2007-06-02
Die Lage in und um Heiligendamm kurz vor dem G8-Gipfel wird langsam etwas unübersichtlich. Für Verwirrung sorgen vor allem die vielen Demonstrationsverbote: Von einem Verwaltungsgericht werden sie gekippt, von der nächsten Instanz dann wieder in Kraft gesetzt. Und das auch noch an verschiedenen Orten: neben Heiligendamm auch am Flughafen Rostock-Laage. Am späten Donnerstagabend bestätigte das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Greifswald das allgemeine Versammlungsverbot um den Tagungsort.
Damit dürfen Kritiker des Treffens nicht im Umkreis von fünf bis zehn Kilometern um den Sicherheitszaun demonstrieren. Das Verwaltungsgericht Schwerin hatte das von der Polizei erlassene Versammlungsverbot in diesem Umkreis zuvor deutlich eingeschränkt. Dagegen hatten sowohl die G8-Polizeieinheit Kavala als auch die Organisatoren eines für den 7. Juni geplanten Sternmarsches Einspruch eingelegt - aus unterschiedlichen Beweggründen. Lediglich eine Demonstration auf der B 105 sei erlaubt, urteilten die Richter nun. Die Bundesstraße verläuft etwa fünf Kilometer von Heiligendamm entfernt.
“Faktische Blockadewirkung”
Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts sind die räumlichen und zeitlichen Beschränkungen des Versammlungsrechts während des G8-Gipfels in Heiligendamm in den festgelegten Zonen rechtmäßig und verstoßen nicht gegen das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit. Die örtlichen Begebenheiten seien der wesentliche Grund für die Einschränkung des Demonstrationsrechts. “Es gibt nur wenige Straßen und Wege dort, die meisten zudem sehr schmal. Der geplante Sternmarsch am 7. Juni hätte faktisch eine Blockadewirkung gehabt”, sagte Gerichtssprecher Eckhard Corsmeyer am Freitag. In der Folge wären Rettungskräfte und Polizei in ihrer Bewegungsfreiheit erheblich eingeschränkt gewesen. Die Sicherheit aller Beteiligten sei so nicht zu gewährleisten. Die OVG-Entscheidung ist unanfechtbar, eine Verfassungsbeschwerde aber möglich.
Verfassungsbeschwerde angekündigt
Mit ihrer Beschwerde hatten die Organisatoren des Sternmarsches erreichen wollen, in Sicht- und Hörweite der G8-Regierungschefs zu protestieren, also noch näher an sie heranzukommen. “Dies ist ein schwerer Rückschlag für den friedlichen Protest im G8-Umfeld und ein schwarzer Tag für die Versammlungsfreiheit in Deutschland”, sagte der Anwalt der Sternmarsch-Organisatoren, Carsten Gericke, am Freitag. Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit verkümmere zur Bedeutungslosigkeit. Die internationale Mobilisierung gegen die G8-Politik dürfe “nicht auf einen Gänsemarsch” reduziert werden. Das Bündnis erwägt nun, Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gegen das Demo-Verbot einzulegen, will aber erst nach dem Wochenende eine Entscheidung treffen. “Wir werden genau prüfen, welche Erfolgsaussichten ein Eilantrag hat”, so Gericke. Die Beschwerde der Polizeieinheit Kavala richtete sich gegen die Entscheidung der ersten Instanz, den Sternmarsch bis auf 200 Meter Entfernung vom Sicherheitszaun zuzulassen
“Flughafen spielt wichtige Rolle für Versorgung”
Weiter anhängig ist eine Beschwerde der Polizei gegen die Aufhebung des Demonstrationsverbots am Flughafen Rostock-Laage. Hier sollen die Maschinen der Staatschefs starten und landen. Das Versammlungsverbot sei mit Blick auf die von G8-Gegnern geplanten Blockaden des Flughafens dringend nötig, hatte ein Kavala-Sprecher argumentiert. Der Flughafen spiele eine wichtige Rolle für die Versorgung des G8-Gipfels. Deshalb halte die Polizei Blockadeversuche weiterhin für wahrscheinlich. Die vom Schweriner Verwaltungsgerichtgericht verhängten Auflagen für die Demonstrationen reichen aus Sicht der Polizei nicht, “um den Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung vorzubeugen”.
Das Verwaltungsgericht Schwerin hatte am Dienstag entschieden, dass Gipfel-Gegner entgegen dem von der Polizei verhängten Verbot nahe dem Flughafen Rostock-Laage demonstrieren dürfen. Auf dem auch zivil genutzten Militärflughafen werden die Flugzeuge der Staats- und Regierungschefs landen, die zum G8-Gipfel in Heiligendamm anreisen. Der Airport Parchim ist nach Polizeiangaben als Ausweichflughafen vorgesehen.
Stand: 02.06.2007 08:44
[http://www1.ndr.de/nachrichten/g8/demoverbot2.html]