2007-05-26
Ein mehr als zwölf Kilometer langer und 2,50 Meter hoher Sicherheitszaun rund um den Tagungsort, wiedereingeführte Kontrollen an den Grenzen zu den EU-Nachbarländern, Großrazzien und die Entnahme von Geruchsproben bei G8-Gegnern – bislang konnte nicht der Eindruck entstehen, dass die Bundesregierung sich auf die erwarteten Proteste anlässlich des Gipfeltreffens in Heiligendamm freut. Doch das ist offenbar der Fall.
“Die Demonstrationen sind von der Bundesregierung erwünscht”, sagte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble nun der “Bild am Sonntag”. Wenn Bürger “aufmerksam machen wollen, dass es nicht so weiter gehen kann mit Afrika oder mit der Klimapolitik, dann ist das nur zu begrüßen”, so der CDU-Politiker. Er beschäftige sich selbst intensiv mit diesen Fragen: “Die Spaltung der Welt, die Ungerechtigkeit wird mit der Globalisierung größer”. Jene, die zu Demonstrationen aufriefen, hätten nichts mit militanten G8-Gegnern zu tun, fügte Schäuble hinzu. Ausdrücklich unterstützte Schäuble den Beitritt des früheren CDU-Generalsekretärs Heiner Geißler zum globalisierungskritischen Netzwerk Attac: “Mein Freund Heiner Geißler kann dort sehr viel Sachverstand einbringen.”
Angela Merkel Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: Bundeskanzlerin Angela Merkel]
Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: Grafik: Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble]
Auch Merkel begrüßt Proteste
Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel bewertete das Engagement der G8-Kritiker in ihrem wöchentlichen Podcast positiv. “Ich begrüße, dass viele Menschen durch Aktionen und Protest ihr Interesse an einer gerechten, menschlichen Globalisierung deutlich machen.” Es müsse aber klar sein, dass Gewalt kein Mittel zur Durchsetzung politischer Ziele sei. “Deshalb müssen wir sicherstellen, dass es zu keinen Gewaltanwendungen kommt.”
In der “Welt am Sonntag” verteidigte auch Schäuble erneut die Sicherheitsmaßnahmen für den G8-Gipfel. Die Behörden würden Vorsorge treffen, um Rechtsbruch zu vermeiden. Auch die Gipfelteilnehmer müssten geschützt werden. Bayerns Innenminister Beckstein warnte denn auch vor heftigen Auseinandersetzungen am Rande des Gipfels. Es sei damit zu rechnen, dass unter der großen Zahl friedlicher Demonstranten auch eine “nennenswerte Zahl von Autonomen ist, denen es darum geht, Gewalttaten zu begehen”, sagte Beckstein der “Passauer Neuen Presse”. Bereits im Vorfeld habe es “eine erhebliche Anzahl von Straftaten” gegeben.
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, rief einerseits die Globalisierungsgegner zu Gewaltfreiheit auf, andererseits mahnte er die Einhaltung des Demonstrationsrechts beim G8-Gipfel an. Zu den Sicherheitsmaßnahmen in Heiligendamm sagte er der “Berliner Zeitung”: “Natürlich erschrecke ich über den Metallzaun”. “Man hat schon den Eindruck, dass die für die Sicherheit Verantwortlichen derzeit außerordentlich nervös sind und sensibel reagieren.”
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