Linksextremistische Protestvorbereitung gegen den G8 Gipfel 2007

Berlin
Senatsverwaltung für Inneres und Sport
Abteilung Verfassungsschutz
Stand: Januar 2007

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1 AUSGANGSLAGE

In der Zeit vom 6. bis 8. Juni 2007 findet in Heiligendamm (Mecklenburg-Vorpommern) der G 8-Gipfel statt. Wie auch bei früheren Gipfeltreffen von EU, WTO, IWF, Weltbank oder den G7/ G8 (z. B. Seattle 1999, Genua 2001, Göteborg 2002, oder Gleneagles 2005) beabsichtigen Linksextremisten gegen den Gipfel zu protestieren. Bereits seit Anfang 2005 bereiten sich
verschiedene Gruppen aus der linksextremistischen Szene bundesweit auf den Gipfel vor. Das Spektrum der linksex- tremistischen Gipfelgegner reicht von trotzkistischen Gruppierungen wie „Linksruck“ über antiimperialistische Gruppen wie das „Gegeninformationsbüro“ bis zur militanten autonomen Szene (z. B. „Antifaschistische Linke Berlin“/ALB).

2 ZIELSETZUNGEN

Im Gegensatz zu globalisierungskritischen Organisationen, kirchlichen Gruppen oder Gewerkschaften geht es links- extremistischen Gruppen nicht um die Artikulierung von Kritik. Ihr Ziel ist es, den Gipfel zu delegitimieren und wirksam zu stören. Sie begreifen den Protest gegen den Gipfel als Teil ihres Kampfes für eine revolutionäre Überwindung unseres Gesellschaftssystems.
So erklären linksextremistische Gruppen1 aus dem „Linksradikalen & Autonomen Bündnis Berlin“ (LAB) zu ihrer Zielsetzung bezüglich der Gipfelproteste:

„Unser Kampf richtet sich gegen die G 8 und das kapitalistische und imperialistische Weltsystem, für das sie stehen, und gegen das wir täglich und kontinuierlich vor Ort kämpfen müssen! Wir wollen keine andere, reformierte G 8, sondern treten für das Motto ‚G 8 stoppen! Gipfel blockieren!’ an. Unser Kampf ist aber auch eine Unterstützung der nationalen Befreiungsbewegungen, etwa in Kolumbien und Venezuela, in Nepal, in Palästina, Kurdistan und im Baskenland. Sicher wollen wir alle eine staatenlose Gesellschaft [...]“2

Auch die „Interventionistische Linke“ (IL), der neben einigen nichtextremistischen Gruppen und Einzelpersonen eine Vielzahl linksextremistischer Gruppen wie z. B. die ALB und „Für eine linke Strömung“ (F.e.l.S.) angehören, haben das Ziel, die Proteste anlässlich des G 8-Gipfels zu radikalisieren. Dies sei ein notwendiger Schritt zur Überwindung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. In ihrer Gipfelzeitung heißt es unter dem Motto „Mit der G 8 kann es keinen Dialog geben“:

„In der Radikalisierung und Ausweitung all dieser Initiativen wird sich letztendlich auch die Frage nach einem Bruch mit dem klassenherrschaftlichen, patriarchalen, rassistischen und imperial(istisch)en System und die Eigentumsfrage neu stellen.“3

„Für eine Linke, die in den offenen wie untergründigen sozialen Konflikten und in all ihren widersprüchlichen Verlaufsformen den Ansatzpunkt wie das Potenzial für jede Form revolutionärer Gesellschaftsveränderung sieht, wird es jedoch darauf ankommen, diesen Konflikten in und um Heiligendamm zum Ausdruck zu verhelfen. [...] Ob und inwieweit der G 8-Gipfel zum Bezugs- oder gar zum Kristallisationspunkt der Klassenauseinandersetzungen hier zu Lande gemacht werden kann, ist auch ein Maßstab für die momentane tatsächliche sozial- revolutionäre Bedeutung der radikalen Linken.“4

Ein weiteres Ziel, welches Linksextremisten mit den Gipfel- protesten verbinden, ist die Suche nach Bündnispartnern. Für sie stellt die Organisation der Proteste ein Ansatzpunkt dar, langfristig die Isolation innerhalb der Gesellschaft zu überwinden. Die Gipfelproteste sollen unter anderem dazu dienen, neue Strukturen innerhalb der linksextremistischen Szene aufzubauen und neue Personen zu gewinnen. In einem Papier aus dem Berliner „Dissent!“-Spektrum heißt es:

