ANSCHLAG AUF LUFTHANSA-MANAGER

Hamburger Morgenpost 19. Mai 2007

Wieder kein Täter gefasst!
Autonome schlagen in Niendorf zu


THOMAS HIRSCHBIEGEL

Erst lagen Monate zwischen den Anschlägen, dann Wochen - jetzt nur noch Tage: Erneut haben Autonome das Haus eines Hamburger Managers mit Steinen und Farbe angegriffen. Diesmal traf es August Wilhelm Henningsen, Chef der Lufthansa Technik AG. Erst Montag hatten die Täter das Luxushotel "Louis C. Jacob" an der Elbchaussee attackiert (MOPO berichtete). Hintergrund sind militante Proteste gegen Globalisierung, den G8-Gipfel und das Außenministertreffen in Hamburg.

Wie immer, schlugen die Autonomen mitten in der Nacht gegen 3.45 Uhr zu: Durch eine kleine Waldfläche schlichen sie zur Rückfront des Niendorfer Hauses des Vorstandschefs, schleuderten Steine und mit Farbe gefüllte Gläser gegen den Wintergarten. Der Sohn des Hausbesitzers wurde wach, alarmierte die Polizei. Nach einem neuen Fahndungskonzept rasten 43 Peterwagen nach Niendorf, riegelten den Stadtteil ab. Auch schleswig-holsteinische Polizei rückte an, überwachte A7 und Bundesstraßen. Doch die Täter waren wie vom Erdboden verschluckt. Lediglich eine 15-jährige Ausreißerin ging den Beamten ins Netz. Sie hatte mit den Anschlägen aber nichts zu tun.

Hatten sich die Täter in der Nähe des Anschlagsorts ein Versteck gesucht und in diesem in Ruhe abgewartet, bis die Polizeiarmada abgezogen war? Eine andere Erklärung für den Fahndungsmisserfolg gibt es bei einem derart massiven Polizeieinsatz kaum noch. Auch bei den anderen Anschlägen gab es nicht den Hauch einer Spur. Und das, obwohl die Täter zu Zeiten zuschlugen, in denen kein Mensch auf der Straße ist. Sie agierten außerdem in feinen Gegenden, wo zu dieser nachtschlafenden Zeit Autos schnell Verdacht erregen.

Wie immer, rückte der Staatsschutz jetzt in die Wohnstraße ein, versuchte, Spuren zu sichern. Doch Hoffnungen können sich die Spezialisten des Landeskriminalamts kaum machen: Bisher hatten die Täter noch nie nennenswerte Spuren hinterlassen. Polizeisprecher Ralf Meyer gibt sich trotzdem weiter kämpferisch: "Wir werden den Fahndungsdruck weiter erhöhen."

Er verweist auf das Schutzkonzept für gefährdete Personen. Nach MOPO-Informationen sind hier Dutzende Bürger einbezogen. Das Problem für die Polizei: Die Täter suchen sich ihre Opfer offenbar willkürlich aus: Vom Chef einer Werbeagentur, über den Boss der Alu-Werke, zu Rüstungsmanagern und einem Staatssekretär. Ein Ermittler: "Ob diese Menschen dabei überhaupt etwas mit dem G8-Gipfel oder der Globalisierung zu tun haben, ist den Tätern offenbar egal."

Info:
23. Feb. 2007

Brandanschlag auf Fahrzeuge der Firmengruppe Dussmann in Schnelsen

26. Dez. 2006

In Winterhude wurde das Haus von Finanzstaatssekretär Mirow attackiert.

28. April 2006

Der Wagen des Wirtschaftsinstitutschefs Thomas Straubhaar brennt.

Zur Person:

August Wilhelm Henningsen

August Wilhelm Henningsen wurde am 16. November 1950 geboren und begann nach seinem Maschinenbaustudium an der Technischen Universität in Braunschweig am 1. Oktober 1979 als Systemingenieur bei der deutschen Lufthansa in Hamburg. Später war er als Hauptabteilungsleiter für die Flugzeugkabine und Systeme zuständig. 1991 übernahm er die Verantwortung für die Überholung der Boeing-737-Flotte in Berlin. Von 1997 bis 2000 war Henningsen General Manager der Ameco Beijing in Peking. Im Januar 2001 wurde er zum Vorstandsvorsitzenden der Lufthansa Technik AG berufen.

Zitat:
"Wir werden den Fahndungsdruck weiter erhöhen"

Ralf Meyer, Polizeisprecher

(MOPO vom 19.05.2007 / SEITE 8-9)