2007-09-18 

18.9.2007 Heiligendamm

- Sternmarsch-Bündnis reicht Feststellungsklage ein
- Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Polizeieinsatzleiter
- G8: Rostock spart 3,9 Millionen Euro
- Vorbereitungstreffen für spektrenübergreifenden Strategie-Kongress
- Swing - autonomes Rhein-Main-Info: The Empire Strikes Back
- Texte der Broschüre "protest.widerstand.perspektive" im Netz veröffentlicht

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Sternmarsch-Bündnis reicht Feststellungsklage ein

Pressemitteilung 18. September 2007

* "BAO Kavala" hatte Gefahrenprognose manipuliert
* Klage thematisiert Falschmeldungen

Das Sternmarsch-Bündnis hat beim Verwaltungsgericht Schwerin Klage eingereicht. Das Bündnis will in einem Hauptsacheverfahren die Rechtswidrigkeit des Demonstrationsverbots beim G8-Gipfel in Heiligendamm feststellen lassen. Die eigens für den Gipfel eingesetzte Polizeibehörde "Kavala" hatte für die Gipfeltage ein generelles großräumiges Versammlungsverbot erlassen. Die Rechtmäßigkeit dieser sog. Allgemeinverfügung wird vom Sternmarsch-Bündnis bestritten.

"Der Stab IV der Sonderbehörde mit der Zuständigkeit für Versammlungen nahm erst 6 Wochen vor dem Gipfel die Arbeit auf. Ein ernsthaftes Interesse an der Sicherstellung des Demonstrationsrechtes nach §8 Grundgesetz ist damit nicht erkennbar", kritisieren die AnwältInnen. Kooperationsgespräche mit AnmelderInnen wurden mehrmals hinausgezögert. "Die Behörde ist ihrer Pflicht zu sorgfältiger und objektiver Ermittlung nicht nachgekommen, sondern hat von Beginn an einseitige Feindbilder konstruiert".

Unter Leitung von Knut Abramowski hatte "Kavala" monatelang Falschmeldungen lanciert. Das allgemeine Demonstrationsverbot wurde mit "Terrorgefahr" und "Gefühlen der Gipfelteilnehmer" begründet. Im Nachhinein gestanden Polizei und BKA ein, dass es zu keiner Zeit Hinweise auf geplante Anschläge gegeben hatte.

In einem Eilverfahren hatte das Bundesverfassungsgericht Anfang Juni das Verbot gerügt. Das Gericht warf "Kavala" Ermessensfehler und Missachtung der Versammlungsfreiheit vor.

Gegenüber dem Bundesverfassungsgericht hatte "Kavala" neue Falschmeldungen zur Aufrechterhaltung des Verbots angeführt. So wurde behauptet, bei der Demonstration am 2. Juni in Rostock seien über 400 Polizeibeamte verletzt worden, davon 25 schwer. Polizeikräfte seien mit "chemischen Flüssigkeiten" und "chemischen Gasen" angegriffen worden, am Sperrzaun sogar "mit brutaler Gewalt unter Verwendung von Äxten, Steinen, Brandsätzen". Unterstellt wurde die Existenz von Angriffsplänen auf Energieversorgung oder Tankstellen. Hierfür würden in den Camps Waffen gesammelt.

Für die endgültige Bestätigung des Sternmarsch-Verbots am 7. Juni hat das Bundesverfassungsgericht eine "eigene Gefahrenprognose" auf der Basis jener Medienberichte erstellt.

"Viele Medien haben das 'Feindbild Demonstrant' ungeprüft von der Polizeipressestelle übernommen", kritisiert eine Sprecherin des Sternmarsch-Bündnis. "Die Pressearbeit der Polizei erinnert an 'embedded journalism' einer Kriegsberichterstattung".

"Damit besteht die Gefahr übermäßiger staatlicher Einflußnahme auf die (Medien-)Öffentlichkeit, wenn nicht gleichzeitig ermöglicht wird, daß auch Bürgerproteste den Weg in diese (Medien-)Öffentlichkeit finden", führen die AnwältInnen aus.

* Schriftsätze, frühere Pressemitteilungen, Medienberichte: www.gipfelsoli.org/Heiligendamm_2007/Sternmarsch

* Spendenkonto: Kultur- und Sportclub schwarz-rot e.V., Konto 8194623, Sparkasse Hanau, BLZ: 506 500 23, "Klage Sternmarsch"

[Sternmarsch-Bündnis | Gipfelsoli Infogruppe]

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Nach Protestaktion gegen Privatisierung und Repression in Heiligendamm: Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Polizeieinsatzleiter.