„Die Hoffnung ist, dass die Kampagne Effekte für eine aktionsfähige Linke in Deutschland zeigt, die also nicht nur auf den Sommer 2007 beschränkt sind, sondern darüber hinaus wirksam bleiben.“5

Eine weitere Berliner Gruppe aus dem „Dissent!“-Spektrum erklärt, dass die überregionale Mobilisierung die Chance bergen könnte, „dass ein Grossteil der überregionalen radikalen Linken zusammenkommt und auch über den Gipfel hinaus Zusammenarbeit, bzw. eine darüber hinausreichende Struktur schafft.“6

Am deutlichsten äußert sich diesbezüglich das „Anti-G 8-Bündnis für eine revolutionäre Perspektive“.

„Wir wollen die Mobilisierung gegen die G 8 in der Situation einer aktuellen Zuspitzung der Widersprüche nutzen, um den Abwehrkampf gegen den laufenden Angriff im Inneren wie auf globaler Ebene mit dem Kampf für eine befreite Gesellschafts- ordnung zu verbinden. [...] Wir gehen davon aus, dass der G 8-Gipfel gerade in der aktuellen Situation eine wichtige Gelegenheit für die revolutionäre, klassenkämpferische und internationalistische Linke bietet. Eine erfolgreiche Mobilisierung könnte der Startpunkt für eine wieder stärker werdende Revolutionäre Bewegung und Organisierung in der BRD
sein.“
7

Die Vorbereitungen zu den Protesten hingegen haben schon frühzeitig gezeigt, dass keineswegs Einigkeit über Zielrichtung und Ausgestaltung der Protestformen besteht. Mittlerweile haben sich drei bundesweite Bündnisse gebildet, die zum Teil sich widersprechende Ansichten vertreten:
„Dissent!“, die „Interventionistische Linke“ (IL) und das „Revolutionäre G 8-Bündnis“.

Die systematische Vorbereitung von Protestaktionen gegen den Heiligendammer Gipfel setzte bereits 2005 ein. Bestimmt wurden die Aktivitäten maßgeblich durch die bundesweiten Netzwerke „Dissent!“ und IL. An beiden Bündnissen sind federführend Gruppen der Berliner linksextremistischen autonomen Szene beteiligt. Inhaltlich unterscheiden sie sich in der Frage, wie der Protest organisiert werden soll. So ist die IL bestrebt, ein möglichst breites Bündnis unter Einschluss von Gewerk- schaften und kirchlichen Gruppierungen zu organisieren, um ein großes Protestpotenzial mobilisieren zu können. Neben linksextremistischen Gruppen wie „Linksruck“, ALB und F.e.l.S. sind in der IL auch nicht extremistische Organisationen aktiv. „Dissent!“ hingegen setzt sich fast ausschließlich aus linksextremistischen Gruppierungen zusammen. Sie halten den Ansatz von IL eher für schädlich. Systemüberwindende Positionen könnten bei einem breiten Protestansatz nicht mehr richtig vermittelt werden.

Einige linksextremistische Gruppen sind in beiden Bündnissen aktiv. Im Frühjahr 2006 hat sich zudem noch ein relativ kleines ausschließlich aus antiimperialistischen Gruppen bestehendes
„Revolutionäres G 8-Bündnis“ (später „Anti-G 8-Bündnis für eine revolutionäre Perspektive“) gebildet. In diesem sind unter anderem die Berliner Gruppen „Autonome Kommunisten“,
„Gegeninformationsbüro“ und „Rote Aktion Berlin“ (RAB) aktiv. Das „Anti-G 8-Bündnis für eine revolutionäre Perspektive“ formuliert das Ziel der Gesellschaftsüberwindung am deutlichsten.

3 MILITANTE KAMPAGNE

Trotz aller Unterschiede ist es das gemeinsame Ziel aller drei Bündnisse, den Gipfel maßgeblich zu stören. So heißt es in der von der IL herausgegeben Gipfel-Zeitung „G8Xtra“:

„Und zweitens dürfen die Blockaden selbst gerade nicht symbolisch sein, sondern müssen den ernsthaften und entschlossenen Versuch darstellen, den G 8-Gipfel von seiner Infrastruktur abzuschneiden.“8

In einem von „Dissent!“ herausgegebenen Reader erklärt die Berliner autonome Gruppe „Autopool“:

