2002-11-16 

BIS ZU 50.000 IN ROM

Übersetzung eines Berichts auf indy.it. über die Demonstration in Rom (eine von vielen Demonstrationen)gegen die Repressionswelle gegen die no-global-Bewegung. War übrigens die offizielle ESF Protestveranstaltung zur Sache. Praktisch eine Spontandemo, nahmen bis zu 50.000 Leute an ihr Teil. Die Polizei gab der ungeheuren aufgelaufen Masse nach und ließ sie durch zum Regierungspalast. Die Demonstration konnte über die zunächst abgesicherte Edelmeile der Stadt nicht weniger als das Herz des Regierungsviertels erreichen, um dort zum Abschluss zu kommen. Ein großes kleines Ereignis in den Ereignissen.

Der Repressionsakt meint die ganze Bewegung, da sind sich Hunderttausende sicher
Ein bedeckter Himmel und ein warmer Schirokkowind erwarten die Demonstrationsteilnehmer auf der Piazza della Repubblica. Tausendfarbige Transparente und 6000 Leute sind schon lange vor dem Demonstrationsauftakt vor Ort: die "people of the movement" gehen wenige Tage nach Florenz zurück auf die Straße.

Obwohl die letzten Aktionen der Staatsanwaltschaft von Cosenza bestrebt sind, die no globals als subversiv zu stilisieren, überqueren die Menschen, die nicht wegen der Demonstration sind den Platz, ohne zu fürchten, sich so unter die "Subversiven" zu mischen, die Geschäfte bleiben geöffnet und niemand fürchtet, sich mit einem zerschlagenen Schaufenster wiederzufinden.

Um 16,30 geht es los, bei einem heißen, windstarken Sonnenenuntergang, in Richtung der Via Cavour. Die Demonstration wächst und wächst, es kommen immer mehr Menschen hinzu, und reihen sich Hinter dem Leittransparent ein. Die Parole ist, "Die Bewegung wird nicht verhaftet. Jeder und Jede Frei. Heute findet der Sonneuntergang die innenstadt voller Sound Systems und Fahnen vor. Die Demonstration geht durch di Via Cavour und sogar die Modeboutiquen machen nicht dicht. Das Ende verlässt Piazza della Repubblica erst als die demonstration schon fast an der Via die Fori imperiali angekommen ist. Die Stimmung ist ruhig, es wird geredet, Musik gehört, man ruft Parolen die die Befreiung der inhaftierten AktivistInnen einfirdern.

Um 17,38 erreicht die Demo Piazza Venezia. Der einzige stärker polizeilich belagerte Ort, die Ordnungskräfte versperren den Zugang zur [Edelmeile] Via del Corso mit etwa Zehn gepanzerten Einsatzwagen. Die Demonstration fließt nicht ab zur Piazza Santissimi Apostoli, die überhaupt zu klein ist, um eine Demonstration aufzunehmen, die inzwischen die 50.000 Teilnehmer erreicht. Alle bleiben auf der Piazza Venezia stehen, gegenüber der Straße, die zum Regierungspalast führt. Der Platz füllt sich. Es ist dunkel. Die Sonne ist schon eine ganze Weile untergegangen, aber der Platz erscheint heller als sonst, dank der Parolen, der Chöre, der wehenden Fahnen. Das ist der bewegende Augenblick. Der Platz ist voll mit Menschen. Die Einsatzwagen öffnen sich. Die Spaliere der Ordnungskräfte stellen sich wie sie sich immer vor einer Demonstrationsspitze aufstellen auf und beginnen, zurückzuweichen. Die Demonstration betritt die [Edelmeile der Schickeria] Via del Corso des Samstagabend, auf der die Leute zwischen den berühmtesten Läden Italiens flanieren und shoppen.

Viele, die Gefühle, die sich ansammeln: die Gesichter der verdutzten shoppenden Römer, die zurückweichenden Polizeispaliere, Piazza Colonna und das Parlamentsgebäude, wie sie näher rücken.... Das Gefühl ist das eines "sich die Stadt zurück erobern" , aber die ganze Stadt, auch den Teil, der wegen der starken institutionellen Belegung unzugänglich ist, auch der Teil der Stadt, der für Touristen und reiche extra aufgemöbelt wurde. Und endlich erreicht man Piazza Colonna, die Arkaden nehmen die Farbe der Fahnen und der Transparente an, die Masse Schaut in Richtung des Regierungsgebäudes und stimmt die Parole "Siamo tutti sovversivi"-"Wir sind alle Subversiv" ein. Aber...... auch hier, die gleiche Feststellung: die Läden machen nicht dicht. Als wollten sie unterstreichen, dass es niemand gelungen ist und gelingen wird, uns als "die, die im Unrecht sind" stilisieren, wie die, die sie gerne als solche, die Verwüstungen anrichten, in Florenz gesehen hätten. Im namen der Freiheit [ Offizielles Motto der von der ESF-Organisation veranstalteten Demonstration] waren wir am Schluss 40-50.000.

Im Namen der Freiheit haben wir die römische Innenstadt voller Fahnen gesehen, die Zentren der Macht umzingelt von Transparenten und vor allem von einer großen Wärme, von viel Sozialisation, viel Lust, entschlossen zu sein und weiterzukommen. Bleiben der bedeckte Himmel, der sich inzwischen rötlich gefärbt hat, und der warme Schirokkowind der uns begleitete über Rom? Ja, aber nicht nur. Es bleibt die Freude, soviele zu sein, es bleibt die Verpflichtung, den wieder zur Freiheit zurückzuführen, der sie jetzt nicht hat, es bleibt die Erinnerung an eine Fahne mit einem A in einem Kreis auf der Piazza Colonna, es bleiben Tausend Emotionen eines besonderen Roms. Im Namen der Freiheit sind wir sicher weniger gewesen, als wir gerne gewollt hätten, aber sicher auch mehr als sie gerne hätten.

Im Namen der Freiheit.
Legrand

[Indymedia.de, von r.f. - 16.11.2002 21:06]