Gestern fand der von der Initiative ProHeiligendamm organisierte Aktionstag gegen die Privatisierung von Heiligendammer Waldstücken durch die Fundusgruppe statt. Seit Jahren versucht der Eigentümer des Kempinski Hotelkomplexes, in dem der diesjährige G8 stattfand, Strand und umgebende Waldwege für die Heilgendammer Bevölkerung zu sperren. O-Ton der Fundusgrupe: "Heiligendammer sollen sich damit abfinden, Zaungäste zu sein". Besonderer Streitpunkt ist das Waldstück "Kleiner Wohld", welches die Fundusgruppe seit Jahren durch illegal errichtete Zäune sperren ließ. Das von der Bürgerinitiative vor dem Verwaltungsgericht Schwerin eingereichte Klageverfahren liegt seit Jahren auf Eis.

Gestern nun wurden von einigen BürgerInnen im Vorfeld des Aktionstages an zwei Stellen die Sperren geöffnet und der kleine Wohld konnte daraufhin von der Öffentlichkeit wieder zur Erholung genutzt werden. An der Aktion beteiligten sich auch einige der 5 wegen Hausfriedensbruch angeklagten Personen, denen die Fundusgruppe vorwirft, am 16. März die streitbefindlichen Flächen und damit ihr Eigentum betreten zu haben. Damals gingen die G8-Polizei Kavala und Objektschutz der Fundusgruppe massiv gegen mutmaßliche G8-Gegner vor, stellten den harmlosen Waldspaziergang gar als Ausspionieren der Hotelanlagen dar. Bei dem damaligen Spaziergang kann es sich aber nicht um eine Straftat handeln, da selbst der Ex Landwirtschaftsminister Backhaus in einem Schreiben an die Bürgerinitiative erklärte, daß die von der Fundusgruppe errichteten Sperren lediglich der Besucherlenkung dienen sollen und deren Übertretung juristisch erlaubt seie. Troztzdem wird den 5 Spaziergängern am 16.10 vor dem AG Bad Doberan ein Prozess gemacht.

Zu Beginn verlief die gestrige Demonstration zur vollsten Zufriedenheit der Veranstalter. Viele Leute beteiligten sich an der Aktion und liefen in dem Wald umher, den die Fundusgruppe entgegen den Bestimmungen des MV-Waldgesetzes als nichtöffentliches Refugium betrachtet. Die vergleichsweise zahlreich erschienene Polizei ließ die Leute zunächst auch gewähren. Als dann allerdings einige Personen die noch nicht geöffneten Zäune in der Verlängerung des Ostseewanderweges übertreten wollten, schritt die Polizei unter wütenden Äußerungen der Heiligendammer Bevölkerung ein. Sie drohten sogar eine Ingewahrsamnahme und Personalienfeststellungen an, wenn der Zaun übertreten würde. Die Einsatztruppe unter dem Bad Doberaner Polizeiführer Polizeikommissar Köpke reagierte aber hilflos, als wir sie mit dem Schreiben des Ministers Backhaus konfrontierten, nachdem die Übetretung des Zaunes rechtmäßig seie. Köpke sagte daraufhin, er hätte den Auftrag von dem für den Objektschutz des Hotelkomplexes zuständigen Herrn Meyer erhalten, die Betretung des weiteren Waldgeländes durch die Bevölkerung zu verhindern und gegebenenfalls Anzeigen wegen Hausfriedensbruchs zu schreiben. Auch nach unserem Hinweis, daß dieses nicht nachvollziehbare polizeiliche Fehlverhalten dienstrechtliche Konsequenzen haben könnte, änderte sich nichts am Polizeiverhalten. Nach Rücksprache mit unserem Anwalt haben wir heute entschieden, daß eine Person jetzt Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Polizeiführer Köpke beim Innenminister von MV einlegen wird.

Ursüprünglich hatten wir damit gerechnet, daß Polizei und Staatsanwaltschaft die Eröffnung des Prozesses gegen uns aufgrund der juristisch nicht haltbaren peinlichen Begründung des Hausfriedensbruchvorwurfes vielleicht noch im Vorfeld einstellen würde. Das gestrige völlig willkürliche Polizeiverhalten, zeigt jedoch wieder einmal, wieweit die Strafverfolgungsbehörden sich über geltendes Recht hinwegsetzen. Mit der Anzeige und dem offensiven Umgang mit dem Vorwurf des Hausfriedensbruchs, der am 16.10 verhandelt wird, werden wir versuchen, die skandalöse Zusammenarbeit von Fundusgruppe, Staatsanwaltschaft, G8-PolizeiKavala und lokalen Strafvefolgungsbehörden öffentlich zu machen. Während des G8 wurde mit der Polizeitruppe Kavala eine Sondereinheit geschaffen, die wie ein Staat im Staate völlig außerhalb öffentlicher und administrativer Kontrolle gemacht hat, was sie wollte. Die G8- Gegner befürchten schon seit langem, daß die seit Installation der Kavala zunahmende Polizeiwillkür auch in der Zeit "nach Kavala" in der Region weiter wirkt. Die Repression anläßlich des Gipfels war Testfall, Erkundungsraum und Gewöhnungsphase zugleich für eine weiterdauernde Beschneidung von Bürgerrechten per Sonderverordnungen und Spezialgesetzen, wie z. B. auch durch das Sicherheits- und Ordnungsgesetz MV.

