2007-05-10
- Sternmarsch gegen das G8-Treffen soll verboten werden
- G-8-Gegner sollen "Exekutionen" erwogen haben
Landwirte um G8-Austragungsort sollten Flächen dokumentieren
- "Hilfe, die G8-Proteste kommen"
- Körting verteidigt Proteste gegen G8
- Gedenkveranstaltung zum 40. Jahrestag der israelischen Militärbesatzung Palästinas
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Sternmarsch gegen das G8-Treffen soll verboten werden. Massive Einschränkung des Demonstrationsrechts. Eilverfahren beim Verwaltungsgericht wird vorbereitet
Presseerklärung
Im heutigen Kooperationsgespräch in Rostock teilten die Vertreter der zuständigen Behörde Kavala mit, dass der Sternmarsch verboten werden soll. Alle angemeldeten Routen würden für Zufahrts- und Rettungswege gebraucht. "Von Kooperation war in dem Gespräch nichts zu merken. Die Behördenvertreter haben nur immer wieder wiederholt, dass auf keiner der Straßen der Sternmarsch stattfinden könne", so ein Gesprächs-Teilnehmer aus dem Vorbereitungs-Bündnis. Sobald der Verbots-Bescheid vorliegt, wird Klage per Eilverfahren beim zuständigen Verwaltungsgericht eingereicht. "Eine Demonstration ist in Bewegung. Es ist organisatorisch möglich, einen Teil der Straßen für den Protest zur Verfügung zu stellen und dennoch Rettungswege offen zu halten.", so Peter Kromrey vom Vorbereitungs-Bündnis. Derzeit werden die Vorbereitungen für den Sternmarsch fortgeführt.
Bisher hatte die Polizei stets dementiert, dass es Verbotszonen auch außerhalb des Zaunes um Heiligendamm geben soll. In dem Gespräch wurde nun deutlich, dass eine "protesfreie Zone" um Heiligendamm bis zu den Orten Kühlungsborn, Kröpelin, Bad Doberan und Nienhagen geplant ist. Genau von diesen Orten aus soll der Sternmarsch in Richtung Heiligendamm starten. Die Praxis ist aus den Anti-Atom-Protesten im Wendland als sog. Allgemeinverfügung bekannt. "Die Polizei hebelt das Demonstrationsrechtsrecht aus, indem sie den Protest 10 km vom Ort des Geschehens auf die grüne Wiese abdrängt. Auf diese Weise kann der Protest nicht mehr die Medienöffentlichkeit erreichen.", so Ulrike Donat, Anwältin des Anmelders zum Ausgang des Kooperationsgesprächs.
Ulrike Donat ist Spezialistin für Allgemeinverfügungen. "Wir haben sie extra aufgrund ihrer Erfahrungen beim Anti-Castor-Protest gebeten, den Fall zu betreuen.", so Peter Kromrey.
"Mit dem Verbot zeigt die Bundesregierung, was sie unter Demokratie versteht. Das Verbot ist nur ein weiterer Versuch, den Protest zu verhindern. Es reiht sich ein in die derzeitige Kriminalisierungswelle gegen den G8-Protest." so Susanne Spemberg vom Vorbereitungs-Bündnis mit Verweis auf die gestrigen Hausdurchsuchungen u.a. in Berlin, Hamburg und Bremen.
Der Sternmarsch wird getragen von einem breiten Bündnis der an der Mobilisierung zu den G8-Protesten beteiligten Gruppen aus den unterschiedlichen globalisierungskritischen Spektren. Die Demonstrationszüge setzen sich aus verschiedenen Bewegungen wie beispielsweise FriedensaktivistInnen, Queer-Bewegung, antirassistischen Gruppen oder Gewerkschaften zusammen und sind nach übergreifenden Themen organisiert. Mit den verschiedenen Armen des Sternmarsches und der gemeinsamen Abschlusskundgebung soll nach den Tagen vielfältigster Aktionen und Protesten sowie nach dem Alternativgipfel die Vielfalt und Stärke der Bewegung der Bewegungen auch auf der Straße noch einmal deutlich werden. Die Themenzüge sollen zeigen, dass eine andere Welt nötig und möglich ist.
