2007-05-30 

OLG Rostock - Bei Demo verhaftet - nach Anhörung frei

30.05.2007: Rostock/MVregio Rechtsanwalt Alexander Schulz aus Rostock berichtet über eine wichtige Entscheidung des Oberlandesgerichtes Rostock vom 16. April 2007, die auch Auswirkungen auf eventuelle Verfahren zum G8-Gipfel hat.

Ein Demonstrant, der eine Versammlung stört, darf von der Polizei festgenommen werden. Er ist dann unverzüglich einem Richter vorzuführen. Liegen keine Erkenntnisse vor, wonach der Festgenommene bereits früher einmal auffällig geworden ist, und benimmt er sich dem Gericht gegenüber ordentlich, muss der Richter ihn wieder freilassen.

So lautet ein aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts Rostock zu einem Vorfall am 1. Mai 2006: Ein Demonstrationsteilnehmer lief auf eine Gruppe Polizisten zu. Die Polizei wertete das als Angriff und nahm ihn fest. Der Richter ordnete an, ihn bis zum nächsten morgen in Gewahrsam zu behalten. Das war falsch! So das Oberlandesgericht Rostock in seiner Entscheidung: Der Richter hat zunächst zu entscheiden, ob die Festnahme rechtmäßig war. Dabei muss er sich auf die schriftlichen Angaben der Polizei verlassen. Eine Beweisaufnahme kann nicht durchgeführt werden, weil die Polizisten auf der Straße gebraucht werden. In einem zweiten Schritt muss der Richter dann zusätzlich prüfen, ob von dem Bürger noch eine konkrete Gefahr ausgeht, wenn er sofort wieder freigelassen wird. Das ist nach dem OLG nur dann anzunehmen, wenn der Festgenommene bereits als Gewalttäter polizeibekannt ist oder dem Richter gegenüber einen gewaltbereiten Eindruck macht. Ansonsten muss davon ausgegangen werden, dass ein unbescholtener Bürger bereits durch die Festnahme hinreichend beeindruckt ist und künftig keine Störungen mehr verursachen wird. Bestehen keine konkreten Anhaltspunkte für weitere Störungen, ist der Betroffene frei zu lassen.

Das Oberlandesgericht hat sich mit dieser Entscheidung, die auch für Demonstrationen zum G8-Gipfel gilt, eindeutig zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bekannt: “Eine Freiheitsentziehung darf nur so lange dauern, wie unbedingt erforderlich, um die Störung zu verhindern. Der Richter, dem der Festgenommene vorgeführt wird, muss entscheiden ob er es hier mit einen berufsmäßigen Chaoten, der eingesperrt gehört, oder einen sonst unbescholtenen Bürger, von dem keine Gefahr mehr ausgeht, zu tun hat”, so der Rostocker Rechtsanwalt Alexander Schulz.

MVregio News red/hro