Prozessgruppe "Kempinski deprivatisieren"
Friedrichstr. 10
18057 Rostock

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G8: Rostock spart 3,9 Millionen Euro

ROSTOCK - Der G8-Gipfel war wegen des größten Polizeieinsatzes der deutschen Geschichte für Bund und Land ein kostspieliges Ereignis. Nur einer hat offensichtlich kräftig sparen können: die Stadt Rostock. 3,9 Millionen Euro wurden weniger ausgegeben als kalkuliert - und die entstandenen Kosten zahlt aller Voraussicht nach das Land.

"Die geplanten Ausgaben für den Weltwirtschaftsgipfel von 6,3 Millionen Euro konnten auf 2,4 Millionen Euro gemindert werden", teilte Finanzsenator Georg Scholze mit. Selbst bei den schweren Straßenkrawallen vom 2. Juni sei der Stadt nach Angaben der Verwaltung ein "überschaubarer Schaden im Stadthafen" in Höhe von etwa 50000 Euro entstanden. Geplante Mehrkosten im Zusammenhang mit dem Gipfel in den Bereichen Pressestelle, des Jugendamtes, im Bereich Brandschutz und im Amt für Stadtgrün konnten reduziert werden.

Für die Absage der Übertragung des G8-Konzertes an den Warnemünder Strand musste Rostock allerdings etwas mehr berappen. Die G8-Polizei äußerte Sicherheitsbedenken. Keine Übertragung, keine Sponsoringeinnahmen, kein Getränkeverkauf. Die Ausfallkosten belaufen sich auf 32000 Euro. Geplant war eine Rostocker Beteiligung von maximal 15000 Euro. Auch für die Absicherung und Überwachung der Baustelle Verbindungsstraße muss Rostock im Nachhinein etwas tiefer in die Tasche greifen. 28000 Euro wird die Stadt zusätzlich überweisen.

Insgesamt war das Gipfeltreffen in Heiligendamm für Rostock mit 3,9 Millionen Euro mit weniger Ausgaben verbunden als geplant. Eine echte Einsparung ist das allerdings nicht. Denn auch den Rostocker Anteil wird wohl Schwerin tragen. Im Haushalt heißt es dazu: "Die Hansestadt Rostock geht von einer vollständigen Übernahme der Kosten durch das Land Mecklenburg-Vorpommern aus."

[http://www.svz.de/lokales/rostock/artikeldetails/article/378/g8-rostock.html?no_cache=1]

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Einladung zum ersten Vorbereitungstreffen für einen spektrenübergreifenden Strategie-Kongress im Winter 2007/08

Unser Vorschlag für den spektrenübergreifenden Strategie-Kongress machte vor einige Wochen bereits die Runde. Sicherlich ist es vielen von uns allen ein großes Bedürfnis darüber zu Reden was rund um Heiligendamm passiert ist um daraus Konsequenzen für unsere gemeinsame politische Praxis in der Zukunft zu ziehen.

Wir haben uns auf unserem letzten AG Treffen entschlossen dem Vorschlag diese Einladung zum ersten Vorbereitungstreffen folgen zu lassen.

Wir laden Euch ein zum ersten Vorbereitungstreffen zu kommen:
als Termin haben wir Sonntag, den 23.9. ab 14 Uhr im "New Yorck 59", Bethanien, Mariannenplatz 2 in Berlin festgelegt. Uns scheint dieser Termin günstig, da am 22.9. die große Demo "Freiheit statt Angst" stattfindet.

Einen möglichen Termin für das zweite Vorbereitungstreffen haben wir auch schon: am 20. Oktober von 17.00 h bis 21.00 h im Rahmen des Sozialforums in Cottbus.

Termin Vorschläge für den Kongress haben wir auch: 13.-16.12.2007 oder 02.-06.1.2008.

