2007-06-01 

Sternmarsch: RAV fordert politisch Verantwortliche auf, das Totalverbot aufzuheben

Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein e. V.

Entscheidung des OVG Greifswald für Totalverbot von Demonstrationen „schwarzer Tag für das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit“

RechtsanwältInnen begleiten DemonstrantInnen in Zügen und Bussen, um Grundrechte zu schützen und polizeilichem Fehlverhalten vor Ort zu begegnen

Das Oberverwaltungsgericht Greifswald hat gestern das komplette Demonstrationsverbot der Polizeiaufbauorganisation Kavala in einem Umkreis von 40 Quadratkilometern rings um Heiligendamm bestätigt. Damit wurde die Entscheidung des VG Greifswald aufgehoben, den für den 7. Juni 2007 geplanten Sternmarsch von GlobalisierungskritikerInnen entgegen der Allgemeinverfügung der BAO Kavala bis auf einen Abstand von 200m am so genannten Sicherheitszaun zuzulassen. Der RAV befürchtet, dass dieses Totalverbot zu einer weiteren Eskalation der ohnehin schon angespannten und von repressiven Polizeimaßnahmen bestimmten Situation beitragen wird. „Nun sind die politisch Verantwortlichen gefordert, das Totalverbot von Demonstrationen in der Sperrzone II wieder aufzuheben,“ so Rechtsanwalt Carsten Gericke vom Bundesvorstand des RAV.

Die Entscheidung des OVG Greifswald bedeutet konkret: Weder in der Verbotszone I, der Roten Zone, die vom Sicherheitszaun markiert wird, noch in der Verbotszone II, die eine Fläche von mehr als 40 Quadratkilometer umfasst, dürfen Demonstrationen jeglicher Art stattfinden.

„Die Entscheidung des OVG Greifswald stellt einen schweren Rückschlag für den Versuch dar, friedlichen Protest gegen den G8-Gipfel zu artikulieren,“ sagt Rechtsanwalt Carsten Gericke als Vertreter für die OrganisatorInnen des Sternmarsches. „Dies ist zugleich ein schwarzer Tag für das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit insgesamt.“ Schließlich betone das Bundesverfassungsgericht regelmäßig, dass das Recht auf kollektive Meinungskundgabe zu dem ‚unentbehrlichen und grundlegenden Funktionswesen eines demokratischen Gemeinwesens zu zählen und besonders zu achten’ sei.

Geht es nach den Sicherheitsbehörden und dem OVG Greifswald, sollen die Proteste nach Kröpelin und Bad Doberan abgeschoben werden. Dort ist es jedoch weder möglich, einen Sternmarsch durchzuführen, noch irgendeine räumliche oder inhaltliche Nähe zum Protestobjekt herzustellen. Das OVG Greifswald begründet seine Entscheidung u.a. mit der Befürchtung, die auswärtigen Beziehungen der Bundesregierung zu „fremden Staaten“ könnten durch Demonstrationen belastet werden. Die Protestkundgebungen in unmittelbarer Nähe der Staatsoberhäupter könnten als „unfreundlicher Akt“ empfunden werden. Dabei verzichtet das Gericht ebenso wie die Polizei auf den Nachweis konkreter Gefahren für die Staatsgäste und ihr Gefolge. Es läge "im außenpolitischen Interesse, wenn Gefährdungen für jeden Delegierten schon im Vorfeld einer konkreten Gefährdung abgewendet werden," so das Gericht.

„Das Gericht ordnet sich damit im Ergebnis einer - teilweise dreisten - ordnungs- und sicherheitspolitischen Argumentation der Polizei unter. In dieser Sichtweise droht das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit zur Bedeutungslosigkeit zu verkümmern,“ sagt Carsten Gericke.

Um den Ängsten von DemonstrantInnen, an der Anreise zur morgigen Großdemonstration gehindert zu werden und polizeilichen Schikanen ausgesetzt zu sein, Rechnung zu tragen, werden RechtsanwältInnen des Legal Teams/ Anwaltlichen Notdienstes Busse und Züge der anreisenden GlobalisierungskritikerInnen begleiten.