2007-08-23
Natürlich ist es unter politischer Bewertung falsch, von
gleichen Bildern zu sprechen!
- Warum Menschen aus der Bewegung, die nicht aus Rostock /
Mecklenburg-Vorpommern kommen, eine Aussage nicht
verstehen (konnten)
Die Globalisierungskritische Bewegung ist vielfältig und bunt – und das ist gut so.
Viele Stunden in der Vorbereitung der G8-Proteste wurde diskutiert, Meinungen und
Standpunkte ausgetauscht, Meinungen und Standpunkte gefestigte und/oder
revidiert – gegenüber Personen, Organisationen, Strukturen, Arbeitsweisen,
Vorurteilen, … .
Vielfältig wie die Bewegung, sind auch die Einschätzungen der Protesttage und seiner
einzelnen Teile im Vorfeld und während der Tage im Juni gewesen und werden sie
auch in der Auswertung und der Zukunft sein. Sie sind beeinflusst durch das
persönlich Erlebte, das durch andere Erzählte, das in den Medien gefärbte, die
Erwartungen und Hoffnungen aus dem Vorfeld, dem geografischen und politischen
Standpunkt zur Zeit einer Beobachtung, … .
Meine Sache ist es nicht, seitenlange Analysen zu Vorgängen und Entwicklungen zu
verfassen oder Kommentare zu den Handlungen unterschiedlicher, mir teilweise
unbekannter Strukturen, Organisationen oder Ansichten zu schreiben.
Ich bin eher
jemand, der versucht durch Taten zu überzeugen und der (auch gern im Bündnis mit
anderen) sich daran macht zu organisieren. In der gesamten Mobilisierung zu und
Vorbereitung der Proteste gegen den G8-Gipfel gibt es nicht wirklich viele schriftliche
inhaltliche Aussagen zum Protest, meist sind sie organisatorischer Art, von mir. Das
liegt nicht daran, dass ich keine politische Meinung hatte/habe, sondern daran, dass
ich auf Grund der Entwicklung der Protestvorbereitungen in eine Rolle geschlittert
bin, in der es mir vordergründig um die Organisation des Proteste gegen den G8-
Gipfel ging. Darum, dass die Bewegung in ihrer vollen Unterschiedlichkeit und
Vielfältigkeit in der Region Mecklenburg-Vorpommern, in der ich schon immer lebte
und zu Hause bin, in der ich seit 25 Jahren politisch aktiv bin, in der meine Familie
und viel FreundInnen leben und in der es wenig andere politisch aktive Personen
gibt, die in so viele unterschiedliche politische und gesellschaftliche Bereiche
Kontakte und teilweise Ansehen haben, ihren Protest zum Ausdruck bringen kann.
Ganz bewusst habe ich mich in vielen Bereichen zuerst der Organisation und erst in
zweiter Linie den Inhalten gewidmet. Für welche Inhalte und Standpunkte ich stehe,
ist seit langem grob feststehend und an meiner Biografie, Reden und Aufsätzen aus
der Vergangenheit aber auch meinen organisatorischen Tätigkeiten der
Vergangenheit einfach nachzuvollziehen. Da gibt es für den wirklich ehrlichen
Betrachter keine Widersprüche. Im Internet ist es über Suchmaschinen oder meine
Homepage www.montyschaedel.de für jeden öffentlich.
Widersprüche sind trotzdem offensichtlich dadurch aufgetreten, dass Äußerungen
von mit gegenüber VertreterInnen der Medien, teilweise nicht komplett wieder
gegeben wurden, teilweise in andere als die tatsächlichen Zusammenhänge gesetzt
wurden, unpolitisch und/oder von der Situation losgelöst betrachtet worden sind,
umgedeutet wurden, böswillig einseitig falsch interpretiert wurden, zur
Rechtfertigung eignen Unvermögens oder Fehlverhaltens herhalten mussten, … .
Das
sind Ergebnisse meines Handelns, die mir in den vergangenen Jahren der politischen
Arbeit mehrfach in unterschiedlicher Ausgeprägtheit begegnet sind und von einigen
gar bis vor Gerichte getrieben worden sind (mit dem Ergebnis von Einstellungen und
Freisprüchen für mich).
Meiner Meinung nach unterliegt das aber auch einer gewissen Gesetzmäßigkeit.
