:
Wie jetzt öffentlich wurde, nutzte die Bundesanwaltschaft bei den Ermittlungen gegen angebliche Mitglieder der "militanten gruppe (mg)" auch Informationen aus Akten der DDR-Staatssicherheit. Dies ist ein Skandal oberste Güte und zeigt dass die von kritischen Gruppen genutzte Begrifflichkeit "Stasi 2.0." für die Überwachungsmaßnahmen - wie die Vorratsdatenspeicherung - aus dem Hause Schäuble direkt zutrifft.
Vor 19 Jahren hat das DDR-Ministerium für Staatssicherheit (MfS) politische Aktivisten observiert, die in Berlin (Ost) ihren Anteil an den Protesten gegen den IWF-Gipfel organisierten, der in Berlin (West) stattfand. Einige der schon damals Verdächtigen bekommen es jetzt wieder mit staatlichen Repressionsorganen zu tun. Wie damals wird ihnen der Vorwurf gemacht, subversiv tätig zu sein. Sie werden wieder bespitzelt. Neu sind nun die Vorwürfe einer "terroristischen Vereinigungen" anzugehören und die Einleitung handfester strafrechtliche Schritte gegen diese Oppositionellen durch bundesdeutsche Organe.
Wie wacklig die Anklage der Bundesanwaltschaft ist, zeigt schon, dass nur gegen einen von ihnen, Andrej Holm, ein Haftbefehl ausgestellt wurde, den der Bundesgerichtshof schon vor Wochen wieder aufgehoben hat. Um zu "beweisen", dass Holm es immer schon mit Terroristen gehalten haben soll, wurde auf die Stasi-Akten zurückgegriffen. Dass das MfS die Zusammenarbeit der Umweltblätter - des damaligen Vorgängers der Zeitschrift "telegraph" - mit Greenpeace als Beleg für staatsfeindliche Aktivitäten genommen hat, war abwegig. Noch abwegiger ist es, wenn die Bundesanwaltschaft heute nun einen solchen Beleg in der Tatsache erkennen will, dass Holm schwierige Wörter schreiben kann. Auslöser für die heutigen Ermittlungen ist ausgerechnet ein Artikel in der "telegraph" aus dem Jahre 1998.
Die Bundesanwaltschaft stellt sich mit ihrem Handeln in die Tradition der Staatssicherheit � der gleichen Einrichtung, die sie ansonsten gern als Instrument eines "Unrechtsstaates" beschimpft.
Der Vorwurf gegen die drei inhaftierten Antimilitaristen, der "mg" anzugehören, ist offensichtlich konstruiert. Wir fordern Freilassung der Inhaftierten und die Einstellung der 129a-Verfahren!
Wir werden uns an einer Kampagne für die Streichung des politischen Repressionsparagraphen 129 a beteiligen. Mit der exzessiven Auslegung durch die Bundesregerierung des Rahmenbeschlusses des EU-Rates zur Terrorismusbekämpfung bei der Umsetzung in deutsche Gesetzgebung muss endlich Schluss sein!
Weitere Informationen:
http://www.telegraph.ostbuero.de/115/editorial115.html
Tübingen/Berlin, 16.11.2007