Für die Diskussion erinnern wir noch einmal an die Fragestellungen die wir bereits mit dem Vorschlag herumschickten (betrachtet sie weiterhin als Vorschläge, erst auf den Vorbereitungstreffen sollten wir die Fragen konkretisieren):

Kritische Bewertungen über unterschiedlichen Protest- und Widerstandsformen:
- funktionieren sie nur bei Gipfelprotesten,
- wirken sie nachhaltig,
- waren sie möglich wegen der starken Internationalisierung der Proteste,
- oder war es der spektrenübergreifende Charakter, der vieles hat möglich werden lassen,
- wurden nicht auch zu viele Kröten für die Installierung dieses Bündnisses in Form des Hannover-Kreises geschluckt
- wir werden diskutieren müssen, warum einiges an gewünschten Protestformen, wie Plan B und dezentrale Aktionen nicht in dem gewollten Umfang funktioniert haben.

Wir erinnern weiterhin daran das es sehr hilfreich wäre, wenn bei den zahlreichen lokalen und gruppeninternen Treffen: bis zum Winter in dem Auswertungsprozess der einzelnen Spektren erste Vorschläge erarbeitet werden,

- welche strategischen Elemente in unserem Kampf z.B. in 2008 und 2009 elementar sein sollen.
- Welche Teilkämpfe in der Gesellschaft unsere besondere Aufmerksamkeit haben sollten
- Welche Ideen gibt es um ein übergeordnetes Ganzes der verschiedenen Proteste zu schaffen?
- Welchen Stellenwert haben die Gipfelproteste in Japan 2008 und Sardinien 2009 für uns?

Wir sind innerhalb unserer AG auch ein wenig in Sorge über die Durchführung des Kongresses: die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass der Erfolg, die positiven wie negativen Erfahrungen, die Aktionsformen, aber auch die Kritik auf einem solchen Kongress zerredet wird ohne das hinterher von dem Kongress mehr herauskommt als die üblichen Appelle: Bildet Banden! Mehr Organisation! Mehr Bewegung! Mehr Aktion!

Uns ist klar, es wird nicht ohne letztere gehen. Aber der Kongress muss mehr bieten. Es reicht nicht aus, auf dem Kongress darüber zu streiten, ob das was auf den Feldern und Strassen rund um den Zaun um Heiligendamm passiert ist, ein Erfolg oder Misserfolg war, Tatsache ist: Realpolitisch hat sich bisher nichts verändert. Viele von uns haben aber auch gar nicht erwartet, dass die Regierungen der G8 Staaten sich von dem Protest und Widerstand beeindrucken lassen, wichtiger scheint uns aber der Effekt auf die Bewegungen selbst. Wenn die Bewegungen ausgehend von den Erfahrungen von Heiligendamm eine gemeinsame Reflexion des Geschehenen machen und die verschiedensten strategischen Ansätze daraufhin abklopfen, was gemeinsam möglich ist, kann von den Bewegungen auch wieder ein Impuls in die Gesellschaft ausgehen.

Auf dem Kongress wird es nicht darum geben, DIE Linie oder DIE Strategie festzuzurren, an denen sich die Teilbewegungen und Spektren abarbeiten sollen. Das schmälert unser kreatives Potenzial(und würde ja auch gar nicht funktionieren). Der Kongress soll vielmehr ein Ort des Mitteilens, des Zuhörens UND des Aufeinander Eingehens sein, bei dem Einzelpersonen und Spektren ihre Konzepte für 2008/2009 vorstellen und wo sie im direkten Austausch erfahren können, wer auf welchen strategischen Ansatz Lust hat und welcher Ansatz Mobilisierungschancen hat und welcher vielleicht im Wolkenkuckucksheim landet.

Wenn durch den Kongress dieser Austausch erreicht wird, dass sich Bewegungen solidarisch und praktisch aufeinander beziehen, anstatt sich nebeneinander her zu bewegen, kann es möglich sein, dass der Funke wahrnehmbarer Stärke, der in Heiligendamm mal kurz aufblitzte, ....zumindest bald mal wieder aufblitzt...

Das Aufeinanderbeziehen, ohne Vielfalt einzuschränken ist logischerweise eine schwierige Gratwanderung, und sie wird zudem auch Auswirkungen auf die Form des Kongresses haben. Ohne allzu viel vor weg zunehmen, es soll keine Aneinanderreihung von Podien geben, auf denen selbsternannte Bewegungsmanager_innen die Töne angeben, nach denen die Verhältnisse angeblich zum Tanzen gebracht werden sollen. Anstatt die angebliche "Stärke der Bewegungen nach Heiligendamm" von solchen Podien nach draußen hinauszuposaunen, die nur Schwäche verkleistert, ist uns eher daran gelegen, in horizontalen Diskussionen herauszufinden, was wir wollen, wo wir uns einbringen und wie wir die künftigen Kräfteverhältnisse einschätzen. In einer Vollversammlung sollte dies zusammengetragen werden.

