2007-06-04
“Nicht schlecht, wenn Farbbeutel fliegen”
Von Torsten Hilscher
Er nennt sich Carl Kemper. Gelernt hat er den Beruf eines Schreiners, wurde vor 31 Jahren in Hessen geboren und ist arbeitslos. Auf die Tage an der Ostseeküste hat sich der G-8-Gegner seit eineinhalb Jahren gründlich vorbereitet : Am Donnerstag ist er nach Rostock gereist, vor sich ein strammes Protestprogramm – ein Programm, das Gewalt ausdrücklich einschließt.
Kemper gehört zum harten Kern der weniger friedlichen G-8-Gegner. Sein ” nichthierarchisch gegliedertes ” Dissent ! -Netzwerk hat nach Eigenangaben 600 Mitglieder, die sich als ” politische Aktivisten des undogmatischen linken Spektrums ” verstehen. Die meisten kommen laut Kemper aus Berlin. Er selbst sei bereits länger politisch aktiv, unter anderem in antimilitaristischen Initiativen.
Zum G-8-Gipfel wird er mit anderen linken Vertretern in Camp eins im Rostocker Fischereihafen unterkommen. Seine Basis befi ndet sich in einer ausgedienten Schule in Rostock-Evershagen, dem so genannten Empfangszentrum.
Am Anreisetag wollte Kemper vor dem Rostocker Arbeitsamt aktiv werden. Hier sollte eine Rekrutierungsveranstaltung der Bundeswehr gestört werden. Heute nimmt er an der Großdemonstration gegen G 8 teil. Am 5. Juni hat Kemper einen ” Aktionstag gegen Krieg, Gewalt und Folter ” mitorganisiert. ” Den gestalten wir als Rallye quer durch die Stadt, mit Fahrrädern, Rollern und so weiter. ” Am 6. Juni gehe es nach Warnemünde. Ziel ist ein Sitz des Rüstungskonzerns EADS. ” Wäre nicht schlecht, wenn da Farbbeutel fliegen “, sagt Kemper.
Der Berliner Verfassungsschutz erwartet von der linksextremen Gruppe noch ganz andere Aktionen. Im Verfassungsschutz-Bericht 2006 beschäftigt sich die Behörde auf vier Seiten mit Dissent ! -Aufrufen gegen den Gipfel in Heiligendamm.
Kemper erklärt die seit Monaten vorbereitete Linie seiner Gruppe : Beim G-8-Gipfel wolle Dissent ! nicht bloß appellieren : ” Wir wollen das Treffen delegitimieren. ” Bereits vor einem Jahr nahm Kemper am Vorbereitungscamp teil, er gestaltete einschlägige Internetseiten und gehört zu den Gestaltern der so genannten Protest-Choreographie. Dazu zählen Ablauf, Protestformen und Demonstrationsorte der vereinigten G-8-Gegnerschaft, insbesondere der des Linksaußenlagers.
Der Wahlberliner hat sämtliche Proteste für den 6. Juni am Flughafen Rostock-Laage angemeldet. Erst am Dienstag genehmigte ihm das Schweriner Verwaltungsgericht endgültig die Veranstaltungen. Hintergrund ist die Ankunft der Staats- und Regierungschefs, die nach Meinung Kempers ” nicht das Recht haben, das Schicksal der ganzen Welt zu entscheiden. Gerade Afrika kann das für sich selber tun. ” Darum sollen die Oberhäupter bereits am Flughafen ” empfangen ” werden. Von ” Merkel & Co. ” hält Kemper nichts und würde mit der deutschen Regierungschefin auch nicht sprechen, könnte er sie treffen. Stattdessen würde er sich eher mit einer Torte bewaffnen, sagt er. ( ddp )