[Sternmarschbündnis]
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G-8-Gegner sollen "Exekutionen" erwogen haben
Die Polizei warnt vor militanten Gegnern des G-8-Treffens im Juni. Mit den Razzien sollten die Pläne militanter Gruppierungen durchkreuzt werden. Doch nun wird befürchtet, dass sich die G-8-Gegner jetzt erst recht radikalisieren.
Die Sicherheitsbehörden schätzen die Gefährlichkeit militanter Gegner des Anfang Juni im Ostseebad Heiligendamm stattfindenden G-8-Weltwirtschaftsgipfels hoch ein. Nach eigenen Angaben hat die Bundesanwaltschaft Hinweise, dass eine terroristische Vereinigung mit Brandanschlägen und anderen gewalttätigen Aktionen den Gipfel stören will. Unter den G-8-Gegnern gibt es auch "Gruppen mit Potenzial zum Terror", heißt es in der Polizei.
Zwei Gruppen sollen ausgespäht werden. Zum einen gibt es den Verdacht, in Hamburg habe sich eine linke terroristische Zelle gebildet. Sie soll vor einigen Monaten das Auto von Thomas Mirow, Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, in Brand gesteckt haben. Die zweite Gruppe trägt den Namen Militante Gruppe (MG) und soll ihr Zentrum in Berlin haben. Nachdem im Januar zwei Polizeiwagen in Oranienburg angezündet wurden, hat es laut der Polizei ein Schreiben gegeben, in dem sich die MG zu einem "militanten Erstbeitrag" für die "im Entstehen begriffene militante Kampagne" gegen den G-8-Gipfel bekennt.
Nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden ist die MG die aktivste und gefährlichste Gruppierung innerhalb des linksextremistischen Spektrums. Seit 2001 hat sie 25 Brandanschläge auf Gebäude und Kraftfahrzeuge verübt. Zu den Anschlagszielen zählen etwa das Oberlandesgericht Naumburg und das Landessozialgericht Berlin. Die jeweilige Schadenssumme liegt vielfach im sechsstelligen Bereich. Zudem hat die MG mehrfach "scharfe Patronen" verschickt, etwa an den FDP-Politiker Otto Graf Lambsdorff.
Alle Verdächtigen sind auf freiem Fuß
Die MG führt eine "Militanzdebatte", die einer Radikalisierung der autonomen Szene dienen soll. Dabei wird sogar mit Knieschüssen und "Exekutionen von Entscheidungsträgern" aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft gedroht. "Einige wenige wie die Militante Gruppe neigen zu Gewalttaten", sagte Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) WELT ONLINE. Aber das sei keine Massenbewegung. "Wir stellen eine stärkere Politisierung fest, aber insgesamt keine stärkere Militanz."
Nach der Großrazzia gegen militante Gipfelgegner sind alle 21 Terrorverdächtigen nach wie vor auf freiem Fuß. Weder sei es zu vorläufigen Festnahmen gekommen noch habe die Bundesanwaltschaft Haftbefehle beantragt, sagte ihr Sprecher Frank Wallenta in Karlsruhe. Die Sicherheitsbehörden hatten am Montag 40 Treffs und Wohnungen mutmaßlich militanter G-8-Gegner in sechs Bundesländern im Norden Deutschlands durchsucht.
Am Mittwochabend war es bei einer Demonstration gegen Durchsuchungen in Hamburg zu Ausschreitungen im Schanzenviertel gekommen - nach einem Protestmarsch von rund 2000 Globalisierungsgegnern. Acht Personen wurden wegen des Verdachts des Landfriedensbruchs vorläufig festgenommen. In Berlin hatten sich rund 3000 G-8-Gegner versammelt, vier wurden festgenommen. Kleinere Demonstrationen in Kiel, Rostock, Leipzig, Köln, Göttingen, Hannover, Marburg und Mannheim blieben weitgehend friedlich.
