2006-02-28
- G8 2003 Berufung
- Globalisierungs-Gegner mobilisieren Nordosten
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G8 2003 Berufung
AktivistInnen legen Berufung gegen den Freispruch für Polizeibrutalität ein.
Nach dem Freispruch für die zwei schweizer Polizeibeamten, die sie während der G8 Proteste im Sommer 2003 fast getötet hätten, haben Gesine Wenzel und Martin Shaw beschlossen Berufung gegen den Beschluss des regionalen Gerichts einzulegen.
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Gesine Wenzel oder Martin Shaw: +41 7868 36405, aubonnepress@yahoo.com
Während des G8 Gipfels 2003 in Evian, Frankreich organisierten einige AktivistInnen eine Autobahnblockade, um Delegierte an der Anfahrt zu hindern. Um den Delegiertenkonvoi weiter zu verzögern, seilten sich Gesine Wenzel und Martin Shaw von einer Brücke ab. Die schweizer Polizisten Claude Poget und Michael Deiss waren nach kurzer Zeit vor Ort. Deiss schnitt das Kletterseil, an dem die beiden hingen durch und töte damit beinahe Shaw, der 23 Meter tief stürzte. Ein schweizer Gericht sprach die beiden Beamten letzte Woche unter großer nationaler und internationaler Medienpräsenz frei von jeglicher Verantwortung für die Folgen ihres Handelns. Die AktivistInnen werden jetzt in Berufung gehen.
"Dieser Prozess war ein reines Theater, das dazu diente die öffentliche Meinung zu manipulieren und das Blut von den Händen der Polizeibeamten zu waschen" , erklärte Gesine Wenzel. "Dieses Urteil ist nur ein weiterer Beweis, dass die Polizisten in der Schweiz nahezu vollständige Straffreiheit genießen. Es ist als würde ihnen eine Blankocheque für alle Misshandlungen und Gewalttaten ausgestellt. Mit unserer Berufung wollen wir die Tatsache aufzeigen, dass dieses System von oben bis unten korrupt ist".
Ihr Anwalt Jean-Pierre Garbade erklärt dazu: "Die Polizisten sind schuldig. Der Einsatzleiter Claude Poget hat mehrere Fehler begangen. Er ignorierte seine Anweisungen den Dialog mit den AktivistInnen zu suchen und drängte sie einfach von der Straße, ohne die Situation näher zu untersuchen. Außerdem ist es unverantwortlich, dass er seinen Untergebenen nicht über die beiden KletterInnen unterichtete. Desweiteren hätte Michael Deiss nicht aktiv werden dürfen, ohne um Einverständnis zu fragen. Der Freispruch in dieser Instanz ist eine Fehlentscheidung".
Martin Shaw sagte: "Die Argumentation der Verteidiger ist vorhersehbar und dennoch erschreckend. Der gesamte Prozess hat sich angefühlt, als würde er gegen uns und nicht gegen die Polizisten geführt. Die Opfer zu beschuldigen ist eine der feigsten möglichen Reaktionen. Sie behaupten unsere Aktion sei unsicher gewesen, als ob wir unser eigenes Seil durchgeschnitten hätten. Ihre Entschuldigung ist, dass die Polizei gestresst war und ihnen die Aktionsform unbekannt war. Tatsächlich war es ihnen viel wichtiger den Verkehr wieder zum fließen zu bringen, weil die G8-Delegation unterwegs war, als unser Leben zu schützen. Der gesamte juristische Prozess dient der Verschleierung dieser Polizeigewalt".
Die UnterstützerInnengruppe erklärte unterdessen: "Die Straffreiheit für die Polizei hat in der Schweiz eine lange Tradition. Zum ersten mal seit mehr als 20 Jahren mussten sich Polizeibeamten für Mißbrauch ihrer Position vor einem so hohen Gericht verantworten. Das Rechtssystem ist so gestaltet, dass es die Verurteilung von Polizisten nahezu unmöglich macht. Gericht und Anklage arbeiten Tag für Tag mit eben diesen Polizisten zusammen. Schon deshalb werden sie sie nicht verurteilen. Die einzige Institution, die halbwegs unabhängig entscheiden könnte wäre das Bundesgericht, aber ein Gesetz unterbindet jegliche Klagen gegen Beamte vor dem Bundesgericht. Somit haben sie ein System geschaffen, das die Verfahren gegen Polizeibeamte immer ihren Kollegen überlässt.
