2007-06-08
Heiligendamm: Einsatz der Wasserwerfer
07.06.2007 22:28 Uhr
Ohne jede Vorwarnung hat die Polizei an einer Kontrollstelle unter massivem Einsatz von Wasserwerfern weitgehend friedliche Demonstranten zurückgedrängt. Mindestens drei Protestler wurden verletzt, drei weitere wurden festgenommen.
Von Thorsten Denkler, Hinter Bollhagen
Unter massivem Einsatz von acht Wasserwerfern und Schlagstöcken ist die Polizei an der Kontrollstelle Hinter Bollhagen gegen die Demonstranten vorgegangen.
Die Räumung des Platzes in der Umgebung des Checkpoints geschah mit Vorankündigung – zumindest für die Presse. Etwa eine halbe Stunde, bevor die Polizei mit der Räumung begann, wurden die Journalisten aufgefordert, das Demonstrationsfeld “zu ihrer eigenen Sicherheit” zu verlassen und hinter die Polizeikette zurückzukehren.
Die Polizei brachte daraufhin mehrere Hundertschaften sowohl zur linken als auch zur Frontseite der Demonstranten in Stellung.
Ohne jede weitere Vorwarnung rückten die Polizeikräfte unter massivem Wasserwerfereinsatz gegen die bis dahin weitgehend friedlich protestierenden Demonstranten vor. Nach Aussagen der Protestler wurde auch Reizgas verwendet, was jedoch von der Polizei dementiert wurde.
Die Einsatzkräfte drängten die Demonstranten von der bis heute Morgen noch freien Zufahrtsstraße 50 bis 100 Meter die Wiese hinunter. Mindestens drei Menschen wurden bei der Aktion verletzt, drei weitere festgenommen.
Am frühen Mittag hatten gut 2000 Demonstranten aus dem sechs Kilometer entfernten Demonstrantencamp Reddelich den Checkpoint erreicht. Es war ihnen allerdings nicht gelungen, die Straße über einen längeren Zeitraum zu blockieren.
Einsatz der Clowns’ Army
Die Polizei hatte die Demonstranten bis fünf Meter hinter den Straßenrand zurückgedrängt. Das hatte zur Folge, dass sämtliche Einsatzkräfte und -fahrzeuge der Polizei auf der Straße selbst Platz finden mussten. Die Straße war somit de facto über acht Stunden blockiert.
Mit der Aktion der Polizei ist die Straße vor der Kontrollstelle nun wieder frei. Offenbar ist die Polizei allerdings nicht gewillt, die Demonstranten noch weiter zurückzudrängen.
Die Situation drohte schon am Nachmittag zu eskalieren, als ein mehrere Dutzend Personen starker Schwarzer Block aus Autonomen sich vor die Polizisten platzierte. Vereinzelt flogen Plastikflaschen aus der Menge in Richtung Polizei.
Die Polizei stieß nach kurzer Zeit vermehrt in die Demonstrantenblock hinein und nahm mehrere als Falschenwerfer identifizierte Personen fest. Das heizte die Stimmung unter den Autonomen weiter an. Die anderen Demonstranten versuchten immer wieder, mit Einsätzen der “Clowns’-Army”, die sich zwischen Polizei und Autonome schob, die Lage zu beruhigen.
Auch nach der Polizeiaktion blieben die Zufahrtsstraßen in der Umgebung von Hinter Bollhagen in Richtung Reddelich und Kühlungsborn jedoch weiterhin durch Sitzblockaden versperrt. Auf der Landstraße in Richtung Bad Doberan errichteten Aktivisten fünf meterhohe Blockaden aus Baumstämmen und Findlingen. Mehrere tausend Demonstranten befanden sich am Abend noch auf der Landstraße.
Später am Abend wurde eine Demonstration mit weit über 200 Teilnehmern vor dem Gate II von der Polizei aufgelöst, wenig später drangen die Protestierenden durch den Wald zur Landstraße Kühhlungsborn-Redelich vor und errichteten dort mehrere Barrikaden aus Baumstämmen, einige davon bis zu zwei Meter hoch. Drei besetzte Polizeiwagen waren davon eingeschlossen. Die später eintreffende Verstärkung wurde über Lautsprecher begrüßt: „Kollegen schön euch zu sehen, uns war ein bisschen mulmig.“
Später waren viele Blockaden und Barrikaden wieder geräumt, die Polzei setzte schweres Räumgerät ein, um zumindest eine Fahrbahn wieder freizubekommen. Die verbleibenden Demonstranten verhielten sich friedlich.
(sueddeutsche.de)
[http://www.sueddeutsche.de/deutschland/artikel/583/117457/]