2007-05-31 

Berliner Kurier: Experte: Es könnte Blut fließen

Staatsrechtler fürchtet Eskalation der Gewalt in Heiligendamm

Berlin – Sind die Maßnahmen vor Heiligendamm überhaupt gerechtfertigt? Peter Brinkmann sprach mit Verfassungsrechtler Prof. Christian Pestalozza (FU Berlin).

? Ein 12 Kilometer langer, 2,5 Meter hoher Zaun riegelt den G8-Gipfel in Heiligendamm vor den Demonstranten ab. Ist das durch das Grundgesetz gedeckt?

! Das Versammlungs- und Demonstrationsrecht ist schon weit gedehnt worden. Aber die Bannmeile, die jetzt einige hundert Meter vor dem Zaun endet, noch weiter auszuweiten, halte ich für nicht rechtens. Das wäre sicherlich unverhältnismäßig.

? Warum?

! Weil eine Demonstration nur dann Sinn macht, wenn diejenigen, denen dieser Protest gelten soll, zumindest noch eine geringe Chance haben, das Anliegen der Demonstranten zu hören und zu sehen. Das ist hier schon kaum noch der Fall. Offenbar ist der Ort, das Hotel in Heiligendamm, für diese Art von Veranstaltung nicht geeignet.

? Könnte es aus Frust über diese massiven Begrenzungen und Ausgrenzungen zur Gewalteskalation kommen?

! Das kann niemand vorhersehen. Ich kann mir das aber durchaus vorstellen, obwohl ja alle diese Maßnahmen zur Befriedung sorgen sollen. Aber wenn Frust und Missmut genau darüber überhand nehmen, kann ich nicht ausschließen, das Blut fließen wird. Jede Polizeimaßnahme will genau dies verhindern, aber es gibt eben keine perfekte Vorsorge. Im konkreten Fall müssen dann die polizeilichen Entscheidungen vor Ort getroffen werden.

? So wie in Hamburg, als es zur Gewalt kam?

! In Hamburg sah es mir ganz danach aus, als ob hier ein Exempel statuiert werden sollte.

Berliner Kurier, 30.05.2007

[http://www.berlinonline.de/berliner-kurier/print/politik/173078.html]