2007-10-28 

„Die Strafanträge sind zu hart“

Übersetzung eines im genuesischen Lokalblatt „Il Secolo XIX“ erschienenen Artikels über den Aufruf zur Demonstration am 17. November in Genua gegen die Strafanträge im Verfahren gegen 25 in Zusammenhang mit dem G8 2001 der Verwüstung und Plünderung angeklagten Demonstranten.

Nach der Anklagerede im Verfahren: Noglobal gehen auf die Straße

Don Gallo: „Dann müssen sie auch mir den Prozess machen“

Bild: Genua

Genua – 26. Oktober. „Alle nach Genua, auf die Straße, am 17. November“. Es ist der Aufruf zur Mobilisierung des Komittees „Wir, die von der Via Tolemaide“. Luca Casarini, der Frontmann der „Disobbedienti“ in Venetien, und Matteo Jade, der Sprecher der sozialen Zentren von Genua, wiederholen den Aufruf wie eine Parole vor den Journalisten, die der Einladung zu einer „dringenden“ Pressekonferenz gefolgt sind. Die Strafanträge, die Dienstag vor Gericht von den Staatsanwälten Anna Canepa und Andrea Canciani gestellt wurden – 224einhalb Jahre insgesamt für die 25 der Verwüstung und Plünderung angeklagten Menschen – sind in der Galaxie der Protestler als „direkter und unverhältnismäßiger Angriff“ durchgehallt. Die Reaktion wird von der Straße kommen, sagen sie. Und sie wird lautstark sein, kündigen die Initiatoren der Demonstration an, die die 300.000 herbeirufen, darunter auch die, die im Demonstrationszug waren, als auf der Via Tolemaide gestürmt wurde. Jener Sturm ist zum Symbol der Auseinandersetzungen beim G8 aufgestiegen. „Wir werden auf die Straße zurückkehren, um einem politischen Prozess zu widersprechen, der planmäßig ausgerichtet ist, um die Bewegungen zu treffen“ – fährt Casarini fort – „Sie wollen sie unter einem Berg Gefängnisjahre begraben. Es sind Strafanträge, für die der schlimmste Faschist sich schämen würde. Die Strafanträge sind das Ergebnis einer minutiösen Rekonstruktion der Dinge, die sich vor den Augen von Hunderten von Kameras abgespielt haben, nicht nur nach den Knüppelschlägen auf der Via Tolemaide. Und sie sind, wie in jedem Verfahren, das Ergebnis einer kühlen Kalkulation der Strafen für die vorgeworfenen Straftaten. Die Staatsanwälte haben sich dafür entschieden, auch die Plünderung in den Anklagepunkten unterzubringen, die den schwersten Vorwurf darstellt, auf den sich vermutlich die Plädoyers der Anwälte der Verteidigung konzentrieren werden. Auch die Bewohner von Genua wurden auf die Demonstration vom 17. November eingeladen, „die aus den Fenstern die vorsätzlich von den Carabinieri des Tuscania-Bataillons angegriffene Demonstration sahen“. In der ersten Reihe wird sicher auch Don Andrea Gallo dabei sein, der Pfarrer der Letzten, der gestern den noglobal die Räume seiner Gemeinschaft Comunitá San Benedetto al Porto zur Verfügung stellte. Seine Beteiligung wird nicht wie die anderen sein. „Ich erstatte Anzeige gegen mich selbst“ hat der Priester mit seiner rauen Stimme und der Zigarre zwischen den Fingern gesagt „Ich fühle mich mitverantwortlich. Sie müssen auch mir den Prozess machen“. Don Gallo ist Erstunterzeichner des Aufrufs, mit dem auch das Komitee „Wir, die von der Via Tolemaide“ gegründet wurde. Seine ist eine „totale“ Solidarität, gegen den „immerwährenden Virus des Faschismus, der seit zu langen Jahren Freigang hat“. „Man muss das Recht der Menschen, zu demonstrieren, verteidigen“ sagte er. „Am 17. November werden wir zurück auf die Straße gehen, um uns die beim G8 verletzten Rechte zurück zu nehmen“. Don Gallo hat die Strafanträge stigmatisiert: „Die beiden Staatsanwälte haben betont, dass sie strenge, aber nicht exemplarische Strafen beantragt haben. Wäre es demnach im Falle exemplarischer Strafen etwa um Lebenslänglich oder gar um die Todesstrafe gegangen? Die 224 Jahre und sechs Monate, die für die 25 vor Gericht stehenden Demonstranten beantragt wurden, haben die gleiche „starke“ Sprache wieder aufleben lassen, die die Bekundungen am Vorabend des G8 charakterisierten. Casarini erklärte Damals den acht Mächtigen den „Krieg“. Bei der Erläuterung der Gründe für den neuen Protest kommt er in einem Crescendo der Töne in Zusammenhang mit den Staatsanwälten bis zur Aussage: „sie sind entschlossen, jene zu terrorisieren, die bereit sind, dem Diktator nicht zu gehorchen und auf die Straße zu gehen gegen eine Welt, die aus Armut, Ungerechtigkeit, Missbrauch von Macht und Ämtern, Kriegen und Millionen Toten besteht“. Die Mitglieder des Komitees haben an dem Präsidenten des Senats Fausto Bertinotti appelliert, „der in den Tagen des G8 auf der Straße war“, damit er zum Garanten der „demokratischen Begehbarkeit der Stadt“ werde, was übersetzt heißt: es werden Sonderzüge und Unterkünfte für die, die nach Genua zurückkommen werden gebraucht. Die Aufmerksamkeit der Polizeikräfte ist extrem hoch, besonders die der genuesischen Digos. Obwohl die Rahmenbedingungen der neuen Demonstration nicht für Gewalt sprechen.

Marco Preve – il secolo XIX

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