2007-05-23 

dpa-Formel: G8-Gegner = Brandstifter

Nach der Meldung über den Brandanschlag auf den Privatwagen von BILD-Chefredakteur Kai Diekmann sind bei der Nachrichtenagentur dpa offenbar alle journalistischen Sicherungen durchgebrannt

23. Mai 2007. Eigentlich ist BILD das zuständige Zentralorgan für die Verbreitung unbewiesener Behauptungen und haltloser Verdächtigungen. Nachdem allerdings in der Nacht zum Dienstag das Privatauto von Chefredakteur Kai Diekmann in Hamburg in Brand gesetzt wurde, hielt sich das Springerblatt selbst sichtlich zurück. Die Scharfmacherrolle übernahm diesmal die Deutsche Presseagentur (dpa). Ganz im Stil eines „Revolverblattes“ wurden am Dienstagnachmittag in mehreren Meldungen Gegner des G8-Gipfels direkt mit dem Brandanschlag in Verbindung gebracht.

Man sollte meinen, dass Deutschlands größte Nachrichtenagentur und damit – noch – wichtigste Informationsquelle für viele aktuelle Medien, zur objektiven Berichterstattung verpflichtet sei. Weit gefehlt. Im Falle des Brandanschlags auf den privaten Mercedes von Kai Diekmann sind bei den dpa-Leuten offenbar alle journalistischen Sicherungen durchgebrannt.

Für dpa ist klar, wer da gezündelt haben muss

Obwohl die Hamburger Polizei nach eigenen Angaben am Dienstagnachmittag noch keine konkreten Hinweise auf die Täter hatte, machte dpa in einer um 15:45 Uhr verbreiteten „Zusammenfassung“ gleich im Einleitungssatz klar, wer da am Wagen des BILD-Chefs gezündelt haben musste: „Trotz eines Bekenntnisses führender Anti-Globalisierungsgruppen gegen Gewalt häuft sich zwei Wochen vor dem G8-Gipfel von Heiligendamm die Zahl vermutlich politisch motivierter Brandanschläge.“

Kaum eine halbe Stunde später stand für die dpa-Redakteure bereits unumstößlich fest, dass der Brandanschlag auf Diekmanns Auto auf die Kappe von Globalisierungsgegnern geht. Unter der Überschrift „Gewalttätige Aktionen vor dem G8-Gipfel in Heiligendamm“ stellte die Agentur den Redaktionen „Eine Chronologie ausgewählter Ereignisse seit Mitte 2006“ zur Verfügung. Aktuellster Eintrag: „22. Mai: Vor dem Haus des ‚Bild’-Chefredakteurs Kai Diekmann in Hamburg wird ein Privatwagen der Familie in Brand gesetzt.“

“Wieder die ominösen G8-Gegner ins Blickfeld gerückt”

Doch nicht jede Redaktion wollte diese Darstellung von dem Nachrichtenlieferanten ohne weiteres übernehmen. Die „Pforzheimer Zeitung“ meldete sich am Montagabend mit einem treffenden Kommentar zu Wort:

„Dass in diesem frühen Stadium der Ermittlungen bereits wieder die ominösen G8-Gegner ins Blickfeld gerückt werden, erscheint fragwürdig. Zumal auch hier wie in der ganzen bisherigen Debatte um den G8-Gipfel auffällt, dass mit keiner Silbe differenziert wird zwischen Krawallmachern und friedlichen Globalisierungsgegnern und deren durchaus berechtigten Interessen. Wer auch immer hinter dem Brandanschlag stecken mag. In Bezug auf den G8-Gipfel ist die Frage zu stellen, wie viel Gewaltprävention angemessen ist und wo diese anfängt, den Grundsätzen der Demokratie zu widersprechen. Vorverurteilungen eingeschlossen.“

Zumindest wurde dieser Kommentar von dpa verbreitet. Eine von vornherein objektive Berichterstattung hätte Deutschlands „führender Nachrichtenagentur“ noch besser zu Gesicht gestanden. Genau wie eine Entschuldigung bei vielen friedlichen Gegnern des G8-Gipfels.

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