Das ganze geht aber nur, wenn sich genügend Leute mit an der Vorbereitung beteiligen und an dem Kongress selber, um einen möglichst spektrenübergreifenden Kongress auf die Beine zu stellen, bei dem uns nicht von oben herab vermittelt wird, was wir zu denken oder zu tun haben. Beteiligt Euch!

Freiheit allen politischen Gefangenen, Eure Camp AG

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Swing - autonomes Rhein-Main-Info: The Empire Strikes Back

Nachspielzeit in Sachen G8 und “mg” – Repressionsorgane unter Fahndungsdruck treten nach/ Verfassungsschutz quatscht bundesweite Linke an/ §129a in Berlin wegen “mg”

Nach dem planlosen Zuschlagen der Bundesanwaltschaft am 9.5. kurz vorm G8-Gipfel, das ja ungewollt die lang erhoffte Mobilisierungswelle nach Heiligendamm losgetreten hatte, hatten wir den Bericht über die Durchsuchungen in der Swing mit der Überschrift: ”Sind wir nicht alle §129a?” getitelt. Die Bundesanwaltschaft nimmt diese Losung weiterhin offensichtlich sehr ernst. Seit dem G8-Gipfel scheint der sogenannte ”Linksextremismus” wieder verstärkt ins Blickfeld der Repressionsorgane gerückt zu sein. Wir gehen davon aus, dass ihnen die Refokussierung auf den alten Lieblingsfeind nicht schwer gefallen sein wird.

Der G8-Gipfel und die Aktionstage in Heiligendamm sind jetzt seit kaum 3 Monaten Vergangenheit. Nun beginnt die juristische Maschinerie den Versuch die Aktionen während des Gipfelgeschehens abzustrafen. So wurden jüngst in Rostock rund 300 Vorladungen wegen des Krawalls am 2.Juni versendet. Gleichzeitig versuchen linke AnwältInnen und AktivistInnen die zahlreichen Maßnahmen der Sonderbehörde Kavala zumindest nachträglich anzukratzen. Dies betrifft vor allem den unverblümten Einsatz der Bundeswehr im Inneren, die dreiste Desinformationspolitik der Kavala-Sonderbehörde und die umstrittenen Gerichtsentscheidungen zum verbotenen Sternmarsch, die mit den bewussten Falschmeldungen der Bullen vom 2. Juni begründet wurden.
Eine momentan noch regional beschränkte Posse stellt eine Hausdurchsuchung in Bonn bei einem Betreiber einer Anti-Atom Webseite dar. Dieser hatte auf seiner Seite den Aufruf zu den "BlockG8"-Blockaden hochgeladen – laut richterlichem Beschluss ein gefährlicher Aufruf zu Straftaten.

Bundesweit dreiste Auftritte hingelegt haben auch die Schlapphüte des Bundesamts für Verfassungsschutz. In Potsdam, Leverkusen und auch hier im Rhein-Main-Gebiet sind seit Anfang August Anquatschversuche öffentlich bekannt geworden. (siehe Kasten Verfassungsschutz aktiv in Frankfurt)

Generalangriff auf linke Politik

Der große Hammer erfolgte aber schon am 31.7.: Sieben Menschen beschuldigt die Bundesanwaltschaft (BAW) mal wieder Mitglieder der "militanten gruppe" (mg) zu sein; vier wurden verhaftet, drei blieben vorerst draußen. Zu den zuletzt in Sachen “mg” Beschuldigten, die am 9.5. noch als Begründung für die Durchsuchung nach §129a herhalten mussten, stellt die BAW momentan keine Bezüge her.
Im folgenden zitieren wir einen Absatz aus dem bemerkenswerten Aufruf ”Solidarität organisieren. §129a abschaffen” der Berliner Gruppe FelS (Den ganzen Aufruf findet ihr unter www.nadir.org/nadir/initiativ/fels/):
”Axel, Florian und Oliver wurden in der Nacht zum 31. Juli erst observiert und dann verhaftet, nachdem sie versucht haben sollen, vier Fahrzeuge der Bundeswehr auf dem Gelände der Firma MAN in Brandenburg/Havel in Brand zu setzen. Ihre Festnahmen markieren das Ende einer gut gemeinten antimilitaristischen Aktion. Gleichzeitig stellen sie auch einen Generalangriff auf militante linke Politik dar, indem sie für die jahrelange Jagd auf die "mg" herhalten müssen. Kurz nach den Festnahmen, am Morgen des 31. Juli wurden die Wohnungen und teilweise Arbeitsplätze von Andrej und drei weiteren Beschuldigten, gegen die kein Haftbefehl vorliegt, durchsucht. Allen vier wird "intellektuelle Täterschaft" zur Last gelegt. Diese begründen die Ermittlungsbehörden damit, dass Bibliotheken benutzt und bestimmte Begriffe wie "Gentrifizierung" in Texten verwendet wurden. Zudem hätten sich die vier zu Schulden kommen lassen, im Studium oder der Promotion die intellektuellen Fähigkeiten angeeignet zu haben, ´die vergleichsweise anspruchsvollen´ Texte der "mg" zu verfassen. Die einzige Verbindung, die es zwischen Axel, Florian und Oliver und jenen vier Personen gibt, sind zwei angeblich konspirative Treffen zwischen Florian und Andrej.”
Von den konspirativen Treffen gibt es angeblich keine Mitschnitte, sondern allein die Tatsache, dass den Ermittlungsbehörden nicht bekannt ist, was geredet wurde, wird als Begründung für den terroristischen Gehalt des Kontaktes gewertet.

