2002-12-07
Doku: mit diesem Brief fordern vier Menschen, die beim Überfall der Polizei auf die Menschen in der Diaz-Schule dabei waren. Sie fordern die Zurücknahme des Antrags auf Einstellung des Verfahrens und nehmen dazu Stellung.
"Wir waren in der Diaz Schule, bitte macht uns den Prozess"
In der Nacht des 21. Juli 2001 waren wir in der Diaz-Schule. Heute haben wir einen Antrag zu stellen: wir bitten darum, dass man uns den Prozess macht. Der Staatsanwalt hat gestern unter anderem beantragt, dass die Anklagen gegen uns wegen Widerstand gegen Staatsbeamte, multipler und schwerer Körperverletzung und Waffenbesitz fallen gelassen werden. Nach Ansicht des Staatsanwaltes müssen diese Vorwürfe eingestellt werden, weil - so schreibt er - "die individuelle Identifikation der Verantwortlichen durch die Kriminalpolizei sich als mangelhaft herausgestellt hat." Im Prinzip wird dem Untersuchungsrichter der Freispruch vorgeschlagen, weil es nicht möglich ist festzustellen, wer unter den 93, die bei der Mattanza [1] dieser Nacht widerstand geleistet, die Polizisten angegriffen und die Waffen besessen hätte.
Zu dieser Begründung sagen wir nein. Wir ziehen einen Prozess vor: Wir wollen, dass alle Vorwürfe öffentlich gemacht werden. Wir haben nichts zu befürchten und glauben vor allem, dass alle Bürger das Recht haben zu erfahren, ob und wie jemand bei der Rekonstruktion der Ereignisse in der Diaz-Schule gelogen hat. In der Anordnung des Staatsanwalts ist von Angriffenn die Rede, deren Leidtragende die Polizisten gewesen seien, aber bezüglich des Schwerwiegendsten Vorfalls, dem vom Polisten Nucera unterstellten Messerstechen, zitiert der Staatsanwalt höchstselbst das Gutachten der Ris [2] der Carabinieri, das seine Version dementiert. Immer noch der Staatsanwalt schreibt, dass "andere Beamte Verletzungen von bescheidenster Größenordnung davontrugen, die bei manchen unabhängig von Handlungen der Bestzer [3] waren. Uns ist bekannt, dass ein großer Teil dieser Polizisten vor den Richtern sogar von dem Recht auf Aussageverweigerung gebrauch gemacht haben. Hatten sie vielleicht angst, die erlittenen Übergriffe zu schildern?
Der Staatsanwalt wirft uns auch deshalb Widerstand vor, weil vor dem Sturm jemand von innen das Zauntor und den Eingang der Schule verschloss. Er zitiert auch den Wurf von Gegenständen aus den Fenstern. Es sind Verdachtsmomente einer Straftat, die wir während einem Prozess bewerten könnten, zum Zweck einer gründlichen Rekonstruktion aller in der Diaz und während der G8-Tage vorgefallenen Ereignisse. In dieser Schule sind wir auf die wildeste Art verprügelt worden. Wir sind auf Rettungstragen und als Gefangene aus ihr herausgekommen, während der Polizeisprecher den Journalisten erklärte, dass unser Blut und unsere mit Schlagstöcken gebrochene Knochen "vorherige Verletzungen" [4] seien. Die Verhaftung war durch das Auffinden von "Waffen" begründet worden, zwei Molotow-Cocktails im inneren der Schule. Heute wissen wir von den Aussagen der Polizisten selbst, dass die beiden Molotows von der Polizei dorthin gebracht worden waren: aus diesem Grund wird gegen einfache Beamte und Polizeifunktionäre ermittelt.
Ist das alles normal? Ist das normal, dass die Polizei eine als "Durchsuchung" getarnte Prügelorgie (63 Menschen landeten im Krankenhaus) auf derart falsche und oft ehrenrührige Weise rekonstruiert? Wir wollen die größte Transparenz, daher nehmen wir eine derart zweideutige Einstellung der Verfahren nicht an. Die Aktion in der Diaz-Schule ist eine mit falschen und rückhaltlosen offiziellen Erklärungen systematische Prügelaktion gewesen. Als Opfer und als Bürger haben wir das Recht, Rechenschaft zu verlangen. Wir wollen den Prozess, damit die Polizisten öffentlich ihre Beschuldigungen darlegen können Wir werden unseren Teil sagen. Wir haben den Vorteil, dass wir nichts zu verbergen haben.
A.C., L.G., M.B., G.B.
Bilder, um nicht zu vergessen:
http://italy.indymedia.org/news/2001/08/14086_comment.php#14081
http://italy.indymedia.org/news/2002/01/36256_comment.php#36250
[indymedia.de, von r.f. - 07.12.2002 12:50]