2007-05-27 

OZ: G8-Kritiker dürfen näher an den Zaun

Das Verwaltungsgericht Schwerin hat das weiträumige Demonstrationsverbot um Heiligendamm gekippt. Die Polizei legt dagegen Beschwerde ein.

Schwerin (OZ) Jubel bei G8-Gegnern, Entsetzen bei der Polizei: Demonstranten dürfen sich nun doch während des Weltwirtschaftsgipfels Anfang Juni bis auf 200 Meter dem Sicherheitszaun um Heiligendamm nähern. Das Verwaltungsgericht Schwerin erklärte gestern die von den Sicherheitsbehörden geplante Bannmeile für rechtswidrig. Die Entscheidung bezieht sich zwar nur auf den Sternmarsch am 7. Juni. Sie besitzt laut Gericht jedoch grundsätzlichen Charakter.

Die Polizei hatte für die Zeit des Gipfels ein Demonstrationsverbot in einem Umkreis von fünf bis zehn Kilometern um den Tagungsort verhängt. Die Organisatoren des Sternmarsches hatten dagegen Klage eingereicht. Nun entschieden die Richter (AZ: 1B 243/07), dass das Verbot nur für den Versammlungsort selbst sowie die 200 Meter breite Pufferzone vor dem Sicherheitszaun gilt.

„Die Polizei ist in ihre rechtlichen Schranken gewiesen worden“, sagte der Koordinator des Rostocker Bündnisses gegen den G8-Gipfel, Monty Schädel. Ähnlich äußerte sich der Sprecher von Attac Deutschland, Peter Wahl. Er freue sich sehr über die Entscheidung des Schweriner Gerichts. Sie zeige, „dass es in Deutschland doch noch einen Rechtsstaat gibt, auch wenn Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) versucht, den Rechtsstaat sukzessive auszuhöhlen“, sagte Wahl der OZ.

Schädel sprach die Hoffnung aus, dass die Polizei die Gerichtsentscheidung akzeptiert und keine Beschwerde gegen das Urteil einlegt. Der Polizeiplanungsstab Kavala hat jedoch Beschwerde gegen die Entscheidung des Schweriner Verwaltungsgerichts bei der nächsthöheren Instanz, dem Oberverwatungsgericht Greifswald, eingelegt. Der Sprecher der G8-Polizeieinheit Kavala, Axel Falkenberg, zeigte sich geschockt über das Schweriner Urteil, das er „bedeutsam und brisant“ nannte. Die Entscheidung über die Klage der G8-Gegner gegen das Demonstrationsverbot am Flughafen Rostock-Laage steht noch aus.

Die Grünen begrüßten indes die gerichtliche Lockerung zum Sternmarsch. „In einer Demokratie müssen Proteste grundsätzlich in Hör- und Sichtweite zu den Personen zugelassen werden, gegen die demonstriert wird“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen im Bundestag, Volker Beck. Auch FDP-Vizefraktionschefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger begrüßte den Richterspruch. Im Interesse des Rechtsfriedens müsse die Entscheidung jetzt schnell rechtskräftig werden, sagte die ehemalige Bundesjustizministerin.

Der Innenexperte der Schweriner PDS-Fraktion, Peter Ritter, erklärte, es zeige sich nun, dass die in der Verfassung verankerten Grundrechte der Versammlungs- und Meinungsfreiheit nicht so ohne Weiteres ausgehebelt werden dürften.

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