2007-06-01
Berlin (Reuters) – Der Streit über die Demonstrationen gegen den G-8-Gipfel kommende Woche in Heiligendamm wird vor das Bundesverfassungsgericht getragen.
Globalisierungsgegner kündigten am Freitag an, gegen die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Greifswald Beschwerde in Karlsruhe einzureichen. Das Gericht hatte am Vorabend das allgemeine Versammlungsverbot in einer mehrere Kilometer breiten Bannmeile um Heiligendamm bestätigt. Es gab damit dem Einspruch der Sicherheitsbehörden gegen eine Lockerung der massiven Einschränkungen statt und hob eine Entscheidung der Vorinstanz auf. Die Richter erlaubten jedoch einen Protestmarsch auf der Bundesstraße 105, die nach Heiligendamm führt.
“Wir werden unsere internationale Mobilisierung gegen die G-8-Politik nicht auf einen Gänsemarsch reduzieren”, erklärte ein Sternmarsch-Bündnis am Freitag. Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit werde mit Füßen getreten.
Das Eilverfahren hatte ein Bündnis von Gegnern der Konferenz beantragt, das für den 7. Juni einen Sternmarsch in den Tagungsort plant. Das Schweriner Verwaltungsgericht hatte vor einer Woche das Versammlungsverbot teilweise aufgehoben und erklärt, den von den Behörden vorgetragenen Sicherheitsbedenken könne außerhalb einer Pufferzone von 200 Metern durch Auflagen Rechnung getragen werden. Das Oberverwaltungsgericht hingegen nannte die räumlichen und zeitlichen Beschränkungen des Versammlungsrechts während des Gipfels in den festgelegten Zonen rechtmäßig. Sie verstießen nicht gegen das Grundgesetz.
KRITIK AN URTEIL AUCH AUS DER SPD
Das Oberverwaltungsgericht habe ebenso wie die Polizei keine konkreten Gefahren nachgewiesen, erklärten die Organisatoren des Sternmarsches. Das Sicherheitskonzept sei von ausländischen Sicherheitsbehörden gefordert worden, die nicht der deutschen Verfassung verpflichtet seien. Auch aus der SPD kam Kritik an der Entscheidung. Zwar sei das Urteil zu respektieren, die Versammlungseinschränkung halte er aber für überdimensioniert, sagte der Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz der “Netzeitung”.
Die Polizei in Rostock will über eine so genannte Allgemeinverfügung vom 30. Mai bis 8. Juni in einer 200-Meter-Zone vor dem Sicherheitszaun um den G-8-Tagungsort öffentliche Versammlungen und Aufzüge verbieten. Während des Treffens vom 6. bis 8. Juni soll die Sperrzone auf bis zu sechs Kilometer rund um den zwölf Kilometer langen Zaun erweitert werden. Auch rund um den Flughafen Rostock-Laage, auf dem die G-8-Staats- und Regierungschefs landen und wieder abfliegen werden, sind für die Zeit vom 2. bis 8. Juni Versammlungen untersagt worden. Der Streit um dieses Versammlungsverbot ist noch beim Oberverwaltungsgericht anhängig.
Die Debatte über das Ausmaß der Vorkehrungen ging unterdessen weiter. Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier sieht wegen der geplanten Demonstration der NPD am Samstag in Schwerin die Grenze der Belastbarkeit für die Polizei erreicht. Während des Gipfels würden 41 Prozent aller Ordnungshüter des Landes eingesetzt, sagte er der Zeitung “Die Welt”. “Das ist absolut grenzwertig und nur mit persönlichen Belastungen zu stemmen.” Der bayerische Innenminister Günther Beckstein verteidigte die Maßnahmen. Unter den erwarteten 100.000 Demonstranten seien einige Tausend gewaltbereit, sagte er im ZDF. Eine Differenzierung, wer reinkomme und wer nicht, sei vor Ort nicht möglich.
Über die Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz der Regierungschefs berieten am Freitag auch die Innenminister von Bund und Ländern.
[http://de.today.reuters.com/news/newsArticle.aspx?type=domesticNews&storyID=2007-06-01T110540Z_01_NEI139927_RTRDEOC_0_G-8-DEUTSCHLAND-PROTESTE-2ZF.xml]