2006-10-27
Aus den Erfahrungen voangehender Gegen-Gipfelmobilisierungen können wir schließen, dass wir immer dann als SiegerInnen hervorgingen, wenn wir neue Taktiken erfanden und nicht wenn wir uns wiederkehrenden ritualisierten Konfrontationen aussetzten.
Kollektiv 22. Oktober
In Seattle 1999 beispielsweise erwarteten die Herrschenden keine Massenmobilisierung, deren Ziel es war, das Treffen scheitern zu lassen. In Genua (2001) wurde der Sturm auf die Rote Zone erwartet, doch wir waren woanders. Während des G8 Treffens 2003 brannte die Konsummeile in der Genfer Innenstadt, der Angriff hatte keine Festnahmen zur Folge, denn wieder hatten wir das Moment der Überraschung auf unserer Seite.
Seit Genua hatten wir nur wenige Erfolge, hauptsächlich weil wir immer ein zweites Genua als Ziel hatten, während die Polizei dies zu verhindern lernte.
Thessaloniki, St Petersburg, Gleneagles und andere Gipfel waren Mißerfolge in Bezug auf Sabotage
des kapitalistischen Systems. Es waren Wiederholungen des selben zentralisierten Spektakels. Trotzdem waren es kraftvolle Events im Sinne von Vernetzung und dem Knüpfen von Kontakten zwischen verschiedensten engagierten Menschen und Gruppen.
Da stellt sich die Frage: Wer blockiert hier eigentlich wen? Organisieren wir eine große Mobiliserung zu einem Ort hin, ist die Strategie von Kapital und Staat klar: Sie werden auch dorthin mobilisieren. In der Natur des Staatskapitalismus liegt es, dass sie immer größere Ressourcen haben werden als wir sie haben. Zusätzlich haben sich die Bedingungen der politischen Auseinandersetzung geändert; nächtliche Sabotageakte sind mitlerweile sicherer als öffentliche Demonstrationen. Das neue Auftreten des Kapitalismus heißt Terrorismus, Angst ist die Legitimation uns zu verfolgen, zu spalten und einzusperren. Wir spielen ihnen den Ball zu, wenn wir einschätzbar sind, weil wir an einen einzigen Ort mobilisieren.
Heute heißt der erfolgreiche Kampf gegen den Kapitalismus, den Wirtschaftsbetrieb zu stören. Die Aufständischen in Algerien, die Piqueteros in Argentinien oder die Anti-CPE-Bewegung in Frankreich haben folgenden gemeinsamen Fokus: den Angriff auf den Kapitalfluss - auf allen Ebenen.
Deshalb sprechen wir uns dafür aus, dass durch gezielte Angriffe auf die Wirtschaft und deren Infrastruktur sowie durch Stören des Kapitalflusses weltweit, einem möglichen Aufstand die Türen geöffnet werden.
Es gab schon viel Kritik an Gipfelmobilisierungen, besonders weil dabei der Fokus auf medialer Präsenz liegt.
Dies wird der gewaltigen Kraft nicht gerecht, die die Zusammenkünfte und Netzwerke für neue inspirierende Kämpfe bereithalten. Wir denken, dass die Kraft des Zusammentreffens nicht verloren gehen soll, sondern vielmehr Konspirativität, der Austausch von Erfahrungen und Fähigkeiten im Mittelpunkt stehen sollten. Wir würden Zusammenkunft und Aktion trennen, weil es schwieriger ist Ideen auszutauschen unter der Repression, die Aktionen folgt. Dort zuzuschlagen wo es weh tut ist einfacher, wenn mensch nicht beobachted wird.
Treffen und der Austausch von Ideen sind vor allem vor und nach einem Event von Bedeutung. Dies sollte im Vordergrund einer zentralen Organisierung stehen, da ihm eine eigene Bedeutung zusteht. Wir brauchen Möglichkeiten für strategische Vorbereitungen. Wir fühlen uns verbunden mit all den transnationalen Sabotageaktionen. Wir müssen jedoch lernen, Wege zu finden über diese theoretisch zu diskutieren, gerade weil die Polizei auf all unseren Treffen dabei ist.
Deswegen schlagen wir vor, in Deutschland 2007 die Zusammenkünfte für Vorbereitungen und Entwicklung von Strategien für internationalen Protest gegen Gipfeltreffen zu nutzen und ihre Auswirkungen zu analysieren.
Das Ziel soll nicht Heiligendamm sondern die weltweite Wirtschaft sein.
Das bedeutet, dass es große internationale Treffen vor und nach den direkten Aktionen gegen den G8 Gipfel gibt, die uns den Raum bieten, uns gegenseitig zu inspirieren und Pläne zu schmieden.
Aber während der drei Gipfeltage (6.-8. Juni 2007) rufen wir zu Aktionen in der ganzen Welt auf, mit dem Ziel die globale Wirtschaft lahmzulegen.
Weiter rufen wir dazu auf diese Ideen in jedem Zusammenhang der internationalen Gipfelvorbeitungen zu diskutieren.
Dieser Vorschlag ist nicht ausdrücklich gegen Massenaktionen, nur gegen eine einzige Massenaktion an einem Ort gegen den G8-Gipfel. Symbolische Aktionen sind nicht sinnlos, jedoch sind die Angriffe der Herrschenden auch nicht nur symbolisch.
Unsere Grenzen sind einzig die Grenzen unserer Vorstellungskraft!
Kollektiv 22. Oktober