Denn jedeR deutet/interpretiert Gesagtes aus der eigenen Position heraus und die
muß nicht mit der des Sagenden identisch oder vergleichbar sein.
Bei einigen solcher
Begegnungen konnten die Missverständnisse ausgeräumt werden, bei anderen war
dieses von den Fehldeutern gar nicht erwünscht, da es in das politische Konzept
passte, die Fehldeutung weiter zu verbreiten.
Dieses wird auch bei diesem Text so sein. Es wird Menschen geben, die meine
Äußerungen jetzt als Rechtfertigung lesen – für sich oder für mich, andere werden
sie als “Zurückrudern“ durch mich deuten, wieder andere werden sagen, dass sie es
schon immer gewusst hätten und die von mir beabsichtigte Deutung des Textes
vornehmen oder das Gegenteil davon darein interpretieren.
Ich möchte hier versuchen, verschiedene von mir in den Tagen des Protestes in
Rostock und Umgebung getätigte in den von mir gewollten Zusammenhang zu
setzen und zur Klärung beitragen, denn nach meiner Beobachtung haben sich daran
verschiedene Diskussionen entwickelt, die meine Arbeit und mein Anliegen, und
darüber mich als politische Person, diskreditieren. Ich fühle mich von Teilen der
Protestbewegung missverstanden und falsch interpretiert.
Äußern werde ich mich jedoch nur zu solchen Diskussionen, bei denen ich davon
ausgehe, dass sie aus Unkenntnis über Zusammenhänge und meine Person
entstanden sind oder die auf Grund von falschen und verkürzten Interpretationen
sich entwickelt haben.
Auf böswillige und gewollte Angriffe gegen mich werde ich nicht eingehen, denn die
sind absichtlich, um über mich und die vorgebliche Kritik an mir und meinem
Handeln, den gesamten Protest oder Teile davon bewusst zu diskreditieren. Diese
Angriffe kommen vom politischen Gegner und sind deshalb wohl fast unmöglich zu
vermeiden – sonst kämen sie ja nicht vom politischen Gegner, der in dieser Form der
Klarstellung nicht zu überzeugen ist.
Ich werde hier auch keine Auswertung des gesamten Protestes vornehmen. Diese
Auswertung findet in vielen Gruppen, Foren und Hearings in den kommenden
Wochen statt. Auch da werden wieder subjektive Beobachtungen einfließen, so wie
in meine Erklärungen hier auch meine subjektiven Beobachtungen und Erlebnisse
hier einfließen. Ich möchte ausdrücklich betonen: Es sind meine Beobachtungen und
Erlebnisse die ich gemacht habe! Andere können und werden andere Beobachtungen
gemacht und andere Erlebnisse gehabt haben. Denen möchte ich gar nicht
absprechen, dass sie genauso richtig sind, wie das von mir erlebte, auch wenn es
vielleicht entgegen gesetzte Erlebnisse sein können.
Zu den Vorwürfen und Diskussionen um von mir getätigte Äußerungen im Einzelnen:
“Skandal: Monty Schädel setzt im ZDF-Interview die gestrigen Krawalle
mit dem Pogrom von Rostock-Lichtenhagen 1992 gleich!“ verbreitete
gipfelsoli.org am 03. Juni über die Internetseite an prominenter Stelle und löste
damit eine Diskussion aus, die sich wohl vor allem auf dem Camp in Reddelich
abspielte, teilweise auch darüber hinaus ging und bei indymedia geführt wurde, bei
mir erst über Hinweise nachfragende FreundInnen am Dienstagfrüh ankam (und zur
Zufriedenheit aller geklärt werden konnte) und dann über unterschiedliche Medien in
den weiteren Monaten weiter verbreitet wurde.
Im Auszug aus dem längeren Interview mit dem ZDF hier der eine Satz im Wortlaut
der für die o.g. Interpretation sorgte:
“Daß wir jetzt diese Bilder, die wir gerade auch als Rostocker Bündnis
vermeiden wollten, die Wiederholung von solchen Bildern die wir 1992
schon in Rostock bei dem Überfall auf das Asylbewerberheim hatten,
wieder hier aus Rostock haben, das ist ein großer Misserfolg, dass ist
das, was wir nicht wollten, was von uns nicht vorbereitet worden ist,
was wir auf keinen Fall gutheißen.”
