2007-06-07 

Dann, wenn Demonstranten Baumstämme auf Autos werfen...

von Felix Suppliet

"Wir haben zwar eigentlich keine Chance, aber probieren können wir es trotzdem", gibt Obergefreiter Michael Maltow von Anfang an zu. Der Verlockung es trotzdem zu probieren kann er aber nicht widerstehen. Es ist sonnig und wir befinden und unmittelbar vor dem Pressezentrum in Kühlungsborn - ein schwarzer VW - Bus mit abgedunkelten Scheiben soll mich zu einem Termin nach Bad Doberan bringen.

"Die Polizei tobt und hat ein absolutes Fahrverbot verhängt - aber hier hält sich keiner dran, also was sollst", erzählt mir der Obergefreite und gibt gleich Gas Richtung Bad Doberan. "Wir werden zwar große Umwege fahren, aber besser als gar nicht an das Ziel zu kommen". Wir sitzen zu zweit im Van. Die Stimmung ist der Situation angepasst aber dennoch ralativ locker. Wir fahren hinaus aus Kühlungsborn, hinein in die friedliche Mecklenburgische Landschaft. Und schon stehen wir. Eine Hundertschaft der Polizei muss die Straße überqueren um die Anwesenden Einheiten bei der Betreuung einer Gruppe von G8-Kritikern, die sich auf einem Feld einen Sitzkreis eingerichtet haben, zu unterstützen. "Warten Sie bitte hier, bis wir vorbeigezogen sind - dort hinten rückt eine weitere Einheit an, das kann also ein bisschen dauern", weißt uns ein Beamter der Bundespolizei an, zu warten. Doch wir nehmen es gelassen und hören derweil NDR2.

Es geht weiter, die Polizei hat den Bereich für uns freigegeben und lässt uns passieren - doch nun ist die Straße gesperrt. Wir müssen einen weiteren Umweg in Kauf nehmen. Wir fahren durch bewaldetes Gebiet. Dann passiert es: circa 20 in schwarz vermummte Autonome Protestler ziehen gewaltige Baumstämme hinter sich auf die Fahrbahn. Weitere Mittäter halfen größere Äste oder gar ganze Baumwurzeln auf die Fahrbahn zu werfen. Kaum die Aktion erkannt, ist sie auch schon beendet und die Autonomen verschwinden genauso schnell, wie sie gekommen waren - ab in die Wald hinein.
"Aussteigen wäre jetzt viel zu gefährlich", erklärt Michael Maltow die Sicherheitslage und drückt in diesem Moment die zentrale Verriegelung für den Van. Sicher ist sicher. Wir steigen also nicht aus - ganz im Gegensatz zu meinen Kollegen von der anderen Straßenseite. Schnell hüpfen sie aus ihren Autos, ziehen mit viel Hektik und Kraft die Stämme von der Fahrbahn und fahren dann in einem Slalomparcour weiter. Auch wir machen uns weiter auf unseren Weg.
Sehr erfolgreich, wie sich später rausstellte. Kaum Protestler auf den Seitenwegen und freier Fahrbahn bis Bad Doberan. Gerade haben wir das Ortseingangsschild Bad Doberan passiert stellt sich ein Polizeiwagen quer und just in diesem Augenblick klingelt mein Telefon. Herr Seitlitz, Einsatzleiter der mobilen Pressestelle meldet: "Bitte entschuldigen Sie, die Polizeibegleitung kann jetzt leider nicht stattfinden. Die aktuell prekäre Sicherheitslaage lässt dies einfach nicht zu." Kommando zurück nach Kühlungsborn zum Pressezentrum- schnellste Tour.
Eine großer Hindernisparcour, die später noch unseren ganzen Mut abverlangen sollte. Kurz vor Steffenshagen bot sich uns das gewohnte Bild schwarz vermummter Autonomen, die die Straße, mit Baumstämmen blockieren wollten. Gerade in dem Moment, als die Autonomen auf der Höhe des Vans (mit Bundeswehrkennzeichen) waren begannen sie den Baumstamm auf das Auto zu werden. Es knallte gewaltig und der Obergefreite reagierte richtig. Er gab Gas und fuhr weiter. Später sah man das Ausmaß - eine gewaltige Beule am Heck des Wagens.
Einen halben Kilometer weiter geht gar nichts mehr. Totale Blockade Seitens der Protestler. Umdrehen - Feldweg entlang. Und ebenfalls eine Fehlanzeige. Nun muss das Navigationsgerät richtig arbeiten. Eine Ausweichstrecke über Bad Kröpelin wird vorgeschlagen und letztlich von uns dankend angenommen. Kurz vorm Ortseingangsschild der letzte und vielleicht heftigste Vorfall Kühlungsborn. Autonome blockieren die Straße - in der Mitte eine Lücke, die auf den Millimeter genau für den Van zugeschnitten zu sein scheint.
Michael Malow hält drauf zu. Ein Autonomer steht im Weg. Es wird verdammt eng. Und er gibt Gas - die eigentlich einzige Möglichkeit um nicht selbst in Gefahr zu kommen. Der Autonome bleibt stehen und zuckt - der Außenspiegel touchiert ihn an der Schulter und knickt prompt nach innen um. Michael Malow gibt mehr Gas. "Wir müssen uns jetzt verdammt beeilen, nicht das die noch hinter uns her kommen, dass könnte richtig Stress geben."
Ortseingangsschild Kühlungsborn und kurz später Pressezentrum Kühlungsborn. Ziel erreicht. Eine über zweistündige Rundfahrt ohne wirkliches Ergebnis und lediglich nur der Erkenntnis, dass die Polizei doch nicht überall sein kann und es großen Teilen der Protestler nicht primär um die Verhinderung / Kritik am G8-Gipfel geht, sondern um Krawallmache. Leider.

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