„Auch wenn uns das Ziel ‚Gipfel verhindern’ bei gegenwärtigen Kräfteverhältnissen eine etwas zu markige Pose zu sein scheint, halten wir Begrifflichkeiten wie ‚stören’, ‚blockieren’,‚aufmischen’ und ‚präsent bzw. unberechenbar sein’ für schon passender. Um politisch deutlich zu machen, dass wir den Kapitalismus mit all seinen Institutionen für nicht reformierbar halten, halten wir auch den Ausdruck ‚Gipfel angreifen’ durchaus für brauchbar.“9

Ohne die Form der Proteste genau zu spezifizieren, erklärt ein Mitglied der Berliner Gruppe F.e.l.S, dass man eine Spaltung „in gute und dialogbereite KritikerInnen auf der einen Seite und gewaltbereite Spinner, Außenseiter und Chaoten auf der anderen Seite“ nicht mitmachen dürfe. Dies sei nichts anderes als „eine Strategie des neoliberalen Projektes“:

„Die Blockaden können und müssen, wenn wir für eine breite Konstellation werben wollen, unterschiedlich aussehen: Sitz-, Steh- und Materialblockaden; und auch die unterschiedliche
Konfrontations- und Risikobereitschaft der AktivistInnen ist zu berücksichtigen.“
10

Aus dieser Stellungnahme wird deutlich, dass man gewalttätigen Protest nicht ablehnt; die Forderung nach Berücksichtigung der unterschiedlichen Konfrontations- und Risikobereitschaft
ist als verklausulierte Forderung zu betrachten, gewalttätigen Protest mit einzubeziehen.

Auch an den sonstigen Parolen der linksextremistischen G8- Mobilisierung wird deren Militanzbereitschaft deutlich. So heißt es von der Gruppe „Libertad!“:
„G 8 – rammen und versenken“11 .
Weiter fordert „Libertad!“ ein produktives Chaos und einen Widerstand, der auf Befreiung zielt.

In einer zum Gipfel herausgegebenen Aktionskarte rufen Linksextremisten 2006 dazu auf, Aktivitäten an anderen Orten als Heiligendamm zu entfalten. Es heißt dort:

„Die G 8-Aktionskarte ist eine Idee der Aktionen-AG in der G 8-Mobilisierung. Damit verbunden war und ist die Hoffnung, dass es zu mehr kommt als zu den klassischen Formen des politischen Protestes in Deutschland, den großen und einheitsorientierten Demos, Gegenkonferenzen und Massenblockaden.“12

Die Aktionskarte listet zahlreiche Aktionsziele auch in Berlin auf. In dieser Äußerung wird klar, dass die Autoren mehr wollen als normale Demonstrationen und Blockaden. Die Gruppe „PAULA“ spricht davon, dass man den Herrschenden etwas entgegen schleudern wolle. Durch die Ablehnung der Legalität wird deutlich, dass es sich hierbei nicht um friedliche Aktionsformen handeln kann.

„Wir lassen uns in unseren Aktionen nicht auf Formen festlegen, die ein Bekenntnis zur Legalität einfordern – was nichts anderes heißt, als dass wir dazu genötigt werden sollen die herrschende Ordnung anzuerkennen. Wir wollen nicht, dass unsere Aktionen die Unterwerfung unter eine Ordnung symbolisieren, die täglich tausende Menschen um die Ecke bringt. Vielmehr werden wir all denen, die für dieses organisierte Verbrechen verantwortlich sind ein entschiedenes NEIN und so manches andere mehr entgegen schleudern.“13

Ein weiterer Beleg dafür befindet sich im „Dissent!“-Reader für den G 8-Gipfel. Dort sind Nachbetrachtungen zu Protesten anlässlich früherer Gipfel-Treffen als Diskussionsgrundlage
abgedruckt. Es heißt dort u. a.:

„Zu unseren Aktionsformen gehört auch die Anwendung politischer Gewalt. Sie ist für uns ein notwendiges, aber nicht hinreichendes Mittel im politischen Kampf. Solange die revolutionären Kräfte schwach sind, ist politische Gewalt ein symbolisches Mittel der Propaganda und kann keine Machtfrage
stellen. Sie ist kein Selbstzweck, sondern taktisches Mittel. [...] Die Anwendung politischer Gewalt bedeutet daher die Übernahme einer hohen Verantwortung für sich selbst wie für andere. Sie darf nie terroristisch, d. h. gegen Unbeteiligte gerichtet sein. Unbeteiligte sind für uns aber nicht diejenigen, die das Herrschaftssystem gewaltsam verteidigen, als Polizisten, Politiker oder Militärangehörige; ebensowenig diejenigen, die die Herrschaftsstrukturen noch verschärfen wollen, als Faschisten, Rassisten, Sexisten; und letztlich auch nicht die ‚oberen Zehntausend’, die Menschheit und Natur in ihrem Privatbesitz wähnen.“
14