Nur vom alleinigen Standpunkt der sachlichen Organisation der Demonstration und
der Proteste aus betrachtet, ist die im ZDF-spezial getätigte Äußerung auch heute
auch heute noch richtig. Sie ist aber natürlich falsch, wenn sie auch noch politisch
bewertet wird. Dieses habe ich in der damaligen Situation nicht getan, da ich auf
Grund der organisatorischen Tätigkeit in meiner Wahrnehmung situativ
eingeschränkt war
Gerade vor dem Hintergrund der Reaktionen auf diese Aussage und den
daraus entstandenen Diskussionen, ist die Aussage als Solche jedoch nicht
mehr haltbar, weil missverständlich. Wegen der Möglichkeit des
Missverstehens des Satzes ist er so falsch und hätte nicht gesagt werden
dürfen. (Wurde er aber.) Ich möchte versuchen dieses gerade zu rücken,
um Missverständnisse auszuräumen und den Zusammenhang zwischen
dem Satz und dem dahinter stehenden Gedanken deutlich zu machen.
Ausdrücken wollte ich:
Ausgehend vom Grundkonsens des Rostocker Bündnisses zur Vorbereitung der G8-
Protest, einem relativ losen Bündnis aus ca. 60 Strukturen, Organisationen, Parteien,
Verbänden, Gewerkschaften, Vereinen, Initiativen und Einzelpersonen, zur
gemeinsamen Vorbereitung der Proteste in der Region Heiligendamm/Rostock
arbeitete ich als gewählter Koordinator des Bündnisses in den regionalen und
bundesweiten Strukturen des Protestes seit März 2006. Mit dem Gipfel in M-V
beschäftigt hatte ich mich bereits mit den ersten Anzeichen für eine eventuelle
Vergabe seit dem Herbst 2005. Machte ich die Arbeit bis zum 31.12.2006 noch neben
meiner Tätigkeit als Erzieher in einem Kindergarten in der Nähe von Rostock
zunächst vollständig ehrenamtlich, konnte ich nach meiner Wahl zum politischen
Geschäftsführer der Deutschen Friedensgesellschaft-Vereinigte
KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) vieles in meiner Arbeitszeit für die DFG-VK,
hauptamtlich, machen. Damit war ich der einzige hauptamtlich Beschäftigte in
Rostock, der sich um die Absicherung der Organisation aller Module und Strukturen
zum G8-Gipfel-Protest kümmerte. Unterstützung fand ich dabei durch wenige
ehrenamtlich Aktive aus den Modulen, den dissent-WG’s und den 2 Verantwortlichen
für den Gipfelprotest die sich in ihrer Arbeitszeit für den G8-Protest teilweise
freimachen konnten (1 Person “Kirche und G8“ und 1 Person Eine-Welt-Netzwerk-
MV) und überwiegend den Alternativgipfel vorbereiteten.
Unter den Bedingungen es aus meiner Wohnung zu organisieren und für alle Module
und alle Strukturen als Ansprechpartner und regionaler Organisator zur Verfügung zu
stehen, dabei keine finanziellen Mittel zur Verfügung zu haben, bereiteten wir
mehrere Veranstaltungen im Vorfeld, u.a. die drei Aktionskonferenzen, genauso vor,
wie wir auch in vielen Gesprächen und endlosen Diskussionen mit der Verwaltung die
ehemalige Ehm-Welk-Schule als Organisationsraum für die Module und das
Convergence-Center besorgten.
Bereits im Mai 2006 hatte ich im Auftrag des Rostocker Bündnisses für den gesamten
Stadtbereich täglich vom 02. bis zum 09. Juni eine Großdemonstration durch Rostock
angemeldet, um so die Stadt für ggf. geplante andere Demonstration der Nazis zu
sperren. Die von mir gewählten Routen der Anmeldung (die im nach hinein nach
Absprachen in der DemonstrationsAG geändert worden sind um geänderten
Bedingungen Rechnung zu tragen) begannen einerseits im Zentrum von Rostock und
am so genannten Sonnenblumenhaus in Rostock Lichtenhagen, an dem es 1992 zu
den weltweit bekannt gewordenen Pogrome gegen AsylbewerberInnen durch
Nazihorden und Beifallklatschende BewohnerInnen des Stadtteils gekommen war.