Empörung nur für den Unschuldigen?

Auf die Festnahme von Andrej entwickelte sich sehr zügig auf breiter Basis eine allgemeine Empörung und Solidarisierung. Vor allem in sozial-wissenschaftlichen Bereichen wurde Andrejs Festnahme sehr richtig als Angriff auf die Beschäftigung mit gesellschaftskritischen Themen erkannt. Eine breite Solidarisierungskampagne entfaltete sich an seinem Fall. Der öffentliche Druck in Kombination mit der scheinbar zu gewagten Begründung für seine Festnahme hat offensichtlich dazu geführt, dass Andrej gegen Kaution vorerst rausgekommen ist. Der §129a ist damit natürlich noch nicht vom Tisch, abgesehen davon, dass die BAW Revision gegen die Haftentlassung beantragt hat.
Die Kampagne um Andrej war/ist im Gesamtkontext der Verhaftungen des 31.7. eine widersprüchliche Sache. Auf der einen Seite hätte ohne die Verhaftung von Andrej die BAW wahrscheinlich überhaupt keine relevante kritische Resonanz zu ihrer Aktion bekommen. Andererseits macht sich eine empörte kritische Solidarität nur an seinem Fall fest. Nämlich an seiner Rolle als Wissenschaftler, an der Dreistigkeit des konstruierten Zusammenhangs, der die juristische Beweisführung selbstbewusst gegen den Strich bürstet, und der vorrausgesetzten ”Unschuld”svermutung der Liberalen gegenüber Andrej. Über Axel, Florian und Oliver wird statt dessen lieber geschwiegen. Viele die Andrejs Verhaftung unglaublich finden, denken das angesichts dessen, dass die Bullen behaupten die drei anderen in flagranti ertappt zu haben, die Bullen ihren Job gemacht haben, indem sie die Gewalttäter aka Terroristen eingefangen haben. Die tatsächlichen Terroristen in Verbindung zum unschuldigen Wissenschaftler zu bringen, stört in einer solchen Logik eher die Solidaritätskampagne. Eine solche Position ist von einem staatsräsonistischen Gewaltbegriff geprägt, die die illegitime Gewalt im Brandsatz und nicht im Bundeswehrauto sieht.
Das Abfackeln von Militärfahrzeugen ist und bleibt aber die Vernichtung von Kriegsmaterial! Im Falle von Fahrzeugen der Bundeswehr erweitert um eine Widerstandshandlung gegen eine Armee die Angriffskriege zur Gewährleistung des ungehinderten Zugangs ihrer Regierung und Konzerne zu den weltweiten Ressourcen durchführt.

Solidarität auch mit der “mg”?!

Funkstille aber auch großteils bei den Linksradikalen. Hier dürfte das Schweigen ja kaum mit der fehlgeschlagenen Aktion zusammenhängen. Möglicherweise hängt das eher mit dem Unbehagen und der Kritik an den Aktionen und Papieren der “mg” zusammen. Das Nichteinverstanden sein mit den Konzepten der “mg” und der maßgeblich von ihnen voran getriebenen Berliner Militanzdebatte kann aber nicht der Ausgangspunkt für die Frage der Solidarität sein. (Die Vermutung, dass jeder militanter Zusammenhang der nachts im Berliner Raum auf der Straße erwischt wird, angesichts des Fahndungsdrucks der auf Bullen und BAW lastete, als terroristische Vereinigung “mg” verkauft wird, dabei mal ganz außer acht gelassen!) Ein repressiver Angriff gegen militante Strukturen – “mg” hin oder her - ist prinzipiell immer auch ein Angriff gegen die gesamte radikale Linke. Die Verhaftungen vom 31.7. müssen in einen Kontext mit den weitreichenden Ermittlungen im Zusammenhang mit den G8-Strukturen gesehen werden. Die BAW hat das mit den überschneidenden Begründungen für die Durchsuchungen im Vorfeld des G8-Gipfels bewiesen. Es wird Zeit das wir das selbst auch kapieren, trotz aller wichtigen und richtigen Kritik an der “mg”.