Der Abdruck eines weiteren Textes von „drei Leuten aus Berlin“ zur Auswertung des EU-Gipfels 2003 in Thessaloniki bekräftigt die Befürwortung der Anwendung politisch motivierter Gewalt:

„Denn natürlich sind wir überhaupt nicht gegen MILITANZ. Ganz im Gegenteil, wir halten es für richtig und auch für sinnvoll gerade auch bei Gipfeln die Symbole der Herrschaft und die Arroganz der Macht anzugreifen und wenn möglich dem auch konkreten materiellen Schaden zuzufügen – doch bitte gezielt. Militanz ist eben kein Selbstzweck und Wohnhäuser und Apotheken sind keine Banken oder Konzerne.“15

Deutlich sichtbar wird bereits jetzt die Militanzbereitschaft linksextremistischer Gipfelgegner durch eine seit den Sommer 2005 anhaltende militante Kampagne gegen den G 8-Gipfel.
Ausgangspunkt der Kampagne war ein Brandanschlag auf den Privat -PKW des Vorstandsvorsitzenden der Norddeutschen Affinerie AG in Hollenstedt (Niedersachsen) in der Nacht zum 28. Juli 2005. In der zur Tat veröffentlichten Selbstbezichtigung schlugen die Täter, „eine breite, auch militante Kampagne zum G 8 Gipfel 2007 in Heiligendamm“16 vor. Man wolle die Zeit bis zum Gipfel nutzen, zu diskutieren, „wo und wie wir Struk- turen kapitalistischer Ausbeutung und imperialistischer Unterdrückung angreifen können und müssen“17 . Die Kampagne solle die Solidarität mit den Kämpfen gegen „Ausbeutung und Imperialismus im Trikont“18 verdeutlichen, die globalen Strukturen hier angreifen und zudem die Verbindung zwischen „Aktionsfeldern des sozialen Widerstandes“19 herstellen.

Seitdem wurden vierzehn erhebliche Sachschäden verursachende Brandanschläge (inkl. einem Versuch) mit dem Begründungs- zusammenhang des G 8-Gipfels begangen. Fünf dieser Brandan- schläge wurden in Berlin bzw. im unmittelbaren Umland durchgeführt. Die restlichen wurden im norddeutschen Raum begangen. Darüber hinaus waren bisher über 20 Sachbeschädi- gungen bundesweit mit G 8-Hintergrund zu verzeichnen.

So bewarfen am 5. Oktober unbekannte Täter das Gebäude des Landesverbandes der „Arbeiterwohlfahrt“ (AWO) mit Farbflaschen. In ihrer Selbstbezichtigung machten sie die AWO für eine rassistische Flüchtlingspolitik verantwortlich. Sie sprachen sich dafür aus die Flüchtlingspolitik in den Fokus der Proteste gegen den G 8-Gipfel zu nehmen.

„es ist richtig immer wieder mit dem finger auf rassistInnen und derartige entscheidungsträgerInnen zu zeigen und sie anzupissen. langfristig finden wir es wichtig, dass militante gruppen ihre möglichkeiten erweitern, die abschiebemaschinerie zu beeinträchtigen. die rz machte uns dies in ihrer flüchtlingskampagne in den 80er jahren vor und fackelte massenhaft akten in ausländerbehörden oder zum beispiel
im ausländerzentralregister ab.“
20

Am 3. Januar zerstörten unbekannte Täter die Fensterscheiben des „Adidas Original Store Berlin“ in der Münzstraße in Berlin-Mitte. Es entstand ein Sachschaden von ca. 30 000 Euro. In dem in einem linken Internetportal veröffentlichten Selbstbezichtigungsschreiben warfen die unbekannten Täter der Firma Adidas die Ausbeutung von Arbeitskräften der Zuliefer- firmen vor.
Sie forderten, „die kapitalistische Verwertungslogik [zu bekämpfen], die unter anderem durch den G 8-Gipfel
repräsentiert wird.“
21 Die Firma Adidas wurde bereits in einem Selbstbezichtigungsschreiben zur Brandstiftung am PKW eines Vorstandsmitgliedes der Firma Tchibo am 8. Dezember 2005 in Hamburg erwähnt. Auch hier setzten die unbekannten Verfasser ihre Aktion in den Begründungs- zusammenhang „Ausbeutung von Arbeitskräften“ und verbanden die Thematik mit der militanten Kampagne gegen den G 8-Gipfel.