Ganz bewusst war dieser zweite Ort als Auftaktort einer Internationalen
Demonstration gegen die Politik der G8 gewählt worden. Denn das Rostocker G8-
Bündnis hatte sich nicht nur darauf verständigt, der gesamten Bewegung die nach
Rostock und Mecklenburg-Vorpommern kommt eine Infrastruktur zur Ausübung des
demokratischen und legitimen Protestes zu organisieren – egal welchem Spektrum
die Aktiven angehören (und einige der regionalen BündnisparterInnen mussten sich
einige Male dabei selbst überwinden und/oder auf die Zunge beißen, wenn sie mit
bestimmten Anforderungen oder Vorstellungen bundesweiter Strukturen konfrontiert
wurden) -, sondern auch darauf, der Welt andere Bilder als die der
ausländerfeindliche Pogrome von 1992 zu liefern.
Die in der Region aktiven Menschen wollten endlich beweisen, dass es in
Rostock nicht nur Nazis oder gewalttätige Auseinandersetzungen gibt, wie
es ihnen mit der Rückschau auf 1992 immer wieder und weltweit
vorgehalten wurde. Die Aktiven wollten Bilder aus der Stadt um die Welt
schicken, die bunten vielfältigen demokratischen Protest zum Ausdruck
bringen. Das war einer der wichtigsten Konsenspunkte der
Zusammenarbeit im Rostocker Bündnis!
Dieses Trauma für die Menschen in der Stadt und der Region, egal ob sie
politisch aktiv sind oder nicht, ob sie jünger oder älter sind, hat diese Stadt und die
Region im Griff. Die konzentriert Vorbereitung des gesamten Protestes durch uns
sollte dieses Griff lockern und die Stadt weltoffen und so präsentieren, dass die
Menschen gern und ohne Vorurteil nach Rostock kommen (denn Tourismus ist es,
wovon diese Region lebt). Und das dieser Griff auch von globalisierungskritischen
Bewegung im allgemeinen und auch von der radikalen Linken im Konkreten nicht
lockerer ist, machten letztlich die Diskussionen um den Tagungsort der zweiten
Aktionskonferenz im November 2006 sehr deutlich.
Nachdem mit viel Einsatz in der Stadt Rostock endlich ein geeignetes Objekt zur
Durchführung der zweiten Aktionskonferenz gefunden worden war, kamen nach den
ersten Beschreibungen der Lage und dem Blick auf den Stadtplan im Internet
Forderungen aus der gesamten Bundesrepublik, diesen Tagungsort nicht zu wählen –
auf dem Stadtplan war deutlich zu lesen, dass die S-Bahnstation in der Nähe und der
Stadtteil auf der anderen Seite der Bahnschiene Rostock Lichtenhagen heißt. In
völliger Ignoranz der Entwicklungen von 14 Jahren wurden die Pogrome von 1992
den Bedingungen von heute gleichgesetzt – der historische Vorgang hatte auch in
der radikalen Linken seine Spuren hinterlassen, ein Reflex wurde ausgelöst, in den
Stadteilen wurden massenhaft Nazis in organisierter Form erwartet, ohne dass
jemand jemals in Lichtenhagen oder dem angrenzenden Stadtteil gewesen war. –
Das Trauma einer ganzen Stadt / Region die vom Tourismus abhängig ist um
überhaupt überleben zu können, wurde auch von der globalisierungskritischen
Bewegung, und hier vor allem der radikalen Linken die sich ja überwiegend auf den
Aktionskonferenzen traf, ignoriert statt denn geheilt zu werden. Das vielfach
angekündigte „Mitnehmen der Bevölkerung Mecklenburg-Vorpommerns durch den
Protest“ wurde durch ein Vorurteil, ausgelöst durch ein historisches Ereignis, beiseite
gelegt und die Bewohner des Stadtteils, die heute in großen Teilen ganz andere sind
als noch 1992, wurde Ausländerfeindlichkeit unterstellt. Ob das in Solingen oder
anderen Städten auch passiert (da leben ähnlich viele Menschen) weiß ich nicht, hier
drück(t)en sie jedoch ein unzulässige Gleichmacherei aus.
