Proteste gegen Polizeigewalt in Heiligendamm

junge Welt 11. Juni 2007

Spontane Aktionen gegen staatliche Repression nach dem G-8-Gipfel in zahlreichen Städten. Zu Wochenbeginn »Köpi«-Aktionstage in Berlin

Von Lothar Bassermann
Nach dem Abschluß des G-8-Gipfels in Heiligendamm am Freitag kam es in mehreren Städten zu Solidaritätsaktionen und Spontandemonstrationen gegen die staatliche Gewalt gegen Gipfelgegner. Zur größten Demonstration kam es in Berlin-Mitte. Kleinere Aktionen gab es auch in Mannheim, Leipzig-Connewitz, Stuttgart, Offenburg, Chemnitz, Lübeck, Bochum und Neuruppin.

In der Hauptstadt zogen etwa 400 Menschen am Freitag gegen 22 Uhr spontan vom Hackeschen Markt zum Rosenthaler Platz und forderten die Freilassung der noch inhaftierten Demonstranten. Die Polizei war mit rund 1000 Beamten und Hubschraubern im Einsatz. Mehrfach wurden durch die schließlich auf 800 Menschen angewachsene Demonstration Straßenkreuzungen besetzt, die durch die Einsatzkräfte nur mit Mühe geräumt werden konnten. Dabei flogen vereinzelt auch Flaschen und Steine, sechs Demonstranten wurden festgenommen. Gegen Mitternacht beruhigte sich die Lage.

In der Nacht zum Samstag gingen in verschiedenen Berliner Stadtteilen acht Autos in Flammen auf. Damit stieg die Zahl von Brandstiftungen an Fahrzeugen in Berlin in diesem Jahr auf über 70. Bereits in der Nacht zuvor waren zwölf Luxuskarossen angezündet worden. Ein Polizeisprecher meinte gegenüber junge Welt, daß die neuerlichen Anschläge »sicherlich in Zusammenhang mit den Anti-G-8-Protesten« zu sehen seien. Wie die Polizei weiter informierte, gingen bei einer Bank im Stadtteil Pankow Freitag nacht sämtliche Scheiben zu Bruch. Zudem bewarfen Unbekannte das Arbeitsamt in Neukölln mit Pflastersteinen. Für Sonntag abend riefen verschiedene Gruppen zu einer Protestaktion vor dem Studio von Sabine Christiansen auf, die das Gipfelgeschehen in ihrer Sendung ohne Kritiker analysieren wollte.

Protest gegen die Massenfestnahmen rund um Heiligendamm und die Bedingungen in den Sammelgefängnissen gab es Freitag nacht auch vor der JVA in Lübeck. Mit einer Spontandemonstra­tion und einem Feuerwerk solidarisierten sich rund 50 Menschen mit sechs dort Inhaftierten, die sich seit Donnerstag im Hungerstreik befanden und damit gegen die schlechten Haftbedingungen protestierten. Nach Informationen des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins (RAV) waren die sechs am Rande der Anti-G-8-Proteste festgenommen und zunächst in der JVA Waldeck (Mecklenburg-Vorpommern) in Unterbindungsgewahrsam genommen worden. Später wurden sie nach Lübeck verlegt. Wie der Ermittlungsausschuß »Legal Team« am Sonntag mitteilte, sind sie inzwischen frei.

Turbulent könnte es zu Wochenbeginn erneut in Berlin werden: Anläßlich der Zwangsversteigerung des autonomen Berliner Wohn- und Kulturprojektes »Köpi« im Mai ruft das Unterstützerumfeld ab Dienstag zu bundesweiten Aktionstagen auf. Den Abschluß markiert eine »Internationale Demonstration« am Samstag mit dem Motto »Gegen die G-8-Repression! Köpi bleibt Risikokapital! Linke Politik verteidigen!« Der Treffpunkt ist um 14 Uhr am Adenauerplatz.

Informationen: koepi.squat.net/

http://www.jungewelt.de/2007/06-11/038.php