2007-11-04
Das Bundesinnenministerium hat in Form einer dreisprachigen Broschüre die Bilanz seiner Mitwirkung während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft und die Ergebnisse der EU-Innen- und Sicherheitspolitik zusammengefasst.
Damit nicht jeder die 47 deutschsprachigen Seiten lesen muss, hier die markantesten “Erfolge” in der Bilanz des beendeten Arbeitsprogramms “Sicherheit geht vor Freiheit” der deutschen EU-Ratspräsidentschaft zum Aufbau der europäischen Seite der “Sicherheitsarchitektur” :
Sicherheit (Überwachung und Kontrolle)
Europaweiter Datenbank- und Informationsverbund, über den die Sicherheitsbehörden jedes EU-Mitgliedsstaats automatisiert auf DNA- und Fingerabdruck-Dateien sowie die Fahrzeugregisterdaten aller anderen EU-Mitgliedsstaaten zugreifen kann. Beschleunigte Übermittlung von Informationen zu Personen, die in nationalen Datenbanken als “Terrorverdächtige” und “Gewalttäter” gespeichert sind.
Über “gemeinsame Ermittlungsgruppen” und “Analysegruppen”, die sich aus Beamten nationaler Sicherheitsbehörden und Europol zusammensetzen, fließen Daten aus Europol-Analysedateien in Datenbanken nationaler Sicherheitsbehörden und umgekehrt. In den “Gruppen” arbeiten Vertreter von Geheimdiensten und Polizeibehörden aus Nicht-EU Staaten mit, namentlich der USA. Dazu ermächtigte nationale Sicherheitsbehörden und Institutionen der Strafverfolgung können direkt auf das Europol-Datenbank- und Informationssystem zugreifen und Daten absaugen. Europols Arbeitsbereiche umfassen durch Erweiterung des “Mandatsbereich” sowohl Terrorismus als auch alle Formen der Schwerkriminalität. Die europäische Form der Aufhebung des Trennungsgebots.
Durch Arbeitsteilungs- und Abstimmungsmechanismen zwischen nationalen Internet-Überwachungszentren (GTAZ und IMAS in Deutschland), gegenseitigen Informations- und Datenaustausch über die sogenannte “check the web” Plattform von Europol und informelle “Expertentreffen”, auf denen die WWW-Plattformen analysiert/bewertet und neue Überwachungstechniken diskutiert werden.
Sie wird hinter verschlossenen Türen weitere Weichen für den “Raum der Überwachung und Kontrolle” stellen:
“Das zweite Treffen der Zukunftsgruppe wird gleichfalls noch unter deutscher Ratspräsidentschaft am 25. Juni in Brüssel stattfinden. Thematischer Schwerpunkt soll die Verschmelzung von innerer und äußerer Sicherheit sein. Geplant sind hierzu Diskussionen über allgemeine Rechtsgrundsätze im Bereich Terrorismus und Sicherheit, den Ausbau der Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen mit Drittstaaten sowie einen ganzheitlicher Ansatz bei EU-Missionen in Drittstaaten in Bezug auf eine bessere Koordinierung des Einsatzes von Militär-, Polizei- und Zivilschutzkräften” (Quelle).
Anschluss aller neuen EU-Mitgliedsstaaten, in denen die technische Infrastruktur zur Teilnahme am SIS aufgebaut wird. Europaweite Fahndung nach Kriminellen, “Terrorverdächtigen” und unerwünschten Personen bzw. Verhinderung der Ein- oder Ausreise über offizielle Grenzen.
Ab 2008 Einspeisung von Gesichtsbildern und Fingerabdruckdaten in SIS II mit der Möglichkeit für Sicherheitsbehörden, diese Daten direkt aus dem SIS II abzurufen und darüber auszutauschen. Aufrüstung der “digitalen Grenzzäune” über biometrische “automatisierte” Grenzkontrollen im Binnenraum der EU und verstärkt an ihren Außengrenzen. Zusätzlich europaweites “Alarmsystem” zur sofortigen gegenseitigen Information, wenn die Ausweisung einer Person, die als “Terrorverdächtiger” oder “Aufrufer zu Diskriminierung, Hass oder Gewalt” eingestuft wurde, in einem Mitgliedsstaat ansteht, die Person aber noch nicht im SIS II gespeichert ist.
Einrichtung einer mobilen FRONTEX Grenzschutz-Einsatztruppe aus 600 Grenzpolizisten und einem Pool aus Flugzeugen, Helikoptern, Patrouillenbooten und weiterer Überwachungstechnik, die flexibel und mit Eingreifbefugnissen ausgestattet an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten eingesetzt werden, die “erhöhte Versuche illegaler Migration” zu verzeichnen haben.
Beim VIS handelt sich um einen weiteren EU-weiten Datenbanken- und Informationsverbund, in den bereits bei der Antragstellung zur Erteilung eines Visums in Botschaften der EU-Mitgliedsstaaten die persönlichen und biometrischen Daten (Fingerabdrücke, Gesicht) der Antragsteller eingespeist werden. Daneben enthält das VIS Informationen zum Status eines Visumantrages. Alle Sicherheitsbehörden der EU-Mitgliedsstaaten und Europol können mittels “neu geschaffener Recherchemöglichkeiten zu Zwecken der Prävention, Aufdeckung und Untersuchung terroristischer und sonstiger schwerwiegender Straftaten” auf alle VIS-Daten zugreifen.
Die in unserer Präsidentschaft bereits Anfang März durchgeführte Konferenz “Advancing eGovernment2007” in Berlin hat dringliche Aufgaben der öffentlichen Verwaltung benannt, um einen elektronischen Kommunikationsraum in Europa für die Verwaltungen der Mitgliedstaaten zu realisieren: (…) ein elektronisches Identitätsmanagement, das eine sichere Authentisierung im Internet ermöglicht (…) Für die Zukunft wollen wir deshalb die Verabschiedung europäischer Standards, insbesondere bei der Onlineauthentisierung von Nutzern, vorantreiben. Dies wird ein grenzüberschreitendes E-Government fördern sowie den Identitätsmissbrauch im Internet bekämpfen.
Vorbild: Der deutsche E-Government 2.0 “Masterplan”.
Freiheit
Man könnte das Ganze und das Leitmotiv “Europa sicher leben” des Bundesinnenministeriums grafisch auch so zusammenfassen:
Europa sicher leben
“Wir haben mit unserem Leitmotiv deshalb ganz bewusst die Interessen der Bürgerinnen und Bürger in den Mittelpunkt der europäischen Innenpolitik gestellt. Denn die Menschen müssen spüren, dass das gemeinsame Handeln der EU ihrer Sicherheit, ihren Freiheiten dient, dass Europa einen erlebbaren Mehrwert für sie hat.”
Aus dem Vorwort von Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble.
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