Dieses hat nicht so viel mit den allgemeinen politischen Diskussionen und Ansichten
die in ihrer Unterschiedlichkeit in der globalisierungskritischen Bewegung bestehen
zu tun, sie haben auch nichts mit einer Verharmlosung des Geschehenen 1992 zu tun
– sie haben etwas damit zu tun, dass mensch in der Stadt von heute sich
ohnmächtig gegen über den Vorwürfen sieht, etwas für die Vorgänge 1992 zu
können. Es ist eine einfache Gefühlssache. Denn gerade auch viele der Aktiven im
Rostocker G8-Bündnis waren und sind aktiv im Wirken gegen Nazistrukturen. Einige
waren bereits so wie ich 1992 mit dabei, als der Protest gegen den faschistischen
Mob organisiert wurde oder auch von der Polizei verprügelt und abgeführt wurde.
Wer dieses nicht mit zur Kenntnis nimmt, ist meiner Ansicht nach mit dem eigenen
Ansinnen die Bevölkerung der Region mit in den globalisierungskritischen Widerstand
mitzunehmen, nicht wirklich glaubwürdig.
Dieses vorangestellt, komme ich zu dem Zitat von den Bildern. Wenn das Rostocker
Bündnis, seine Aktiven oder auch ich in Vorträgen bundesweit oder den
bundesweiten Beratungen des Hannover-Kreises oder aber auf bei der Vorstellung
auf den Aktionskonferenzen von Bildern sprach, waren wirklich nur Bilder (technisch:
Lichtabdrucke auf einer Unterlage) gemeint. Werbetechnisch!
Es ist erstaunlich, dass sich an der von mir/uns genutzten Formulierung erst nach der
Demonstration vom 02. Juni eine Diskussion entwickelt. Der Grundkonsens des
Rostocker Bündnisses ist auf der Internetseite aus Rostock
www.heiligendamm2007.org seit Februar 2007 präsent und wurde sowohl in den
Medien wie auch den unterschiedlichsten genannten Veranstaltungen durch
unterschiedliche Aktive verbreitet.
Es ist für mich nicht klar, warum es, wenn es denn so viel Kritik an dieser
Formulierung gibt dass die Diskussion bis heute anhält, diese nicht vorher schon
geäußert worden ist?
Warum wurde nur die Formulierung im ZDF und nicht auch die in einigen Zeitungen
oder bei stern.de genauso kritisiert wo ich auch von vergleichbaren Bildern sprach?
Nicht einmal im Nachhinein wurde sich in den Diskussionen auf andere Quellen
bezogen sondern allein auf die Interpretation bei gipfelsoli.org?
Warum wurde denn nur diese Interpretation in das von mir Gesagte veröffentlicht?
Neben dem Nazimob gab es doch auch andere Bilder, die 1992 und 2007 identisch
waren: Überforderte und aggressive Polizisten, keine erkennbare Taktik der Polizei,
Feuer auf der Straße, die Jagd von Antifaschisten durch die Polizei, Wasserwerfer die
wild umher fahren und ihr Wasser irgendwo hin versprühen … . Aus einzelnen dieser
Punkte hätte dann bei gleichem Wortlaut von mir durch gipfelsoli.org auch
interpretiert werden können:
Schädel erhebt im ZDF-Interview schwere Vorwürfe gegen die Polizei.
Polizei produziert gleiche Bilder wie 1992 in Rostock Lichtenhagen.
Aggressives Vorgehen gegen Antifaschisten, unkoordiniertes Agieren
anstelle die Situation zu entschärfen. Nichts gelernt!
Wurde aber nicht! Stattdessen wurde mir unterstellt, ich würde den “Steineprotest“
im Stadthafen, der auch heute noch nicht meine Zustimmung findet, nach meiner
Ansicht auch wirklich nicht der gewünschte Abschluss der von mir angemeldeten und
maßgeblich mit organisierten Demonstration war, unkritisch verdammen. Ich wurde
nicht nach meiner Einschätzung gefragt, sondern in den Topf mit denjenigen
geworfen, die sich teilweise noch vor dem Ende der Demonstration/Kundgebung
distanzierten. Dabei war ich eben mitten drin in den Auseinandersetzungen auf dem
Stadthafen und den angrenzenden Straßen. Versuchte (wenn auch mit nicht wirklich
tauglichen Methoden – vergl. Film auf spiegel-online) die Polizei von “meinem“
Demonstrationsplatz zu bekommen. Ich stand mit Aktiven, die in den kommenden
Tagen dann als Autonome, Schwarzer Block, Anarchisten verunglimpft wurden
zwischen der Polizei und denjenigen, die meinten, durch das Schmeißen von Steinen
Politik machen zu können/müssen, um noch das zu retten was von “meiner“
Demonstration noch zu retten ist.
