2002-07-07
der Weg ist das Ziel, deswegen Fahrrad (und Bauwagen?) Karawane durch den Balkan Derzeit ist noch unbekannt, welche Fiesheiten auf dem EU-Gipfel in Thessaloniki der Öffentlichkeit präsentiert werden. Jedoch darf mensch sicher sein, dass die EU-Osterweiterung, die Abschottung der EU-Grenzen - insbesondere im Osten - gegenüber MigrantInnen und die Militärpräsenz führender EU-Staaten im Balkan auf der Agenda stehen dürfte. Auch die weitere Durchkapitalisierung des Balkans nach der Zerschlagung Yugoslaviens, die Zurichtung der dortigen Wirtschaft auf die Kapitalinteressen der großen EU-Konzerne wird politisch weiter abgesichert. Mal abgesehen von so großen Ereignissen wie dem Krieg im Kosovo und dem Kriegsverbrecherprozess in Den Haag ist das Interesse auch der breiteren linken Öffentlichkeit hierzulande an den Entwicklungen auf dem Balkan eher mager. Angesichts der immensen ökonomischen und militärstrategischen Bedeutung, die dem Balkan in der ihm zugedachten Rolle als deutsch- europäischer Hinterhof und als Brücke zum EU-Beitrittskandidaten und Natopartner Türkei zukommt, ist dies unverständlich.
Vielleicht liegt das mangelnde Interesse ja an der Komplexität der dortigen politischen Strukturen. Das alte linke Erklärungsmuster, dass über das Konstrukt von Ethnien und von Volksidentitäten durch die Herrschenden es nicht dazu kommt, dass soziale Unterschiede im Kampf mit den Kapitalfraktionen aufgehoben werden, sondern dass diese Unterschiede im Kampf zwischen diesen sogenannten Ethnien stabilisiert werden, haben nichts von ihrer Wahrheit eingebüßt. Allerdings taugt ein historisierender Erklärungsansatz nur dazu, den Überblick nicht zu verlieren. Konkrete politische Lösungen müssen eben von der Tatsache ausgehen, dass sich fast die komplette Weltbevölkerung - so bescheuert das auch ist - als ethnisch irgendwo zugehörig betrachten will und darin sein Heil sucht. Gegen diese Heilslösungen gilt es argumentativ anzukämpfen. Die SchreiberInnen dieses Aufrufes geben freimütig zu, absolut keine Ahnung von der Situation auf dem Balkan zu haben, aber wir haben Interesse daran, mit Gleichgesinnten diese Situationen zu erfahren. Wir möchten Kontakt zu linksradikalen Oppositionsgruppen aufbauen. Wir möchten deren Arbeitsweise kennenlernen, wir möchten mit ihnen streiten und - wenn sich ein tragfähigeres Fundament entwickelt - gemeinsam Aktionen vor Ort machen. Die vergangenen Gipfeltreffen - Gegenaktionen - oft verspottet als unpolitischer Urlaub mit Eventcharakter - hat doch eines bewirkt. Die "Globalisierung" auch des Protestes kann Weitblick verschaffen. Wir schauen ein bisschen mehr über die Grenzen - und sehen, dass Widerstand nicht immer so ablaufen muss wie mensch das in seinem "nationalen" Erfahrungshorizont kennensgelernt hat. Das lässt zumindest die Perspektive des Widerstandes interessanter erscheinen.
Technics. Vorgaben zur Reisedauer, Fahrtgeschwindigkeit, zum Komfort zur Relation Pausetage/Fahrtage/Aktionstage machen wir zunächst nicht. Wir wollen nämlich das möglichst viele sich melden, die an einen solchen Projekt Interesse haben. Ein Vorbereitungstreffen findet während des Grenzcamps in Straßbourg statt. Dort können wir dann gemeinsam überlegen, was wir genau machen wollen. Und wir können auch schon mal überlegen, was zu tun ist, wenn - wir schon am ersten Grenzübergang gestoppt werden. Dies nur als Hinweis, es gibt - von Deutschland ausgesehen- mindestens fünf Grenzen zu passieren. Und fünf Länder mit unterschiedlichen Situationen. Dafür gibt's viel vorzubereiten, daher fangen wir auch jetzt schon mal an. Und ein Hinweis für die, denen Übermut und "Helden"taten nie genug sein können. Wir wollen öffentlich wirken und politische Aktionen machen. Wir wollen aber keine Ramboaktionen gegen nationalistische Söldner, Besatzungssoldaten oder sonst einen Scheiß, bei denen wir in Lebensgefahr kommen. Für diejenigen- die schon mal eine der letztjährigen Radelkarawanen mitgemacht haben. Trotz vieler Unterschiede, - so ungefähr soll's auch diesmal werden. Nun hoffen wir auf ein fettes Treffen mit vielen spannenden Ideen in Straßbourg. Kann das vielleicht jemand in andere Sprachen übersetzen - so sinngemäß und dann ins Netz stellen
Vorläufiger Kontakt: openup@gmx.li