Altlinke, junge Spaßguerilleros und der harte Kern
Nach Einschätzung des Hamburger Innensenators Udo Nagel (parteilos) war die Durchsuchung des Szenetreffs Rote Flora am Mittwoch kein politisches Signal: "Das ist eine ganz normale Reaktion auf Straftaten." Man werde mit "Straftätern und Chaoten nicht lange diskutieren", sagte er WELT ONLINE. Für die Hamburger Verfassungsschützer stellt sich die Lage schwierig da - zu heterogen und unübersichtlich ist die linke Szene. Vor allem bei Großdemonstrationen wie vor der Roten Flora kommen sehr viele verschiedene Gruppierungen zusammen: Altlinke, junge Spaßguerilleros und der harte Kern aus der autonomen Szene verbinden sich eher spontan und unorganisiert. Dazu reisen Demonstranten extra aus anderen Bundesländern an, die die Rote Flora als Symbol sehen.
Nach den Razzien befürchten die Aktivisten nun eine Radikalisierung des Protests. Mehr als 20 Organisationen haben sich unter dem Namen "Block G8" zusammengeschlossen. Sie wollen am ersten Gipfeltag mit einer Sitzblockade die Zufahrtsstraßen nach Heiligendamm versperren. Gewerkschaftsgruppen sind darunter, Ortsverbände der IG Metall, kirchliche Vereinigungen wie Pax Christi, globalisierungskritische Organisationen wie Attac oder linke Gruppierungen wie die Interventionistische Linke.
Die Polizei unterscheidet zwischen einem harten Kern gewaltbereiter Extremisten und einem Sympathisantenkreis. "Die Polizei will sicherstellen, dass das Demonstrationsrecht beim G-8-Gipfel wahrgenommen werden kann. Aber was wir nicht dulden können, ist, dass dort Anschläge und Gewalttaten begangen werden", sagte Konrad Freiberg, der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), WELT ONLINE. Und Berlins Innensenator Körting warnt davor, den gesamten Protest gegen den G-8-Gipfel zu kriminalisieren: "Demonstrationen und auch Kampagnen für Demonstrationen sind ein Teil unserer Demokratie." Nach seiner Ansicht darf man nicht die vielen Menschen, die Fragen stellen, und die wenigen, die kriminell sind, in einen Topf werfen.
Streit um die Rolle der RAF
Auch SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz plädiert für eine Politik mit Augenmaß. "Man muss sich davor hüten, jetzt Benzin ins Feuer zu gießen." Er sieht keine wachsende linksextreme Bedrohung, hält die Razzien aber für notwendig. Auch Unionsfraktionsvizechef Wolfgang Bosbach (CDU) verteidigt die Aktion: "Es geht darum, dass wir 15.000 Gäste haben aus dem In- und Ausland. Und diese Gäste haben einen Anspruch darauf, dass Deutschland alles tut, um ihre Sicherheit zu gewährleisten."
Grünen-Chefin Claudia Roth kritisiert dagegen, man könne nicht eine ganze Bewegung kriminalisieren und in eine terroristische Ecke stellen. GdP-Chef Freiberg hatte gesagt, dass die alte RAF-Garde zunehmend Einfluss nehmen könnte auf die linke Szene von heute. Die Auftritte der Ex-Terroristen Inge Viett und Ralf Reinders aus der RAF-nahen Bewegung des 2. Juni bei Kundgebungen zum 1. Mai in Berlin-Kreuzberg seien Anzeichen dafür. "Wir werden es noch erleben, dass Linksextremisten Anschläge verüben und sich dabei auf die RAF beziehen", so Freiberg.
[http://www.welt.de/politik/article864740/Die_Angst_vor_den_Gipfel-Stuermern_waechst.html]
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Landwirte um G8-Austragungsort sollten Flächen dokumentieren
Der hiesige Landtagsabgeordnete Dr. Henning von Storch wies heute die Landwirte seines Wahlkreises darauf hin, dass etwaige Schäden auf ihren Flächen, die durch Demonstrationen gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm und mögliche Polizeieinsätze entstehen könnten, belegbar sein müssten.
"In erster Linie betrifft das die landwirtschaftlichen Flächen um den Austragungsort Heiligendamm und um die vorgesehenen Camps der Gipfelgegner. Ich kann den Landwirten nur empfehlen, den derzeitigen Zustand fotografisch festzuhalten und zu dokumentieren, um nach dem Gipfel die möglichen Beeinträchtigungen und Schäden belegen zu können", so Henning von Storch.
