2007-05-29 

Nach der ASEM Demo – Zug 21 dreht durch

Nach der ASEM – Demo kam es im Viertel um die Flora / Convergence Center zu teilweise heftigen Auseinandersetzungen. Besonders betroffen war unter anderem die sogenannte „Schanzenburg“ zwischen Schulterblatt und Schanzenstraße. Der Zug, der dort eingesetzt wurde und ein echtes Fiasko erleben musste, viel später am Abend mehrmals durch ein äußerst brutales Vorgehen auf.
Nach der ASEM Demo – Zug 21 dreht durch

Nach der kraftvollen Demo gegen den ASEM-Gipfel kam es im Anschluss zu heftigen Jagdszenen auf dem Heiligengeistfeld und in der Schanze. Erst beruhigte sich die Lage ein wenig vor der Flora, vor der sich dann die auseinandergetriebenen Gruppen wiedertrafen. Allerdings dauerte es nicht lange, dass die Polizei sehr massiv auftrat und die Versammelten auf dem Achidi-John-Platz erneut mit Wasserwerfern und Schlagstockeinsatz auseinandertrieb.

Zu diesem Zeitpunkt hielten sich etwa 300 – 400 Personen in diesem Bereich auf. Wer nicht schnell genug war, wurde abgegriffen und in Gewahrsam genommen. Danach wurde der gesamte Bereich um die Flora / Convergence Center abgeriegelt. Die Folge war, dass die Gruppen in den ganzen Stadtteil vertrieben wurden und dort kam es an verschiedenen „Brennpunkten“ zu Auseinandersetzungen mit der Polizei.
Einer dieser Orte war die „Schanzenburg“ ein Hinterhof-Wohnprojekt zwischen Schulterblatt, Bartelsstraße und Schanzenstraße.
Nachdem eine größere Gruppe in den Innenhof / die Schanzenburg geflüchtet ist und die Polizei versuchte in den Innenhof einzudringen flogen von dort durch den schmalen Toreingang Flaschen und Steine. Da so ein Eindringen der Polizisten nicht möglich war, wurde minutenlang mit einem Wasserwerfer in den Toreingang gespritzt.
Dann drang der „Zug 21“ der Hamburger Bereitschaftspolizei in die Schanzenburg ein(Bild 4). Doch es dauerte nur einige Minuten und man hörte von drinnen laute Rufe und Getrampel. Dann flogen die Holztore des Toreingangs auf und lautem Keuchen und Husten stürmten die Polizisten aus der Einfahrt heraus. Mich erinnerte das ganze ein wenig an einen Western mit Bud Spencer und Terence Hill. Die Polizisten rissen die Visiere hoch und schnappten nach Luft, die meisten waren mit heller Farbe eingeschmiert(Bild 5 und 6). Offensichtlich waren sie innerhalb der Schanzenburg mit Farbbeuteln in Empfang genommen worden. Das Keuchen und Husten wurde durch ein Reizgas ausgelöst und einen kurzen Moment später konnte man auch außerhalb des Eingangs durch die Reizung von Atmung und Augen deutlich wahrnehmen dass drinnen ein Reizgas versprüht worden war.
Ob nun diese Reizgas von den Leuten in der Schanzenburg versprüht wurde um sich den Rücken freizuhalten oder einer der Polizisten, die ja alle mit CS- oder Pfefferspray ausgerüstet, Einsatz davon gemacht hat kann ich nicht beurteilen. Die Menge, die versprüht wurde muss ziemlich groß gewesen sein, denn es waren etwa 15-20 Polizisten betroffen und das Gas drang eben auch auf die Straße und war in größerem Umkreis wahrzunehmen. Die Vermutung liegt nahe, dass das Gas von der Polizei eingesetzt wurde und sich durch den kleinen Hinterhof und den Wind dort durch pfeift sich gegen sie selbst gerichtet hat.

