2002-02-08 

Februar: Update Anklagen und Urteile

SCHWEDISCHES OBERLANDESGERICHT VERURTEILT
INFOZENTRALE [8.2.2002]

Heute wurde im Revisionsverfahren gegen acht
Jugendlichen, die bereits wegen Anstiftung zum
schweren Landfriedensbruch während des EU-Gipfels in
Göteborg verurteilt wurden, das Urteil verkündet.
Die Jugendlichen im Alter zwischen 19 und 24 Jahren
wurden zu Haftstrafen zwischen einem Jahr und vier
Monaten und zwei Jahren und vier Monaten verurteilt.
In erster Instanz lag das Strafmaß zwischen drei und
vier Jahren Haft. Damit setzte das Gericht das in
der ersten Instanz verkündete Strafmaß herunter.
Begründet wurde das Urteil damit, dass die
angeklagten Personen mit dem Versenden von SMS-
Nachrichten im ihrer Tätigkeit als Infozentrale
Beihilfe zum schweren Landfriedensbruch geleistet
hätten. Da aber weiterhin Unklarheit über das
Versenden bestehe, wurde die Verurteilung von
Anstiftung zu Beihilfe geändert. Das Gericht
bestätigte aber die Polizeidarstellung über die
organisatorische Bedeutung der Infostruktur bei den
Ausschreitungen bei dem Hvitfeldska-Gymnasium.
Selbst nach der Abschwächung der Haftdauer ergibt
sich eins der härtesten Urteile im juristischen
Nachspiel des EU-Gipfels, laut schwedischen
Berichten. Die Angeklagten wurden im Verhältnis zu
anderen “Göteborg”-Urteilen härter bestraft, da das
Gericht das Vergehen als besonders schwerwiegend
einstufte. Besonders auffällig ist diese Härte auch
im Vergleich zu Urteilen wegen Beteiligung an
gewalttätigen Ausschreitungen, die bisher bei
durchschnittlich einem Jahr lag.
Ein Jugendlicher aus Linköping erhält zwei Jahre und
vier Monate Haft. Zwei weitere erhielten zwei Jahre
Haft und zwei andere wurden zu einem Jahr und acht
Monaten verurteilt. Die letzten drei Angeklagten
erhalten ein Jahr und zwei Monate Haft. Die
Haftstrafe bei den fünf letzt genannten fällt kurzer
aus auf Grund des jungen Alters der Angeklagten. Die
Verteidigung hatte in allen Fällen einen Freispruch
angestrebt.

LINKÖPINGSWOHNENDER ZU ZWEI JAHREN HAFT NACH EU-
KRAWALLEN VERURTEILT [31.01.2002]

Drei Jugendliche aus Linköping wurden am Donnerstag
[31.01] vor dem Göteborger Gericht dafür verurteilt,
dass sie an gewalttätigen Ausschreitungen während
des EU-Gipfels im Juni letzten Jahres beteiligt
waren.
Göteborg. Ein 23-jähriger Mann wurde zu zwei Jahren
Gefängnis unter anderem wegen schweren
Landfriedensbruch und versuchter schweren
Körperverletzung verurteilt. Zwei 18-jährige Frauen
wurden wegen schweren Landfriedensbruch zu
Bewährungsstrafe mit 175 Stunden gemeinnütziger
Arbeit verurteilt. Der Urteilsspruch des Gerichts
weicht von früheren Urteilen nach den EU-Krawallen
dadurch ab, dass man hier eine vorsichtige Haltung
gegenüber Filmmaterial als Beweismittel an den Tag
legt. Man schreibt im Spruch, dass die so genannten
Ingressfilme, die die Anklage präsentierte, also
Filme, die ein allgemeines Bild von den Krawallen
wiedergeben sollen, Sequenz sogar von anderen
Plätzen, als die an denen die behandelten Geschehen
sich abspielten, beinhalten. Aber die Angeklagten
“können natürlich nicht für andere Taten, als die
für die sie angeklagt werden, zur Verantwortung
gezogen werden.” Das Gericht verweist auch darauf,
dass die Filme aus zusammengeschnittenen Material
besteht, was mit sich bringt, dass die selbe Tat
mehrmals von verschiedenen Blickwinkeln aus
dokumentiert ist.
“Die Filme können deshalb den Eindruck vermitteln,
dass die gefilmten Personen aktiver waren als sie
wirklich waren,” heißt es weiter.
Teleobjektiv drückt zusammen
Des weiteren weist das Gericht darauf hin, dass das
Filmmaterial wahrheitsgemäß mit Teleobjektiv gefilmt
wurde, was bewirkt, dass das Bild zusammengedrückt
wird. Das bringt mit sich, dass die vorkommenden
Personen in den Filmen “aussehen, als ob sie sich
näher an der Polizei befinden als sie wirklich
waren”. Richter Gunnar Krantz, der das Urteil
verfasst hat, sagt gegenüber der Nachrichtenagentur,
dass keine Diskussion bei Gericht über Filme als
Beweismaterial geführt wurde. “Ich sah ein Bedürfnis
zu verdeutlichen, wie ich auf Filme als
Beweismaterial sehe. Man muss sich erinnern, dass
man mit Filmen nur ein kleines Tortenstückchen der
Wirklichkeit erhält”. Der 23-jährige Mann war einer
der zirka 300 Personen, die sich in dem Hvitfeldska
Gymnasium am Donnerstag, den 14. Juni, befanden, als
die Polizei die Schule umstellte. Der Mann hat
gestanden Pflastersteine rausgebrochen zu haben und
auch Stein gegen Polizisten geschmissen zu haben.
Dagegen streitet der Mann ab an dem Versuch, mit
Gewalt gegen die Polizeiabsperrung vorzugehen,
beteiligt gewesen zu sein.
Kein Anführer
Der 23-Jährige wurde, wie ebenso die zwei Frauen,
wegen der Teilnahme an den gewaltsamen
Ausschreitungen am Vasaplatz am Freitagabend, den
15. Juni, verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte
alle drei angeklagt, die Ausschreitungen geleitet zu
haben, da sie verschiedene Gesten gemacht hätten,
wie die Arme gehoben und gewunken. Aber da geht das
Gericht nicht mit. Die Gesten sind gewiss belastend
für sie, aber nicht besonders energisch oder
intensiv, sagt das Gericht. Das befreit sie davon
die Menschenmassen angeführt zu haben.
Die zwei Frauen wurden auch wegen der Teilnahme an
den gewalttätigen Ausschreitungen am Götaplatz am
Freitagmorgen, den 15. Juni, verurteilt. Sie hatten
dort an einer zugelassenen Demonstration
teilgenommen, die später in eine unangemeldete gegen
die Schwedische Messe überging. Das Gericht sieht es
als bewiesen an, dass die Frauen an einem Ansturm
gegen die Polizei teilnahmen, aber ohne irgendeine
Gewalt verübt zu haben.