Militarisierung ist Krieg nach Außen wie nach Innen

Die Begründungen und der Verlauf sowohl der Observation als auch der Festnahme und der Haftbedingungen, sagen einiges über die Entwicklung eines deutschen Staates aus, der seit einigen Jahren Kriegseinsätze im Rahmen des War on Terrorism führt und die Konzepte der assymetrischen Kriegsführung verinnerlicht hat.
Die drei Aktivisten wurden, von einem quergestellten Einsatzfahrzeug abrupt gestoppt. Anschließend wurden die Scheiben eingeschlagen und die drei von den Festnahmebeamten in ihren angeschnallten Sitzen verprügelt. Statt die Türen zu öffnen, wurde die drei durch die zerschlagenen Fensterscheiben aus dem Auto gezerrt, wobei sie – logischerweise - zahlreiche Schnittwunden erlitten. Ihnen wurden dann weiße Anzüge angezogen und ein Sack über den Kopf gestülpt. Die drei und der später festgenommene Andrej wurden am nächsten Tag mit großer medialer Inszenierung im Helikopter nach Karlsruhe zum Haftrichter geflogen. Bei der Vorführung vor dem Haftrichter, steckten sie immer noch in den mittlerweile zerschlissenen und zerrissenen Anzügen. Die Haftbedingungen sind das volle Terrorismusprogramm, also Isolationshaft. 23 Stunden auf der Einzelzelle, eine Stunde isolierter Hofgang. Familienbesuche nur unter erdrückender BKA-Aufsicht.
Wer immer noch geglaubt hat, der Krieg den Terrorismus würde nur gegen völlig abgedrehte islamische Gotteskrieger geführt werden und würde nur in den USA zum entfesselten Sicherheitsstaat führen, sei bitte spätestens hier eines besseren belehrt. Im September wird der Bundestag die Verlängerung des Mandats für den Bundeswehreinsatz in Afghanistan verabschieden, obwohl es überhaupt gar keinen Friedensplan für gibt – und es auch noch nie einen gab. Tatsächlich hat sich die Bundeswehr als imperialistische Armee normalisiert, die im Dauereinsatz den Zugang zu Ressourcen und Machträumen sichert. Dazu gehört der unkontrollierte Einsatz des Killerkommandos KSK genauso wie die Folterübungen in deutschen Kasernen, den ausgeführten Folterungen deutscher Geheimdienste und des ausufernden präventiven Sicherheitsstaats, wie ihn die jeweiligen Innenminister mit allen Mittel versuchen durchzusetzen. Die Logik des sich im Krieg befindlichen Sicherheitsstaates drückt sich auch in den Begründungen des §129a-Verfahrens aus: Aus einer versuchten Brandstiftung wird ein terroristischer Akt. Aus einem bewusst unter vier Ohren geführtes Gespräch, muss angesichts der politischen Linie der Beteiligten, ein terroristisches Treffen sein. Der präventive Sicherheitsstaat muss hier zugreifen.
Diese Aktion geht nicht von wenigen paranoiden, eigenmächtigen Staatsschützern aus, sondern muss als realer und präventiver Angriff auf die Linke an sich, wie sie als Bewegung nach dem G8-Gipfel 2007 da steht, begriffen werden. Der Staatsapparat produziert Ängste, Bedrohungen und Einschüchterung weit über das angebliche terroristische oder militante Spektrum hinweg. Es dient auch als ein Schuss vor den Bug für alle jene die sich kritisch und widerständig äußern und verhalten. Das es so wenig Gegenwind gegen diese Einschränkung unserer persönlicher und politischer Spielräume gibt, ist auch Ausdruck unserer Schwäche und Versäumnisse.

Don´t panic, be responsible

Wichtig bleibt aber festzuhalten, dass trotz des enormen geheimdienstlichen Aufwandes Bullen und Bundesanwaltschaft die ganze Repressionskeule nach dem bekannten Muster des Ermittlungsparagraphen §129a aufgezogen haben. Es wird wild konstruiert, unbewiesene Zusammenhänge behauptet und auf Spekulationen ganz eigener Logik folgender Bullenhirne ganze Netzwerke ausgeforscht, beschuldigt und einzelne auf Verdacht weggehaftet. Der §129a macht´s möglich. Gesinnungshaft und Spitzelei in guter deutscher Tradition. So beschissen das für die Betroffenen ist, stellt das ganze dennoch kaum eine neue Qualität geheimdienstlicher Mittel gegen uns dar. Wie die Bullen selbst zugeben, ist es trotz Observation, Kommunikationsmittelüberwachung und Raumüberwachung durch Mobiltelefone möglich, Gespräche zu führen, die von den Schergen nicht mitgelauscht werden können. Dafür musst du nicht das Gras wachsen hören und nicht wie das Kaninchen auf die Schlange starren. Entscheidend ist es, ob es uns gelingt, einige linke Grundregeln in unsere alltäglichen politischen Arbeit zu integrieren: Anna und Arthur halten´s Maul am Telefon, in geschlossen Räumen und auf Demos und Veranstaltungen. Verschlüsselte e-mails und Festplatten sind heute ja auch relativ einfach und effektiv zu gewährleisten. Zum Quatschen trefft sich Anna und Arthur zufällig beim Sparziergehen. Dabei lassen sie ihre Handys natürlich zu Hause. Bei spontanen Gesprächen schaltet Arthur sein Handy im Zweifelsfalle ab und nimmt den Akku raus - und Anna hat ihres sowieso lieber wieder weggeworfen!