Auch wenn zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Vereinbarungen seitens des Landes zu Entschädigungen durch Gipfelproteste oder ähnlichem getroffen wurden, sei eine solche Maßnahme sinnvoll. "Um etwaige Entschädigungsansprüche geltend machen zu können, müssen anhand der Schäden und deren Ursachen auch Nachweise erbracht werden. ", so Dr. Henning von Storch abschließend.
[http://www.henning-von-storch.de/presse/index.php?f=news&act=show&id=73]
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"Hilfe, die G8-Proteste kommen"
Berichterstattung über soziale Bewegungen und Protest
Eine Informationsveranstaltung für Journalisten am 22. Mai 2007 im WZB
Soziale Bewegungen und die von ihnen organisierten Proteste sind eine konstante Größe in der politischen Landschaft der Bundesrepublik. Sie sind aber - anders als Parteien, Regierungen und Verbände - nicht hierarchisch organisiert und sprechen nicht mit einer Stimme. Auch wenn sich in manchen sozialen Bewegungen ein professioneller Umgang mit Medien entwickelt hat, machen es diese Bedingungen für viele Journalisten schwer, korrekt und kundig über Proteste und die dahinter stehenden Gruppen zu berichten.
Soziale Bewegungen sind ein wichtiger Akteur in demokratischen Gesellschaften wie Deutschland. Immer stärker findet politisches Engagement jenseits von Parteien und Parlamenten statt. Die Teilnahme an einer Demonstration oder an Aktionen zivilen Ungehorsams ist für viele Bürger ein selbst-verständliches Mittel, um ihre Meinung zu vertreten. Ein Blick zurück zeigt, dass außerparlamentarische Bewegungen oft ein fundamentales gesellschaftliches Umdenken und sozialen Wandel ausgelöst haben; die Frauen- oder die Umweltbewegung sind offensichtliche Beispiele dafür. Jenseits der institutionellen Politik werden in Protestbewegungen Probleme benannt und Lösungen erarbeitet. Auch wenn viele Journalisten anlässlich der wiederkehrenden Protestwellen feststellen, dass soziale Bewegungen etwas zu sagen haben, fehlt ihnen häufig der Zugang oder auch Wissen zu dieser Partizipationsform. Hartnäckig halten sich Mythen und Klischees über Proteste und die Menschen, die sie tragen. Zum Beispiel:
• "Die Deutschen protestieren weniger als die Franzosen."
• "Demonstrationen sind in den letzten Jahren seltener geworden."
• "Demonstranten sind immer dagegen und haben keine Alternativen anzubieten."
Da soziale Bewegungen ressourcenschwach sind, bleiben sie stark von der Berichterstattung in Massenmedien abhängig. Sie können ihr Image nicht durch teure PR-Kampagnen aufbessern. Die Unterstützung durch neue Mitstreiter und Bündnispartner ist aber stark davon abhängig, wie soziale Bewegungen in der Öffentlichkeit dargestellt werden.
Die Veranstaltung soll Journalisten verstehen helfen, nach welchen Logiken Protestbewegungen funktionieren und welche grundsätzlichen Fehler in der Berichterstattung vermieden werden können.
Termin und Ort
Mittwoch, 22. Mai 2007, 12-14 Uhr
WZB, Reichpietschufer 50, 10785 Berlin, Raum B002/003
Programm
12.00 Begrüßung
12.05 Simon Teune (WZB) - Was sind und wie funktionieren Protestbewegungen?
12.15 Dieter Rucht (WZB) - Was tun, wenn's brennt? Mythen und Pannen in der Berichterstattung über Proteste
12.25 Gespräch mit und Fragen an Svenja Koch (Pressesprecherin Greenpeace), Felix Kolb (ehem. Pressesprecher von Attac), Christine Pöhlmann (Nachrichtenagentur AFP), Stefan Raue (Projektleiter G8 des ZDF), Margaret Heckel (Ressortleiterin Politik, Welt/Welt am Sonntag/Berliner Morgenpost)
Moderation: Alfred Eichhorn (rbb)
14.00 Ende
Weitere Informationen und Anmeldung: Claudia Roth (Referat Information und Kommunikation), Tel. 030/25491-510, roth@wzb.eu
Inhaltliche Fragen beantwortet: Prof. Dieter Rucht, Tel. 030/25491-306, rucht@wzb.eu
[http://www.wz-berlin.de/aktuell/pdf/rucht_akt_net.de.pdf]
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Körting verteidigt Proteste gegen G8
Der Innensenator sieht die Großrazzia der Bundesanwaltschaft kritisch. Er hält es für falsch, den Widerstand gegen das Gipfeltreffen zu kriminalisieren. Körting befürchtet eine Solidarisierung der G-8-Gegner mit den wenigen Gewalttätern.
Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) musste an sich halten. Nur seine Erfahrung als Jurist und die Würde seines Amtes als Vorsitzender der Innenministerkonferenz hinderten den Sozialdemokraten daran, die Großrazzia gegen Gegner des G8-Weltwirtschaftsgipfels offen zu kritisieren. Sehr deutlich machte Körting jedoch am Donnerstag, dass er es für falsch und riskant hält, den Protest gegen G8 zu kriminalisieren. Hinter vorgehaltener Hand nannten Berliner Sicherheitsexperten die Aktion "kontraproduktiv". Die Ermittlungen würden ausgehen "wie das Hornberger Schießen", also keine Hinweise auf geplante Anschläge bringen, dafür aber die Szene mobilisieren und zusammenschweißen.
Im Berliner Abgeordnetenhaus sagte der Senator, auch "nachhaltige Demonstrationen und Kampagnen für Demonstrationen" seien Teil unserer Demokratie. Man dürfe nicht "die Vielen, die Fragen stellen, mit den Wenigen, die kriminell sind, in einen Topf werfen".
Berliner Polizei nicht beteiligt
Am Mittwoch hatten 900 Polizisten in sechs norddeutschen Bundesländern 40 Objekte durchsucht, um Hinweise auf terroristische Aktivitäten der Kampagnen-Organisatoren zu finden. Einen Schwerpunkt bildeten Buchläden, Medienarchive und ein Internet-Provider in Kreuzberg. Das Bundeskriminalamt hatte Berliner Polizisten nur mit Absperr- und Hilfsarbeiten beauftragt, ansonsten die Durchsuchungen aber in Eigenregie vorgenommen.
Zwar gebe es unter den Gipfel-Gegnern eine Debatte über Gewalt, sagte Körting. Aber die wenigen Gewaltbereiten seien relativ isoliert: "Sie schwimmen mit, aber sie lenken die Bewegung nicht. So soll es bleiben", sagte Körting. Zu den Globalisierungskritikern gehören neben Gruppen aus dem anarchistischen, autonomen, antifaschistischen und linksextremen Spektrum auch kirchliche und gewerkschaftliche Organisationen, Teile der Grünen, Linkspartei und Nichtregierungsorganisationen.
Die Proteste der Gipfel-Gegner gegen die Polizei-Aktion am Mittwochabend in Kreuzberg lobte Körting ausdrücklich. Er sprach den Organisatoren seinen "Respekt" aus, weil sie trotz "hoher Emotionalisierung eine politische Demonstration ohne Auswüchse" erreicht hatten. Mit 3000 Teilnehmern hatte die Demonstration mehr Menschen auf die Straße gebracht als die autonome Demo am 1. Mai. Am Rande des Umzugs wurden vier Personen wegen des Vorwurfes des schweren Landfriedensbruchs festgenommen. Zwei Beschuldigte wurden bis gestern Vormittag wieder auf freien Fuß gesetzt, sagte ein Polizeisprecher. Keiner der 570 eingesetzten Beamten wurde verletzt.
Vier Festnahmen
Körtings Einschätzung der Großrazzia unterscheidet sich fundamental von den Kommentaren führender Innenpolitiker der großen Koalition im Bund. Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz bezeichnete die Razzia als "sachgerechte Maßnahme" der Sicherheitsbehörden. Der innenpolitische Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion, Wolfgang Bosbach, sagte im TV-Sender N24, es gelte, gegen gewaltbereiten Extremismus entschieden vorzugehen, egal ob von rechts oder von links. Beim G8-Gipfel seien 15000 Gäste aus dem In- und Ausland zugegen, unterstrich der CDU-Politiker. "Und diese Gäste haben einen Anspruch darauf, dass Deutschland alles tut, um ihre Sicherheit zu gewährleisten." Berlins CDU-Generalsekretär Frank Henkel sagte, die Bedrohung, die von der linksextremen Szene ausgehe, werde vom Rechtsstaat offenbar als sehr konkret eingeschätzt. "Es ist ein Unterschied, ob Mütter und Kinder auf die Straße gehen und für eine gerechte Welt demonstrieren, oder ob linke Extremisten Barrikaden errichten, randalieren und zündeln", sagte Henkel.