"Nach dem G8 Gipfel in Evian gab es zahlreiche Beschwerden wegen Polizeigewalt, die von dem Staatsanwalt abgelehnt wurden. 15 Menschen haben in den letzten Jahren einen Teil ihres Augenlichts durch Gummigeschosse verlohren, die auf ihren Kopf abgeschossen wurden. Die Polizei behauptet immer sie könnte den Polizisten, der den Schuß abgegeben hat nicht identifizieren. So auch im Fall von Guy Smallman, einem Journalisten, der während der G8 Proteste 2003 mit einer Schockgranate beschoßen wurde, die seinen Unterschenkelmuskel schwer verletzte".
Die Antwort des Berufungsgerichts, der höchsten in diesem Fall möglichen Instanz, wird in diesem Sommer erwartet. Sollte die Berufung abgelehnt werden, bleibt als einzige rechtliche Option die Eröffnung eines zivilrechtlichen Entschädigungsverfahrens gegen den Kanton Vaud, der für die Handlungen seiner BeamtInnen haftet. Doch auch hier dürften die Chancen nicht gut stehen, da die Polizei in der Schweiz Straffreiheit zu genießen scheint.
Weitere Informationen unter:
www.aubonnebridge.net
[indymedia.de, von Aubonne Support Gruppe - 24.02.2006 01:49]
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Globalisierungs-Gegner mobilisieren Nordosten
Von Andreas Zecher
Rostock/Heiligendamm. Straßenkämpfe, brennende Autos, Blockaden, massive Polizeieinsätze sagen militante Globalisierungsgegner im Zusammenhang mit dem für Mai/Juni 2007 geplanten G8-Gipfel in Heiligendamm voraus. In Rostock wird seit Ende vergangenen Jahres an einem Netzwerk gearbeitet, das die friedlichen Protestbewegungen aus dem Land und der Region verbinden soll. Es versteht sich als Teil von nationalen und internationalen Aktions- und Widerstandsformen, die in den letzten Jahren gegen "die globalen und lokalen Auswirkungen des kapitalistischen Weltsystems" aufgetreten sind. Koordinator der hiesigen Initiativen ist Monty Schädel.
Der ehemalige Landtagsabgeordnete (1998-2002) mit einem Mandat der PDS hat dieser Tage die Mobilisierungspläne in der Hansestadt vorgestellt und für die nächste Zeit die Einrichtung eines Koordinierungsbüros angekündigt. Ziel sei "eine Kampagne gegen die Politik der G8 anlässlich ihres Gipfels in Heiligendamm", so Schädel. Eine erste regionale Koordination solle auf einer Aktionskonferenz am 25./26. März in Rostock stattfinden. Lokale Sozialforen, der Landes-Arbeitslosenverband, Jusos und Linkspartei, 3. Welt- und Kirchengruppen hätten ihre Teilnahme bereits zugesagt, heißt es. Monty Schädel sagt, er gehe davon aus, dass die Konferenz "das Startsignal für ein breites Anti-G8-Bündnis setzt".
Zu den Hauptorganisatoren gegen die G8-Gipfel auf nationaler und internationaler Ebene zählt "Attac". Vertreter dieses Aktionsbündnisses haben sich im Nordosten bereits umgesehen. Erste Kontakte zur Bürgerbewegung "pro Heiligendamm" sind beiderseits bestätigt worden. Nach Informationen von Nordkurier wurden den Haushalten im Seebad anonym Handzettel zugestellt, die vor einem Belagerungszustand während des Gipfels warnen. Den Bürgern wird empfohlen, für diese Zeit den Ort zu verlassen. Es wird davon ausgegangen, dass Globalisierungsgegner in nächster Zeit versuchen werden, Bürger von Heiligendamm und Bad Doberan in ihre Vorhaben einzubinden. Anknüpfungspunkte bietet eine unter den Einheimischen verbreitete Unzufriedenheit mit der bereits praktizierten Abgrenzung des Nobelbades.
Nach Angaben eines Attac-Sprechers wollen die Globalisierungsgegner zeitgleich mit der diesjährigen Hanse Sail ein G8-Protest Camp mit internationaler Beteiligung einrichten. Neben Kontaktaufnahmen zu Aktivisten aus der Region dürfte dabei die Sondierung der örtlichen Gegebenheiten im Vordergrund stehen. Zur Störung der Abläufe des G8-Gipfels im kommenden Jahr wird mit 50 000 bis 100 000 Globalisierungsgegnern aus aller Welt gerechnet.
[Nordkurier - Mecklenburg-Vorpommern, Artikel vom 18.02.2006]