2007-05-20
Die Serie der Brandanschläge im Vorfeld des G8-Gipfels reißt nicht ab. In der Nacht zu gestern gingen wieder mehrere Fahrzeuge in Flammen auf. Wegen des vermuteten politischen Hintergrundes hat der Staatsschutz in allen Fällen die Ermittlungen übernommen. Dabei gelang der Polizei erstmals ein durchschlagender Erfolg: Die Beamten konnten in Pankow einen Brandstifter festnehmen - nachdem die Täter der mehr als 50 Anschläge zuvor stets unerkannt entkommen waren.
Der 25-jährige Mann war gegen 3.30 Uhr von Zivilbeamten der Direktion 1 dabei beobachtet worden, als er an der Fritz-Riedel-Straße an Pankow einen dort geparkten Dienstwagen der Deutschen Bahn anzündete. Das Feuer brannte allerdings nur kurz und ging dann von alleine aus. Die Beamten nahmen den Täter fest und übergaben ihm gestern dem Staatsschutz. Der junge Mann soll heute einem Haftrichter vorgeführt werden.
Nähere Angaben zu dem Festgenommenen machte die Polizei gestern nicht. Nach Informationen dieser Zeitung soll er zur autonomen Szene gehören und bereits mehrfach in Erscheinung getreten sein, unter anderem wegen Brandstiftung, Sachbeschädigung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Eine Polizeisprecherin bestätigte gestern lediglich, dass der Mann wegen diverser Straftaten mit politischem Hintergrund bekannt sei.
Anschläge gab es in der Nacht nicht nur in Pankow. Bereits gegen 23 Uhr ging am Gröbenufer in Kreuzberg ein “Chrysler” in Flammen auf. Als die von Passanten alarmierte Feuerwehr eintraf, hatten die Flammen bereits auf ein daneben parkendes Auto, einen “Ford”, übergegriffen.
Ein weiterer Anschlag ereignete sich in der Wilhelmstadt: Gegen 3 Uhr wurde vor dem Gebäude des Polizeiabschnitts 23 an der Schmidt-Knobelsdorf-Straße ein Streifenwagen in Brand gesetzt. Auch hier griff das Feuer auf ein in der Nähe stehendes weiteres Dienstfahrzeug über. Die Feuerwehr löschte den Brand. Beide Fahrzeuge wurden erheblich beschädigt.
Zu einem weiteren Brand wurden die Beamten um 3.40 Uhr gerufen. Anwohner des Paul-Lincke-Ufers in Kreuzeber meldeten einen brennenden Pkw “Audi”. Auch hier beschädigte das Feuer ein daneben geparktes Fahrzeug und verursachte erheblichen Sachschaden. Verletzt wurde bei allen vier Bränden niemand.
Außer Autos brannten in den vergangenen Nächten in Friedrichshain und Kreuzberg mehrere Müllcontainer aus. Auch hier geht die Polizei von politischen Motiven aus. Aus der linken Szene kommen nach Ansicht der Ermittler auch die Täter, die in den letzten Tagen Schaufenster von Filialen des Kaffeerösters Tchibo beschmierten. Dem Unternehmen
werfen linke Gruppen vor, in seinen Filialen Kleidung zu verkaufen, die in Dritte-Welt-Ländern zu Dumpinglöhnen produziert wird.
Aufgrund der Häufung von Anschlägen und Übergriffen hat die Polizei ihre Präsenz in einigen “Problem-Kiezen” nochmals erhöht. Dabei steht der Behörde in der kommenden Woche noch ein Ereignis mit besonderen Schutzaufgaben bevor: Von Montag bis Freitag treffen sich die Polizeichefs von 37 europäischen Hauptstädten in Berlin. Unter den Teilnehmern ist auch Hanne Bech Hansen, die Polizeipräsidentin von Kopenhagen.
In der dänischen Hauptstadt gab es vor zwei Monaten nach der Räumung eines besetzten Gebäudes durch die Polizei massive Ausschreitungen. Anschließend war es in zahlreichen Metropolen, unter anderem in Berlin, zu spontanen Protestdemonstrationen gekommen. Mehrere linke Gruppen haben nun auf ihren Internetseiten gestern auf die Anwesenheit der Kopenhagener Polizeichefin hingewiesen.
Aus der Berliner Morgenpost vom 19. Mai 2007
[http://www.morgenpost.de/content/2007/05/19/berlin/900598.html]