Denn als Anmelder und Demonstrationsleiter gibt es auch gewissen (auch rechtliche)
Verantwortungen die es auszufüllen gilt und für die er/sie (dann) verantwortlich
gemacht werde. Eine davon ist, dass die Demonstrationsteilnehmenden vor der
Polizeigewalt geschützt werden. Eine Auflösung der Demonstration kam für mich so
niemals in betracht. Eine pauschale Distanzierung vom Schwarzen Block oder den
Autonomen hat es trotz des nicht gewollten Ausgangs der Demonstration auch im
Nachgang nicht gegeben. Von Gewalttaten habe ich mich im Vorfeld distanziert und
von Steinewerfern werde ich das auch in Zukunft tun.
Das sind nicht meine
Protestformen!
Ebenso an diesem Punkt möchte ich auf die Diskussion unter den unterschiedlichen
Spektren in der Vorbereitungszeit zu den G8-Protesten zurückkommen. Diese
machen nämlich deutlich, denke ich, dass die mir unterstellte falschen Interpretation
meiner Aussage, dass ich genau das falsch interpretierte gemeint habe(n könnte),
bei genauerem Hinsehen völlig abwegig ist.
Ohne, dass mit mir gesprochen wurde oder auch nur nachgefragt wurde, wurde
unterstellt, dass ich es so (falsch) gemeint haben könnte.
Die Frage daraus für mich: Mit wem habe ich da in den letzten Monaten zusammen
gearbeitet? Die, die diese falsche Interpretation in die Welt gebracht haben, haben
sich diese Frage offensichtlich nicht gestellt. Sie haben es als gegeben
angenommen!? – Was für mich umso mehr verwunderlich ist, weil daraus sich eine
weitere Frage ergibt:
Wie konnten sie es (ihre falsche Interpretation als richtig annehmend) in einer
monatelangen Zusammenarbeit nicht merken, was für ein Mensch ich bin? Oder noch
schlimmer: Wenn die das vorher schon wussten, was für ein Mensch ich bin (ihre
falsche Interpretation als richtig annehmend), wie konnten sie dann so lange mit mir
zusammen arbeiten?
Mit jemanden der die Pogrome von 1992 bagatellisiert? Das muß doch auffallen bei
so vielen Aktiven aus dem antifaschistischen Spektrum? Mit einem Rassisten!,
Ausländerfeind!, Nazi! (wie ich in Folge der Veröffentlichung der falschen
Interpretation bezeichnet worden bin)? Arbeiten die mit allen zusammen, wenn sie
keine anderen Kontakte vor Ort haben? …
Mehr wollte ich über diese Denkmöglichkeit und in diese Richtung gar nicht
nachdenken, denn es wird allein auch daran schon deutlich, wie abwegig diese
veröffentlichte Interpretation ist. Wenn sie auch nur einmal einwenig kontrolliert und
in einen realen Zusammenhang gesetzt worden wäre.
Abwegig für meine Person!
Abwegig für die Globalisierungskritische Bewegung wie wir sie gemeinsam darstellen!
Abwegig selbst für die, die die Interpretation in die Welt gesetzt haben!
Doch wie sieht es mit der gegenseitigen Akzeptanz aus? Muss ich nur die anderen
mit ihren anderen Widerstands- und Protestformen achten und akzeptieren oder gilt
das auch für meine Widerstands- und Protestformen? Für die Demonstration wurde
sich nach langen Diskussionen darauf geeinigt, dass es keine Provokation von
unserer Seite geben wird und dass zu unserer Demonstration jedeR kommen kann,
egal welchen Alters und mit welchem Handycap. Übersetz für andere Spektren: Es
wird aus unserer Sicht eine friedliche gewaltfreie Demonstration.
Für mich als Pazifisten sind gewalttätige politische Auseinandersetzungen nicht
akzeptabel. Deshalb, weil es nicht meine politischen Mittel sind und weil es einen
anderen Konsens für diese Demonstration gab, habe ich mich in den folgenden
Tagen allein von den Steinewerfern distanziert. Da gibt es für mich auch keine
Spielraum. Gleichzeitig habe ich jedoch auch sehr entschieden das Agieren der Polizei
als aggressiv, unprofessionell, stümperhaft und eskalierend/nicht deeskalierend
kritisiert.