Deutsche Waffen, deutsche Cops ...

Ach ja, und während wir uns gerade mit den schlechten Verlierer des diesjährigen Gipfels rumschlagen müssen, reist BKA-Präsident Ziercke gerade nach Japan, dem Austragungsland für den G8-Gipfel 2008. Warum? Nach offiziellen japanischen Aussagen, um sich über die ”latest trends regarding anti-globalization organisations and other extremist groups” auszutauschen. Nach dem Gipfel ist ja schließlich vor dem Gipfel, nicht?

Webseiten zu den aktuellen Verfahren:
http://einstellung.so36.net/
http://gipfelsoli.org/Repression/129a

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Texte der Broschüre "protest.widerstand.perspektive" im Netz veröffentlicht

Hallo GenossInnen und FreundInnen,

Die Texte der Broschüre "protest.widerstand.perspektive" haben wir nun endlich auf der Internetseite www.g8-broschuere.tk veröffentlicht. Wir würden uns über Kritik und Anregungen sehr freuen und diese dann auf der Internetseite veröffentlichen. Ihr könnt über g8-broschuere@mail.com auch weiterhin Exemplare der Broschüre bestellen.
Zur Erinnerung um was es sich bei der Broschüre handelt, fügen wir unten noch das Inhaltsverzeichnis ein.

Mit solidarischen Grüßen die BroschürenherstellerInnen

Editorial
Diese Broschüre ist das Ergebnis eines Diskussionsprozesses mehrerer Organisationszusammenhänge aus dem süddeutschen, ostdeutschen und Berliner Raum. Wir sind in mehreren bundesweiten und regionalen Bündnissen zum bevorstehenden G8‑Gipfel aktiv. Mit den Texten veröffentlichen wir einige, uns wichtig erscheinende Aspekte zur Anti-G8-Mobilisierung und zu darüber hinausweisenden politischen Perspektiven.

Die Gruppe der Acht und ihre Gipfeltreffen
Grundsätzlich liegt die Funktion der G8 sowohl in der Durchsetzung gemeinsamer Interessen als auch in der Koordinierung der inneren Widersprüche der führenden kapitalistischen Staaten. Zum besseren Verständnis der Rolle der G8 muss die allgemeine Situation des Kapitalismus sowie die Geschichte der G8 seit ihrer Gründung untersucht werden.

Geschichte und Perspektiven des Widerstands
Die Entwicklung der Protestbewegung gegen die Gipfeltreffen, ihre Stärken und Schwächen, und die Wichtigkeit des Aufbaus langfristiger Strukturen.

Zu den aktuellen Verhältnissen im globalen Kapitalismus
In der folgenden Analyse der momentanen Situation des weltweiten Kapitalismus werden unter anderem die Krise, die neoliberale Umstrukturierung, die Finanzmärkte und die innerimperialistische Rivalität und Kooperation thematisiert.

Ohne Klassenanalyse geht es nicht
Nach der Niederlage in den Kämpfen des 20. Jahrhunderts wurde von Teilen der Linken der Klassenwiderspruch verdrängt und die Suche nach einem neuen revolutionären Subjekt begonnen, die sich in der Multitude verliert.

Die Notwendigkeit der Organisierung
Eine gemeinsame Organisierung ist die notwendige Voraussetzung dafür, dem politischen Kampf Kontinuität und Kraft zu verleihen, einen revolutionären Prozess voranzubringen und eine revolutionäre Perspektive entwickeln zu können.

Politische Militanz gestern und heute
Interview zu Perspektiven militanter politischer Praxis und ihrem Verhältnis zur revolutionären Organisierung.

Keine Gewalt ist auch keine Lösung
In der folgenden Chronologie führen wir die uns bekannten militanten Aktionen mit Bezug zum anstehenden G8-Gipfel in Heiligendamm auf.