2007-09-23
Bei Polizei und Staatsanwaltschaft in Rostock wurde eine Arbeitsgruppe „Folgemaßnahmen“ eingerichtet. Eine ihrer Aufgaben ist die Sichtung von Foto- und Videomaterial zur Identifizierung von TeilnehmerInnen z.B. des Schwarzen Blocks. Angedroht sind Strafverfahren gegen mehr als 1.000 AktivistInnen. Unter ihnen sind damalige Betroffene von Polizeigewahrsam – viele dieser Verfahren dürften allerdings lediglich der Legitimation dieser Masseningewahrsamnahmen dienen und womöglich eingestellt werden.
Von früheren Gipfelprotesten, aber auch von militanten Aktionen in Deutschland ist bekannt dass Monate später Hausdurchsuchungen angeordnet werden um Material zur Identifizierung zu finden: Kleidung, Schuhe oder Accessoires wie Nietengürtel, Basecaps, Buttons etc. Nach dem G8 in Genua wurde u.a. ein Büro von Indymedia durchsucht, um an mehr Videomaterial zu gelangen.
Neben 129a-Verfahren, Hausdurchsuchungen und Anwerbeversuchen ist also mit weiteren Repressalien zu rechnen.
Der Schweriner Innenminister frohlockt, dass es nicht mal 20 Strafanzeigen gegen Polizeikräfte gibt. Damit sei der Gipfel aus polizeilicher Sicht prima verlaufen.
Ein Problem für die nach dem G8 verbliebenen Antirepressionsstrukturen ist die unzureichende Kenntnis über laufende Strafverfahren und Anzeigen, aber auch Klagen gegen Polizeimaßnahmen.
Wir halten es für wichtig in die Offensive zu gehen und den Repressionsapparat bei der Abwicklung des G8-Widerstands zu bremsen. Dafür wollen wir AktivistInnen ermutigen, mittels Strafanzeigen, Widersprüchen und Klagen gegen die Polizei vorzugehen. Die Camp AG hat finanzielle Unterstützung hierfür zugesichert.
Durch etwaige Verfahren können Ermittlungsmethoden und Willkür der Polizei öffentlich gemacht werden. „Kavala“ könnte auf die gezielten Falschmeldungen etwa zur Legitimation von Versammlungsverboten festgenagelt werden. Wenn es gelingt eine Prozessbeobachtung zu organisieren wäre dies eine Firewall gegen den Korpsgeist der Bereitschaftspolizei: abgesprochene Aussagen, Meineide etc.
Womöglich ergeben sich dabei auch „Synergieeffekte“, etwa durch das Veröffentlichen von Polizei-Videos auf denen Übergriffe dokumentiert sind. Alle Verfahren bieten immer die Möglichkeit sich öffentlich zu unterschiedlichen Widerstandsformen zu verhalten.
Eine politische Aufarbeitung der Repression vor, während und nach dem G8 ist nur möglich wenn die juristischen Anstrengungen bekannt sind und dokumentiert werden können. Egal ob sich AktivistInnen, AnwältInnen oder linke ParlamentarierInnen mit der Geschichtsschreibung des G8-Widerstandes beschäftigen: Wir brauchen Informationen!
Wir wollen versuchen, die Aktiven in der Antirepressionsarbeit mehr zu vernetzen und Informationen zu bündeln. Je nach Frequenz versuchen wir eine Prozessbeobachtung auf die Beine zu stellen.
Ihr erreicht uns unter g8-antirep@riseup.net