Das bracht mir ein, dass ich in einige Medien allein mit der Kritik an dem
Polizeieinsatz und in anderen allein mit der Kritik an den Steineschmeißern zitiert
wurde. Die Reaktionen mir gegenüber waren entsprechend: Die Einen, von denen
dann auch mindestens einer aus dem von mir vertretenen Verband austrat,
kritisierten mich, wegen der “einseitigen Kritik an dem Polizeieinsatz gegen die
Gewalttäter“ (oder so ähnlich) , die Anderen kritisierten mich, weil ich angeblich
“dem Druck der Öffentlichkeit nachgab“, “mich von Demonstrationsteilnehmenden
distanzierte“ oder “ohne Kritik am Polizeieinsatz bei der Polizei entschuldigte“.
Doch wer etwas über meine Lebenseinstellung wissen will und sich ehrlich mit mir
auseinander setzen will, braucht sich ja nicht nur meine Biografie anzusehen und das
was ich in den vergangenen Jahren gemacht habe. Mit bösartigen Unterstellungen
andererseits wird keine wirkliche Auseinandersetzung oder Diskussion möglich sein.
Wer seine (Vor)Urteile lediglich bestätigen will, macht sich an das Interpretieren! Da
ist dann nichts zu machen.
Bis heute hat im Übrigen niemand, der/die diese falschen Interpretationen meiner
Aussage verwendet hat, sich mit mir dazu in Kontakt gesetzt und nachgefragt.
Ebenso bemerkenswert an den Vorwürfen gegen mich in Zusammenhang mit den
von mir gemachten Aussage finde ich jedoch, dass viele dieser Vorwürfe und deren
ständige Wiederholung oftmals von Menschen kommen/kamen,
- die ich nicht kenne und die mich nicht kennen oder
- die nicht 1992 und auch nicht 2007 in Rostock waren oder
- die die Situation in Rostock nicht kennen und deshalb gar nicht nachvollziehen
können/konnten oder diese Situation nicht nachvollziehen woll(t)en oder
- die sich über mich und die Proteste lediglich über Medien und Erzählungen
informierten oder
- die ausschließlich nur einen Teil meiner Aussagen verwendeten und sich
offensichtlich nicht über meine Person und (politischen und organisatorischen)
Hintergründe informierten oder
- die den bürgerlichen Medien ansonsten nicht über den Weg trauen oder gar
der Lüge bezichtigen, jetzt aber alles eins zu eins übernehmen oder
- die offensichtlich wenig Erfahrung und/oder Verständnis für unterschiedliche
Aufgaben und Stellungen im Ablauf von politischen Protesten in der
Bundesrepublik unter der Ausnutzung von gesetzlich garantierten
Grundrechten (Demonstrationsrecht) hatten/haben oder
die einfach nur ihre Feindbilder innerhalb der globalisierungskritischen Bewegung pflegen wollten/wollen (wenn sie mich zum attac-Sprecher oder
attac-Funktionär, Sprecher der Autonomen oder Gewalttäter, Sprecher der
Interventionistischen Linken, … stilisierten).
Das macht meine Aussage der vergleichenden Bilder (politisch bewertet) nicht
richtig, doch bemerkenswert finde ich es schon, wer sich so zum/zur RichterIn über
meine Aussagen macht. Aber es gibt eben Menschen, die sind gleicher als alle
anderen.
Ich unterstelle, dass es, genauso wie bei anderen aus der Bewegung, bei
einige Medien und auch bei mir, unbewusst Fehler und Fehlurteile in der
Aufgeregtheit der Situation der Tage im Juni 2007 gegeben hat und dieses
zu Fehlinterpretationen geführt hat. Das passiert, wenn nicht alle Fakten
und Daten bekannt sind und auf Grund anderer unterschiedlichster
Umstände nicht bedacht werden. Den Anlass für die o.g. Zitate habe ich
geliefert, weil ich mich, der Situation geschuldet, teilweise, vor allem für
Menschen die nicht aus Mecklenburg-Vorpommern / Rostock kommen,
unpräzise ausgedrückt habe oder ich unvollständig wiedergegeben wurde.
Das bitte ich, soweit es in meiner Verantwortung liegt, als
Fehleingeständnis durch mich zur Kenntnis zu nehmen und die Aussage
nur noch mit dem von mir gewollten Inhalt und Hintergrund zu
verwenden.