Auch die Bundesanwaltschaft wies Vorwürfe zurück, die Globalisierungsgegner generell zu kriminalisieren. Sprecher Frank Walenta sagte, der Einsatz "diente der Beschaffung von Beweismaterial, das die Aufklärung in zwei laufenden Ermittlungsverfahren voranbringen soll". Das sichergestellte Material müsse nun umfangreich untersucht werden. Es sei "eine Vielzahl von Computern und Laptops, Verbindungsdaten und Unterlagen beschlagnahmt" worden, so der Sprecher.
Dass es trotz des schwer wiegenden Vorwurfs der Bildung einer terroristischen Vereinigung zu keiner Festnahme kam, sei keineswegs ein Widerspruch. Der entsprechende Paragraf 129a, Absatz 2, rechtfertige das Vorgehen der Bundesstaatsanwaltschaft.
Gipfel-Gegner mobilisieren weiter
Die Gipfel-Gegner kündigten an, ihre Aktivitäten gegen das Treffen der Staats- und Regierungschefs der acht wichtigsten Industriestaaten vom 6. bis 8. Juni im Ostseebad Heiligendamm unvermindert fortsetzen zu wollen. "Eine Spaltung in gute und schlechte Globalisierungskritiker wird es nicht geben, die Vorbereitungen laufen nach wie vor auf Hochtouren mit allen beteiligten Gruppen", so Tim Laumeyer von der Antifaschistischen Linken Berlin.
Auch am Ort des Geschehens in Mecklenburg-Vorpommern fahren die Behörden jetzt einen härteren Kurs gegen die Gipfel-Gegner, nachdem zuletzt eher Kooperation und die gemeinsame Suche nach Demo-Routen und Übernachtungsplätzen im Vordergrund standen. Gestern verbot die Polizei einen Sternmarsch, der von den vier Nachbarorten Kühlungsborn, Kröpelin, Bad Doberan und Nienhagen bis zum Sicherheitszaun vor Heiligendamm führen sollte. Die Straßen würden als Zufahrts- und Rettungswege gebraucht, so die Begründung. Die Anmelder des Sternmarsches haben Klage gegen eine "Protest-freie Zone" rund um den Gipfel-Ort angekündigt. Offenbar gehe es darum, den Protest zehn Kilometer vom Ort des Geschehens auf die grüne Wiese abzudrängen und für die Medienöffentlichkeit nicht mehr erreichbar zu machen, sagte die Anwältin Ulrike Donat.
[http://www.welt.de/berlin/article865080/Koerting_verteidigt_Proteste_gegen_G8.html]
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Gedenkveranstaltung zum 40. Jahrestag der israelischen Militärbesatzung Palästinas
Ort: Heiligendamm am Zaun/Bad Doberan
Termin: 5. Juni 2007, 11:00 - 13:00 Uhr
Am 5. Juni 2007 jährt sich zum 40. Mal der Beginn des Krieges, in dessen Verlauf Israel die Westbank einschließlich Ost-Jerusalem sowie den Gaza-Streifen besetzte.
Aus diesem Anlass werden palästinensische, israelische und internationale Menschenrechts-aktivistInnen gemeinsam mit der Jüdischen Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost (EJJP Deutschland) an dem Zaun, der Heiligendamm umschließt, eine Gedenkveranstaltung durchführen. In Heiligendamm werden am 7. und 8. Juni die Führer der acht mächtigsten Industrienationen zu einem Gipfel zusammenkommen, um ihre globale Politik von Krieg, Ausbeutung und Verarmung abzustimmen. Wir wollen an die Opfer der 40-jährigen Besatzung erinnern und ein Ende der bedingungslosen Unterstützung der kriegerischen Politik Israels durch die G-8-Staaten fordern.
[Israelis gegen G8 c/o Jüdische Stimme - EJJP Deutschland]