[Göteborgs-Posten (GP) 31.01.2002]

WEITER VIER ANKLAGE NACH DEN KRAWALLEN

[25.01.2002]
Vier weitere Jugendliche wurden am Freitag [25.01]
in Göteborg nach den Ausschreitungen im Sommer
während des EU-Gipfels angeklagt. Die vier Jungen,
drei 17-jährige und ein 16-jähriger, werden allesamt
wegen schweren Landfriedensbruch und zwei des
weiteren wegen Sachbeschädigung angeklagt, da sie
der Anklage nach Steine auf Polizeifahrzeuge
geschissen haben. Alle vier sind wohnhaft in
Göteborg und wurden im November verhaftet. Die
Taten, für die sie angeklagt sind, fanden am
Vasapark am Abend des 15. Juni statt. Alle vier sind
beschuldigt Gegenstände geschmissen zu haben, in
einigen Fällen Straßensteine. Einer von ihnen warf
einen Kegel gegen ein Polizeifahrzeug und drei der
Jungen haben außerdem laut der Anklage das
Straßenpflaster aufgebrochen, das gegen die Polizei
verwendet werden sollte.

[Göteborgs-Posten (GP) 25.01.2002]

KRAWALLURTEIL FÜR GÖTEBORGER BLEIBT BESTEHEN

[22.01.2002]
Das Oberlandesgericht hat heute [22.01] Haftstrafe
für einen 31-jährigen Göteborger, der an den
Ausschreitungen während des EU-Gipfeltreffens
teilgenommen hat, festgelegt.
Der Göteborger befand sich im und am Vasapark am
Freitagabend, der 15. Juni letzten Jahres. Er wurde
von Polizisten in Zivil verhaftet als er eine Stein
gegen ein Polizeifahrzeug warf. Der 31-Jährige hat
die gesamte Zeit abgestritten, dass er an den
Ausschreitungen beteiligt war, und behauptet mit
einer anderen Person verwechselt worden zu sein. Die
zivilen Ermittler, die in der Verhandlung als Zeugen
aussagten, waren sich aber doch ihrer Sache sicher:
“Der 31-Jährige war leicht während der Krawalle zu
erkennen, teils auf Grund seiner Kleidung und teils
weil er groß und kräftig gebaut ist.”
Glaube an Polizeizeugen
Das Oberlandesgericht legte, genauso wie das
örtliche Gericht bereits vorher, mehr Gewicht auf
die Aussagen der Polizisten und konstatieren in der
Urteilsbegründung, dass die Gefahr einer
Verwechslung mit einer anderen Person als
ausgeschlossen angesehen werden kann. Der 31-Jährige
wurde wegen schweren Landfriedensbruch verurteilt
und soll eine zehn Monate lang Haftstrafe absitzen.

[Göteborgs-Posten (GP) 22.01.2002]

[gipfelinfo 8.2.2002 öffentlicher rundbrief der infogruppe [berlin] ]