Andere gegen mich hier und da ins Feld geführte aus den Zusammenhang
gerissenen Zitate (dabei meine ich nicht nur den Zusammenhang eines Satzes,
Textes oder Interviews sondern auch den situativen Zusammenhang und den
meiner Biografie und meines bisherigen Wirkens), davon bin ich überzeugt,
entbehren ebenso einer realen Grundlage, wie die, dass ich die Pogrome von 1992
bagatellisieren würde oder dass die Auseinandersetzung von 2007 und 1992 in ihrer
politische Bedeutung vergleichbar wären.
So habe ich natürlich nicht, wie in der jungen welt durch Rüdiger Göbel am
05.06.2007 behauptet, im Interview im heute-journal vom 03.06.2007 zur
Denunziation von GenossInnen bei der Polizei aufgerufen oder dieses gar getan. In
meiner Antwort auf die sinngemäße Frage “Würde sie mit der Polizei
Zusammenarbeiten und die Namen der Gewalttäter nennen?“ antwortete ich
(sinngemäß) als Anmelder von 22 einzelnen Veranstaltungen und Demonstrationen
in der Zeit des Protestes in Rostock/Heiligendamm, dass “ich natürlich mit der Polizei
zusammenarbeite, mir aber keine Gewalttäter bekannt sind“.
Wer mir die Zusammenarbeit mit der Polizei in solch einer Situation, am Beginn der
Demonstrationszeit als Anmelder vieler Demonstrationen, negativ auslegt, hat dann
entweder kein Wissen über demonstrationstechnische Abläufe, wo der Anmelder
natürlich auch mal mit der Polizei “zusammenarbeiten“ muß, oder bedient auch nur
die eigenen (Vor)Urteile über einige in der Protestbewegung, die in diesen Tagen
sich auch in den Medien äußerten.
Eine Negierung der Zusammenarbeit mit der Polizei, die im Einzelnen nicht verifiziert
wurde, durch mich in der Öffentlichkeit, hätte auch die Durchführung weiterer
Demonstrationen und Veranstaltungen die ich angemeldet hatte unnötig gefährdet;
z.B. die am migrationspolitischen Aktionstag (Montag 04.06.2007) am
Sonnenblumenhaus in Lichtenhagen, am Lidl in Lütten Klein, an der
Ausländerbehörde, die große Demo vom Flüchtlingsheim aus oder an den anderen
Tagen im Stadthafen bis zur Abschlusskundgebung. Immer hatte ich da im Vorfeld
der Tage im Juni und auch während der Proteste auf einer Arbeitsebene Kontakt mit
der Polizei/KAVALA.
Dass ich GenossInnen der Polizei ausliefere, noch dazu wo sie mir gar nicht bekannt
sind (wenn es so bleibt, werde ich auch in Zukunft erst gar nicht in die Verlegenheit
kommen) ist völlig abwegig und mir als Vorwurf in meiner politischen Arbeit noch
nicht vor gekommen. Aber wenn die Kreise des Protestes größer werden, werden die
Kenntnisse über handelnde Personen bei dem/der Einzelnen eben natürlich auch
kleiner. Um Personen politisch oder persönlich nicht zu beschädigen sollte in solchen
Situationen Vorwürfe sparsam dosiert und erst recht nicht ohne Nachfrage oder
ordentlicher Recherche verwand werden. Die übliche Skepsis gegenüber bürgerlichen
Medien sollte auch dann nicht beiseite gelegt werden.
In diesem Sinne hoffe ich auf eine faire Auseinandersetzung über unterschiedliche
politische Positionen und Aussagen (die in der Situation als richtig erscheinen aber
manchmal vielleicht in der Situation auch nicht ganz bis zum Ende gedacht sind). Ich
stehe zu meinem Wort und dem Gesagten, ich lasse mich aber auch gern belehren,
um notfalls Falsches wieder zurück zunehmen.
Es kommt vor allem auch darauf an, dass miteinander und nicht
übereinander geredet wird, denn sonst sind wir wohl nicht anders,
geschweige denn besser, als diejenigen, die wir kritisieren.
Mit friedlichen Grüßen
Monty Schädel
im August 2007
http://www.montys.de/dateien/themen/heiligendamm07/bilder_erwiderung.pdf