Nach einer kurzen Erholungspause, in denen die Augen ausgespült und die Gesichtet gewaschen wurden (Bild 6 und 7), entschloss sich der Zug unter der Führung vom vermutlichen Zugführer (Bild 8) erneut in die Schanzenburg zu gehen, um die Leute abzugreifen. Ich war ziemlich erschrocken über diese Entscheidung, denn man sah den Polizisten an, dass sie extrem wütend waren und sie sich für das Fiasko revanchieren wollten. Nach meiner Einschätzung hätte dieser Zug aus dem Einsatz genommen werden müssen, um überzogene und brutale Reaktionen zu verhindern.
Sie stürmten also erneut in die Schanzenburg und durchsuchten den Hof. Dabei machte einer der Bewohner wütend darauf aufmerksam, dass der Innenhof ein privates Grundstück sei und die Polizei kein Recht habe sich dort aufzuhalten. Er wurde ignoriert - soviel zu Bürgerrechten und Grundgesetz.
Die Polizisten mussten sich nun ihr zweites Fiasko eingestehen. Denn die Gesuchten waren längst über die Hinterhöfe und Ausgänge Bartelsstraße und Schulterblatt verschwunden.
Damit schienen die Geschehnisse in der Schanzburg beendet. Die Polizei übertrieb die Vorkommnisse später in ihrem Bericht in unerträglicher Weise. Aus dem Polizeibericht: „Im Bereich der Schanzenstraße wurden Einsatzkräfte von einer noch nicht festgestellten Person mit einer unbekannten Flüssigkeit besprüht und dadurch verletzt.“ Und weiter heißt es: „Aufgrund der in der Schanzenstraße erlittenen Augenreizungen werden derzeit 150 Polizeibeamte ärztlich behandelt.“
Beides ist nicht richtig. Zum einen war das, was dort versprüht worden war eindeutig ein Gas, sonst hätte es sich nicht bis auf die Straße nach außen verteilen können. Flüssigkeit klingt wohl besser, weil das im Zusammenhang mit Augenreizungen natürlich schnell an einen „Anschlag mit Säure“ erinnert.
Weiter ist die Anzahl der Betroffenen maßlos übertrieben. Es ist ein Zug dort hineingegangen, der Zug 21. Ein Zug besteht aus 20 Polizisten und von denen waren nicht alle so schlimm betroffen wie die beiden auf Bild 6 und 7.
Erst bei meiner Durchsicht aller gemachten Bilder stellte ich dann später fest, dass der Zug 21 offensichtlich frustriert von der Aktion in der Schanzenburg im weiteren Einsatz besonders brutal vorgegangen ist. Im Kreuzungsbereich Pferdemarkt/ Schanzenstraße/ Schulterblatt provozierten Polizisten von Zug 21 die herumstehenden Leute durch martialisches Auftreten und Verhalten, sobald sich dann eine Möglichkeit ergab wurde zugegriffen. Teilweise fand eine echte Hetzjagd statt. Zwei der brutalen Übergriffe konnte ich dann fotografieren. Einer der Betroffenen schrie einen Polizisten an, dass er nur „seinen Hund habe holen wollen“ (Bild 16). Die Antwort darauf war dass er, obwohl schon durch Kabelbinder gefesselt, auf den Asphalt gedrückt wurde und ihn mehrere Polizisten mit Knien traktierten (Bild 18). Als er abgeführt wurde drückte man ihn brutal in eine normale Wanne zwischen die Sitzreihen auf den Boden, es saßen drei Polizisten auf ihm drauf.
Bei der zweiten brutalen Festnahme wurde der Mann mit dem roten T-Shirt durch Faustschläge und Knüppelschläge misshandelt. Er war durch drei Polizisten fixiert, einer drückte den Kopf auf den Asphalt, die beiden anderen schlugen zu. Einer mit dem Knüppel auf die Beine, der zweite mit der Faust auf Rippenbögen und Nierenbereich.

Zu diesem Zeitpunkt aber war mir noch nicht klar, dass es der gleiche Zug wie aus der Schanzenburg war. Erst beim Durchsehen der Bilder fielen mir dann die Farbbeutelklekse an den Uniformen auf, dann natürlich die Nummern an den Helmen und bei genauerem hinsehen erkannte ich dann auch den vermeintlichen Zugführer wieder, der sich hoffentlich für sein Vorgehen verantworten muss.

[http://de.indymedia.org/2007/05/179108.shtml]