2007-05-17
Grüne Jugend 16. Mai 2007
16.05.2007: Bis zum G8-Gipfel Anfang Juni liegen nur noch wenige Wochen vor uns. Seit mehr als einem Jahr werden die Proteste von einem breiten Bündnis linker Gruppen und AktivistInnen vorbereitet. Dieser Zusammenschluss hat die einmalige Chance einer gemeinsamen Planung und Strategie geschaffen. Manche Unterschiede und Differenzen konnten jedoch nicht überwunden werden, sodass immer wieder Probleme und Konflikte auftauchen.
Wer ist dabei?
In den letzten Monaten und Jahren haben sich unterschiedlichste Organisationen und einzelne AktivistInnen zusammen getan. Die Spannbreite geht von Antifagruppen über Umwelt- und entwicklungspolitische NGOs bis hin zu kirchlichen Gruppen. Dazu kommt noch die Beteiligung von attac als größtem Akteur, der Linkspartei, seit Ende letzten Jahres auch der Grünen, Solid und natürlich uns. Dieses Novum in der deutschen AktivistInnenszene soll die Protestbewegung stärken, vor Spaltungen schützen und ist somit ein großer Erfolg.
Es kriselt
Doch die beste Bündnisarbeit konnte nicht erreichen, dass für alle Fragen ein gemeinsamer Kompromiss gefunden wurde. Die erste große Differenz kam schon zu Beginn im letzten Jahr auf, als über die Beteiligung von Parteien diskutiert wurde. Auf jedem Bündnistreffen fand eine Debatte über die “Parteienfrage” statt, doch zu einem Konsens kam es nicht. Dabei wurde deutlich, dass die Sichtweise auf Parteien in den Organisationen sehr unterschiedlich ist. Manche lehnten jegliche Beteiligung von Parteien ab, andere hatten nur Probleme mit den Grünen und andere fürchteten eine Dominanz der Linkspartei.
Die Gewaltfrage
In den letzten Wochen tauchte ein neuer Konflikt vor allem zwischen attac und linkeren Gruppen auf. Kleinere Organisationen bekamen das Gefühl, dass attac auf Grund der Größe und Finanzstärke eine zu dominante Rolle im Bündnis angenommen hatte. So wurde bei Verhandlungen mit der Stadtverwaltung in Rostock und der mecklenburgischen Landesregierung attac oft als einziger Partner angesehen. Verstärkt wurde dieser Konflikt in der Diskussion über die Gewaltfrage. Die durch das Bündnis entworfenen Aufrufe beinhalten alle ein Bekenntnis zur Gewaltfreiheit. Für die meisten beteiligten Gruppen wie auch für uns ist ein gewaltfreier Protest unverzichtbarer Bestandteil gemeinsamer Aktionen. Auch linkere Gruppen im Bündnis stehen zur Gewaltfreiheit. Unterschiede bestehen jedoch in der Bewertung anderer Protestformen. So sehr gewaltfreie Aktionen während des G8-Gipfels im Mittelpunkt stehen werden, werden Proteste mit Gewalt gegenüber Menschen und Gegenständen nicht auszuschließen sein. Maßgeblich wird unter anderem das Verhalten der Polizei gegenüber den Demonstrierenden sein. Auch wenn wir uns nicht daran beteiligen, bleibt die Frage offen, wie wir uns dazu äußern. Sollen wir es verurteilen, da es schädlich für die gesamten Proteste ist? Sollen wir Solidarität zeigen und uns positiv bzw. neutral den Aktionen gegenüber stellen? Im Bündnis wurde über die Frage noch nicht intensiv diskutiert. Wahrscheinlich gibt es keine pauschale Antwort und die konkrete Situation wird entscheidend sein. Für Missgunst sorgten jedoch einige Interviews von attac-Mitgliedern, in denen sie sich explizit von gewalttätigen Protestformen distanzierten. Des Weiteren verurteilten sie Aktionen wie das Werfen von Farbbeuteln als schädlich für das ganze Spektrum und bezeichneten dies als Konsens im Bündnis. Solche Reaktionen fanden andere Gruppen wiederum unverständlich, da sie die Solidarität zwischen unterschiedlichen Protestformen wichtig finden. Eine gemeinsame Strategie wird es in diesem Feld bis zum Gipfel wohl nicht mehr geben.
Gemeinsames Ziel oder gemeinsame Gegnerin?
Trotz der Streitigkeiten in verschiedenen Bereichen überwiegen die Gemeinsamkeiten im Bündnis. Die gemeinsame Planung der Protestmodule und die zeitliche Abstimmung hat ein Angebot mit unterschiedlichen Aktionsformen geschaffen, an dem Jede und Jeder sich beteiligen kann. Doch gibt es wirklich ein gemeinsames Ziel, oder hält uns nur die gemeinsame Gegnerin, die G8, zusammen? Wollen die Kirchen wirklich das Gleiche wie die Antifa erreichen? Die Hintergründe mögen verschieden sein, auch stehen bei Umwelt-NGOs und Friedensinitiativen andere Themen im Mittelpunkt, aber es ist nicht nur die Gegnerin, die uns vereint. Der Gedanke einer anderen Welt mit demokratischen Strukturen, Gerechtigkeit in und zwischen Staaten und dem Abbau von Macht- und Wirtschaftsinteressen in der Politik ist doch der Antrieb aller, um im Juni in Heiligendamm und darüber hinaus aktiv zu werden.
Paula Riester (23) ist Sprecherin der GRÜNEN JUGEND und seit einem Jahr im G8-Bündnis aktiv. Die Arbeit mit anderen Gruppen findet sie sehr bereichernd, kann aber mittlerweile nicht mehr über die “Parteienfrage” diskutieren.
http://www.gruene-jugend.de/spunk/339721.html