In der Nacht zum 15. Januar verübten unbekannte Täter einen Brandanschlag auf zwei Dienstkraftfahrzeuge der Bundespolizei am Bahnhof Oranienburg (Brandenburg). Beide Fahrzeuge brannten völlig aus. Am 17. Januar ging zu der Tat ein Selbstbezichti- gungsschreiben der „militanten gruppe“ (mg) beim Tagesspiegel ein. Die mg bezeichnet die Bundespolizei darin als
„das zentrale ausführende Verfolgungs- und Abschiebeorgan von MigrantInnen und Flüchtlingen in der BRD.“22

Die Tat stellt sie in eine Reihe mit ihren Brandanschlägen auf Fahrzeuge der Bundespolizei am 4. September 2006 am Bahnhof Lichtenberg und auf eine Arztpraxis am 20. Dezember 2006 in
Dessau (Sachsen-Anhalt). Auch die Taten wurden im Begründungs- zusammenhang Migration und Antirassismus begangen. Das Migrationsthema soll eines der Kernthemen der G 8-Proteste sein.
Folglich reiht die mg ihre Tat auch in die militante Kampagne gegen den G 8-Gipfel ein. Sie erklärt hierzu:
„Im Rahmen der Mobilisierung gegen den bevorstehenden G 8-Gipfel spielt die weltweite Migrationskontrolle und Flüchtlingsbekämpfung eine hervorgehobene Rolle. Militanter Antirassismus hat darauf Antworten zu finden. Wir haben eine mögliche gegeben!

Mit dieser militanten Aktion eröffnen wir freudig unseren Einstieg in die vielschichtigen Mobilisierungen gegen den im Juni dieses Jahres stattfindenden G 8-Gipfel in Heiligendamm. Mit diesem militanten ‚Erstbeitrag’ wollen wir die im Entstehen begriffene militante Kampagne gegen den G 8-Gipfel
unterstützen."
23

Bis zum Gipfel ist mit der Begehung weiterer Brandanschläge zu rechnen.

TERMINPLAN DER GIPFELPROTESTE

Die Proteste gegen den G 8-Gipfel werden sich bereits jetzt absehbar nicht auf den Zeitraum um den Gipfel herum beschränken. Die Monate bis zum Gipfel sollen im Szene-Jargon als „warm
up“ zur Mobilisierung genutzt werden. So nennt das „Anti-G 8-Bündnis für eine revolutionäre Perspektive“ als weitere Daten, die zum Protest gegen den G 8-Gipfel genutzt werden können
die Sicherheitskonferenz am 9./10. Februar in München und den „revolutionären“ 1. Mai.
Zusätzliche Ansatzpunkte könnten die im Rahmen der deutschen EU-Präsidentschaft stattfindenden Veranstaltungen, insbesondere der für den 25. März terminierte EU-Gipfel anlässlich
des 50. Jahrestages der Unterzeichnung der „Römischen Verträge“ in Berlin, sein.

Für den Zeitraum um den G 8-Gipfel herum zeichnet sich nach dem bisher erreichten Planungsund Organisationsstand der Kampagne für die Proteste (bestehend aus Nichtextremisten und Linksextremisten) folgender Fahrplan ab:

1. Juni: Besetzung des so genannten „Bombodroms“
2. Juni: Großdemonstration in Rostock
5. bis 7. Juni: Aktionen des Zivilen Ungehorsams (z. B. Blockaden)
5. bis 7. Juni: Durchführung eines Gegengipfels
5. Juni:Sternmarsch auf Heiligendamm
 7. Juni: Abschlusskonzert nahe Heiligendamm/Rostock

Einen besonderen Aktionsort stellt in diesem Zusammenhang der zivil wie militärisch genutzte Flughafen Rostock-Laage dar, über den zum Teil An- und Abreisen von Gipfeldelegationen
stattfinden sollen. Diesen planen insbesondere Berliner Linksextremisten der Gruppe „Autopool“ zu blockieren, um so den Verlauf des Gipfels zu beeinträchtigen.

