2007-09-01
Schwerin/MVregio Die Zahl der Graffiti-Straftaten ist in Mecklenburg-Vorpommern im ersten Halbjahr 2007 deutlich angestiegen.
Das ergab eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur dpa bei Polizei und Verkehrsbetrieben. Besonders der G8-Gipfel in Heiligendamm motivierte nach Angaben der Bundespolizei viele Sprayer. Die Zahl der Schmierereien auf Bahnanlagen nahm landesweit um 30 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zu. Die Schadenssumme kletterte auf 135 000 Euro nach 250 000 Euro im gesamten Jahr 2006. Allein im Juni registrierte die Bundespolizei im Großraum Rostock 30 Graffiti- Delikte mit G8-Bezug.
Allerdings werden nicht alle der erfassten Schmierereien gesprüht. Gerade junge Spontantäter griffen in Zügen und Bussen häufig einfach zum Kugelschreiber oder Eddingstift. Allerdings entstehe auch dabei ein Schaden zwischen 50 und 250 Euro pro Tat, sagte Bundespolizei- Sprecher Stefan Perschall. 84 Täter im Alter von 14 bis 20 Jahren konnte die Polizei im vergangenen Jahr ermitteln oder auf frischer Tat stellen. Bei einer Verurteilung droht ihnen eine Geldstrafe, in schweren Fällen auch eine Gefängnisstrafe bis zu zwei Jahren.
Betroffen von den illegalen Malaktionen sind vor allem Bahnanlagen und Züge in den größeren Städten. Die Verkehrsbetriebe versuchen, die Täter durch eine verstärkte Video-Überwachung ihrer Anlagen und Fahrzeuge abzuschrecken oder den Gestaltungsdrang der Jugendlichen in legale Bahnen zu lenken. Die Rostocker Straßenbahn AG veranstaltete Ende vergangenen Jahres einen "Sprayer-Contest". Den Gewinnern des Wettbewerbs stellte das Unternehmen Farbe und Flächen zur Verfügung, wo sie sich "kreativ austoben" konnten. Zugleich macht sich der teure Einbau von Videokameras bezahlt. Die Vandalismusschäden an Fahrzeugen mit Videoüberwachung seien um 95 Prozent zurückgegangen, sagte Pressesprecherin Swantje Förster.
Für den Nahverkehr Schwerin ist der Vandalismus insgesamt ein Problem. Die Schadenssumme betrug im ersten Halbjahr 53 000 Euro, nach 44 000 Euro im Vorjahreszeitraum. Bei Graffiti sei "alles im Rahmen", sagte Schadensbearbeiterin Petra Klatt. Allerdings musste das Unternehmen auch hier im ersten Halbjahr etwas drauflegen, die Schäden beliefen sich auf 4000 Euro nach 3600 Euro im ersten Halbjahr 2006.
Die Evangelische Jugend Schwerin will das Problem auf unkonventionelle Weise angehen. Mit Unterstützung durch den Landesrat für Kriminalitätsvorbeugung hat sie einen alten Polizeibus zu einem "Vanda-Mobil" umgebaut. Die fünf Mitarbeiter des Projekts wollen damit noch in diesem Monat Schulen und Jugendeinrichtungen im Land besuchen. Zusammen mit den Jugendlichen wollen die Pädagogen Vandalismus-Schäden erkunden und Aktionen gegen die Zerstörungswut organisieren. Im Gepäck haben sie nach Angaben von Projektleiterin Marieke Sobiech auch Farbsprühdosen und Stellwände, vor denen die Jugendlichen mal kräftig auf den Sprühknopf drücken dürfen.
Das "Vanda-Mobil" ist von außen natürlich auch zugesprüht. Das von dem Schweriner Künstler Tino Bittner gestalte Graffiti zeigt Jugendliche, die sich als Vandalen des Fahrzeugs annehmen. Der 32- Jährige hält im Übrigen wenig von Verboten. "Ich will den Kids zeigen, dass ihr eigenes Schaffen einen gewissen Wert hat und es darum verdient, aus der Nacht geholt zu werden."
Dass eine kahle Fläche manchmal nicht nur auf Jugendliche unwiderstehlich wirkt, haben zwei Mediziner gerade in Rostock bewiesen. Die beiden Professoren griffen laut einem Pressebericht zur Sprühdose, um eine Außenwand der HNO-Klinik mit einem abstrakten Bild zu verschönern. "Die weiße Wand war mir einfach zu langweilig", zitierte die "Bild"-Zeitung einen der Professoren.
[http://www.mvregio.de/mvr/55034.html]