2007-05-13 

Anti G8 Repression trifft auch Berliner Sozialforum

Auch Berliner Sozialforum von Repressionen gegen Anti-G8-Strukturen betroffen. Aktenordner aus dem von uns mitgenutzten Büro in der Lausitzer Str. 10 beschlagnahmt. Eindeutiger Beweis für die dilletantisch-inkompetente aber auch verwerflich-unrechtmäßige Vorgehensweise der Bundesanwaltschaft, des Bundeskriminalamts und der Polizei.

Zunächst war ‚nur’ die Nicht-Erreichbarkeit der Internetpräsenz, durch den polizeilichen Zugriff auf den Server SO36.net, als direkte Auswirkung für das Berliner Sozialforum zu beklagen. Eher eine Nebensächlichkeit in der Verkettung der unrechtsstaatlichen Maßnahmen gegen angebliche terroristische Vereinigungen in der G8-Gegenmobilisierung. Allerdings eröffnete es weit hinter der grundsätzlichen Erschütterung über die Dimension der Durchsuchungsexzesse eine zusätzliche, direkte Nähe zu uns Menschen, die sich im Berliner Sozialforum engagieren. Und dann das: Bei den Durchsuchungen von Räumen in der Lausitzer Str. 10 / Berlin-Kreuzberg wurde unser einziger Aktenordner beschlagnahmt!

Da Akten ordnen naturgemäß nicht die Stärke einer unorganisierten Linken sein kann, ist die Beschlagnahmung des Ordners ein eher symbolischer Verlust. Es findet sich dort belangloses Papier, welches nicht umsonst abgeheftet wurde. Wir bleiben also weitaus weniger hart getroffen, als die vielen anderen Menschen und Zusammenhänge an den über 40 Orten polizeistaatlicher Repressionen, denen unsere uneingeschränkte Solidarität gilt. Trotzdem handelt es sich um einen nicht hinnehmbaren Eingriff in unser gesellschaftliches Engagement, eine Verletzung unserer demokratischen Grundrechte und für einige auch persönliche Belastung: die im Raum stehende, kollektive Terrorismusverdächtigung lässt nicht jedeN kalt und löst mitunter Erinnerungen an überwunden gehoffte, staatliche Verfolgung von kritischem, zivilgesellschaftlichen Engagement aus.

Zur Bewertung der polizeilichen Daten-Sammel-Aktion gab es in den letzten Tagen Erklärungen aus einem breiten Spektrum der globalisierungskritischen Bewegungen. Insgesamt verstärkt sich der Eindruck, dass der vermeintliche Einschüchterungsversuch ein Zusammenrücken und eine Jetzt-erst-recht-Stimmung bewirkt. Obwohl das Berliner Sozialforum ‚nur am Rande’ betroffen war, so wird doch eines deutlich: Diesen Ordner zu beschlagnahmen, zeugt einzig von der Ahnungslosigkeit und Inkompetenz der beteiligten Behörden. Ein eindeutiges Indiz für das wahl- und ziellose Vorgehen ohne erkennbare Strategie bei den Ermittlungen, weil von vorneherein eine Beweisführung ausgeschlossen ist. Die unhaltbaren, vorgebrachten Anfangsverdachtsmomente sowie die law&order-Doktrin als Motivation dahinter mal ganz außen vor gelassen.

Wenn Dummheit auch belustigend sein kann, es nervt, wozu taugen eure Spitzel eigentlich, was für düstere Wahnvorstellungen quälen diese Kontrollstrukturen? Wir haben keine Lust mehr als Vorwand für sinnfreie Legitimations- und Selbsterhaltungsversuche von überflüssigen Polizei- und Geheimdienstapparaten zu dienen. Im speziellen Fall für alle, die es immer noch nicht begriffen haben cc: innensenator@berlin.de, noch einmal zum mitschreiben: Ein Sozialforum ist ein offener Raum in dem politische Alternativen debattiert, entwickelt und ausprobiert werden. Dazu gehört auf lokaler Ebene auch konkrete politische Gegenwehr. Aber alles transparent, offen für alle und nachlesbar auf unserer Homepage.

Wir wollen unseren Ordner zurück! Sonst kann der Gipfelprotest nicht geordnet verlaufen!

Der Koordinierungskreis des Berliner Sozialforum, Berlin 13. Mai 2007