Aktionen gegen den Gipfel sind aber auch in anderen Teilen Deutschlands in Betracht zu ziehen.
Vor dem Hintergrund der umfassenden Sicherheitsmaßnahmen in Heiligendamm kann nicht ausgeschlossen werden, dass Linksextremisten ausweichend an anderen Orten tätig werden. Ein
Hinweis dafür bietet der Aufruf „Deutschland blockieren“ einer Gruppe „11. November Bewegung“. Sie schlägt vor,

„10 Tage vor Beginn des Gipfels in dem vorgeschlagenen Camp massenhaft zusammenzukommen, um uns in Ruhe zu treffen und zu planen, dann aber der Eröffnung des G 8 mit einem massiven Exodus
zuvorzukommen, weg von Rostock, wo es nichts zu blockieren gibt, weg vom Hochsicherheitshotel, wo die G 8-Leader bereits blockiert sind, hin zu einem oder mehreren Zentren von Kapital und Staatsgewalt (z. B. Hamburg, Berlin, Frankfurt ...).“
24

6 AUSBLICK

Es lässt sich feststellen, dass die Proteste gegen den G 8-Gipfel sich mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht nur auf Heiligendamm beschränken werden. Insbesondere Berlin bietet vor dem Hintergrund der EU-Ratspräsidentschaft, die Deutschland im ersten Halbjahr 2007 inne hat, genügend Ansatzpunkte für Protestaktionen. Dabei sind nicht nur friedliche Demonstrationen, sondern auch militante Aktionen in Betracht zu ziehen. Vor dem Hintergrund der bisherigen Vorbereitungen ist jedoch davon auszugehen, dass das linksextremistische Protestpotenzial aus heutiger Sicht hinter den Erwartungen der Aktivisten zurückbleibt.

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1 Es handelt sich um die Gruppen „Autonome Kommunisten“ (AK), „Gruppe Arbeitermacht“ (GAM), „Revolution“, „Rote Aktion Berlin“ (RAB) und „Stadtteilinitiative Neukölln-Nord“ (SINN).

2 Erklärung „Imperialismus pur“ vom 5.11.2005.
Internetauftritt des „Anti-G8-Bündnisses für eine revolutionäre
Perspektive“, Aufruf am 17.1.2007.

3Herrschaft keine Ruhe gönnen. In: G8-XTRA – Zeitung für eine „Interventionistische Linke” Nr. 3/2007, S. 1.

4 Ebenda, S. 2.

5 G8-KO zu G8 2005, 2006 und 2007. In: Dissent!: Einblicke in das Innenleben einer Mobilisierung – Reflexionen und Diskussionen aus dem DISSENT!-Spektrum, Berlin Juli 2006, S. 7.

6Ebenda, S. 8.

7 Anti-G8-Bündnis für eine revolutionäre Perspektive: Stop G8. Kapitalismus.Internetauftritt des „Gegeninformationsbüros“, Aufruf am 19.12.2006. Imperialismus. Krieg.

8 Mobilisierung des Gemeinsamen. In: G8Xtra – Zeitung für eine “Interventionistische Linke” Nr. 2/2007, S. 1.

9 Ebenda, S. 12.

10 Berit Schröder: Selber machen, damit nicht andere das Bild bestimmen! Überlegungen zum Stand der Mobilisierung gegen den G8-2007. In: Dissent!: Einblicke in das Innenleben einer Mobilisierung – Reflexionen und Diskussionen aus dem DISSENT!-Spektrum, Berlin Juli 2006, S. 18 - 19.

11 Libertad!: Folterwelten. Militarisierung – Repression – Weltwirtschaft: Kampagnenvorschlag G8/2007. In: ebenda, S. 58-64.

12 Aktionen-AG der G8-Mobilisierung: Aktionskarte.

13 PAULA: Aufruf zu dezentralen Blockaden. Internetauftritt von „Dissent!“, Aufruf am 22.1.2007.

14 Ebenda, S. 88.

1515 Ebenda, S. 82.

16Selbstbezichtigungsschreiben. In: „INTERIM“ Nr. 622/2005, S. 15 - 20.

17 Ebenda.

18 Ebenda.

19 Ebenda.

20 „INTERIM“ Nr. 643/2006, S. 4 – 8.

21 Internetauftritt „indymedia“, Aufruf am 3.1.2007.

22 mg: Anschlagserklärung vom 14.1.2007.

23 Ebenda.

24 11. November Bewegung: Deutschland blockieren. Internetauftritt „indymedia“, Aufruf am 18.1.2007.

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