2007-06-03 

Focus: Heiligendamm: Politiker streiten über Demonstrationsverbot

02.06.07, 18:37
Das Demonstrationsverbot rund um den G8-Gipfel der führenden Industrienationen in Heiligendamm sorgt weiter für hitzige Diskussionen.
Der SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz nannte die Maßnahme überzogen. Nach Ansicht des früheren Vize-Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Ernst Gottfried Mahrenholz, widerspricht das Verbot der bisherigen Rechtsprechung des höchsten deutschen Gerichts. Kanzleramtschef Thomas de Maizière (CDU) verteidigte dagegen die Sicherheitsvorkehrungen.

Symbol gewalttätiger Demonstrationen

Ein kleiner Teil der Demonstranten verfüge über ein erhebliches Aggressionspotenzial und wolle den Gipfel verhindern. “Wir haben eine Verpflichtung, dass alles sicher und ordnungsgemäß abläuft. Da ist leider räumlicher Abstand eine gewisse Garantie dafür”.

Wiefelspütz kritisierte: “Wer sich friedlich gegen den G8-Gipfel wendet, muss dies auch in der Nähe des Veranstaltungsorts Heiligendamm tun dürfen. Alles andere wird dem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit nicht gerecht.” Dem stimmte Mahrenholz zu. Das Bundesfassungsgericht habe seit dem Brokdorf-Urteil auf dem Standpunkt gestanden, “dass Demonstranten ein Recht darauf haben, den Ort, an dem etwas stattfindet, wogegen man demonstriert, auch zu erreichen”. Das sei jetzt der G8-Gipfel.

Schäuble glaubt an Sicherheitskonzept

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) sieht das Sicherheitskonzept der Polizei durch Klagen gegen das Demonstrationsverbot nicht in Gefahr. “Die polizeiliche Einsatzleitung ist flexibel genug, um ihr Konzept der jeweilige Lage anzupassen, auch kurzfristig”, sagte er.

Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg, forderte die Politik auf, sich nicht hinter Gerichtsbeschlüssen zur Einschränkung des Demonstrationsrechts zu verstecken. “Die Politik muss diese Maßnahmen erklären und die Bürger überzeugen”, sagte er. Wenn die Einsatzführung am Ort demonstrationsfreie Zonen vorschlage, erfolge das, weil sie anders die Sicherheit nicht gewährleisten könne.

Zugleich kritisierte Freiberg den früheren CDU-Generalsekretär Heiner Geißler für seinen Vergleich der Polizeikräfte in Heiligendamm mit der DDR-Staatssicherheit. Geißler trage damit zur Verschärfung der Situation bei. Auch mehrere Unions-Politiker griffen Geißler scharf an. Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) nannte den Stasi-Vergleich “unerträglich”, Unions-Fraktionsvize Arnold Vaatz (CDU) sprach von “Schwachsinn”. Geißler hatte gesagt: “Die deutsche Einheit wäre nie zustande gekommen, wenn die Stasi-Leute die Demonstranten in Ost-Berlin, in Leipzig und in Dresden überall so eingeschüchtert und behindert hätten, wie das heute mit den Demonstranten vor Heiligendamm passiert.”

ast/ddp

[http://www.focus.de/politik/deutschland/g8-gipfel/heiligendamm_aid_62281.html]