"Kapitalismus einzäunen!"
Heute morgen um 9 Uhr haben Baufirmen und Polizei an der Jemnitzer Schleuse bei Heiligendamm zu einer Pressekonferenz eingeladen, um der Öffentlichkeit das erste Zaunelement des G8-Zauns zu präsentieren. Mitglieder der "Aktionsgruppe Zauninspektion" (AZ) nutzten diesen Anlass, mittels einer satirischen Aktion die Unsinnigkeit dieser Absperrung zu demonstrieren. Sie bezogen sich auf eine Äußerung des Ministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Till Backhaus (SPD). Dieser beschrieb die Funktion des Zaunes "als eine Maßnahme zur "Besucherlenkung". Der geschaffene Zaun solle keine Sperre darstellen, sondern lediglich den Zugang zum Wald erschweren."
Gegen die 12,5 Mio. teure "Leiteinrichtung Zaun" setzte die "Aktionsgruppe Zauninspektion" ein rot-weißes Flatterband in Szene und pries in einer satirischen Rede dessen Vorzüge in Bezug auf Flexibilität, Kostenersparnis und optische Leitfähigkeit. Mit dieser Methode sei es möglich, für den gleichen Betrag "nicht nur einen Tagungsort neoliberaler Politik einzuzäunen, sondern gleich die kompletten G8-Staaten. Durch diese Maßnahme kann deutlich markiert werden, welche Länder und Regierungen den Hauptimpuls zur Ausbeutung der Menschen im Trikont und in den G8-Ländern selbst geben.", sagte Klara Abau von der "Aktionsgruppe Zauninspektion". Die Aktionsgruppe kennzeichnete den Zaun daraufhin mit einem Transparent auf dem kommentiert wurde: "Kapitalismus einzäunen".
Die Staatschefs der G8 wollen sich im Juni 2007 hinter diesem Zaun versammeln. "Dieser Zaun", so sagte Polizeiführer Abramowski, "soll den Gipfel vor terroristischen Bedrohungen schützen." Minister Backhaus wies dagegen im OZ-Artikel vom 15.11.2006 daraufhin, dass "die Beachtung der Zäune im rechtlichen Sinne auf Freiwilligkeit beruhe". Er weist zudem darauf hin, daß "nicht ordnungswidrig handelt, wer über oder unter den Querstreben dieser Leiteinrichtung den Zaun passiert und den Wald betritt."
Die "Aktionsgruppe Zauninspektion" sieht dies anders: "Der Zaun ist eine Sperrmaßnahme gegen den Protest und kann nur als sinnfälliges Symbol der Verachtung für die Opfer der G8-Politik gesehen werden. Zu erwartende leere Versprechungen von Blair, Merkel und Putin, die angeblich die Armut dieser Welt bekämpfen, werden von den Gitterstäben des Zaunes leider nicht abgehalten.", sagte Klara Abau. "Krieg, kapitalistische Ausplünderung und ökologische Verelendung treiben Millionen von Menschen weltweit in die Flucht aus ihren Ländern. Ein Teil davon flüchtet in Richtung der G8-Staaten, um dort wenigstens an einem Bruchteil der ihnen weggenommenen Reichtümer teilhaben zu können. Auf dem Weg dorthin sterben viele, weil man sie verdursten, verhungern oder ertrinken lässt. Die paar, die es hierhin schaffen, vegetieren in Lagern unter menschenunwürdigen Bedingungen".
"Zusammen mit Flüchtlingen wollen wir gegen den Gipfel protestieren. Nichts hätte deutlicher sein können in einer Welt voller rassistischer, nationaler und sozialer Schranken als ein weiterer Zaun, um uns die Verachtung der Herrschenden spüren zu lassen.", so Klara Abau.
"Der Zaun wird uns aber nicht hindern, unseren Protest in verschiedenen Aktionsformen zu artikulieren.", zeigte sich Abau abschließend optimistisch.
Anhänge:
- satirische Rede, gehalten während der Pressekonferenz
- Fotos
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Rede zur Zauninspektion am 15.1.07
Sehr verehrte Testpersonen,
Wir kommen von der "Initiative für Flexibilisierung von zaunartigen Leitfunktionen" - kurz: FzL.
Sie sehen hier ein von staatlicher Seite entworfenes Projekt. Dieses dient für ein paar Tage Anfang Juni als zaunartige Leitfunktion für die Tagung der G8. Die Bevölkerung des Landes Mecklenburg-Vorpommern kann sich aber an dieser wunderbaren Vorrichtung aus Beton und Stahl länger erfreuen, da der Auf- und Abbau ca. 9 Monate beansprucht.
Verwundert mussten wir allerdings aus vielen LeserInnen-Briefen der Ostseezeitung entnehmen, daß die Bevölkerung sich mit diesem Geschenk nicht anfreunden möchte. Neben der Unsinnigkeit des Treffens und den Kosten von gut 15 Mio. Euro wird auch gegen den Zaun ins Felde geführt, daß dieser eine Einschränkung der Naherholungsfunktion des Waldes bedeute.
Wir danken dem Herrn Minister, daß er auf Anfrage einer Bürgerin klargestellt hat, daß dieser Zaun nur der Besucherlenkung diene und das Recht auf Naherholung und auch das Recht auf Demonstrationsausübung keinesfalls behindere. Schließlich könne jeder, der wolle, ohne Probleme diesen Zaun unter oder übersteigen, ganz wie es beliebt.
Angesichts der zu erwartenden Massivität des Zaunes eine für uns sehr unrealistisch anmutende Antwort. Da nützt es auch nichts, daß uns hier und heute lediglich ein paar Betonblöcke präsentiert werden, um die man zweifelsohne gut herumlaufen kann, auch der Sandweg eignet sich gut zum Drüberlaufen, doch wir wissen, daß da noch was drauf kommt, und weisen die heutige publicityträchtige Präsentation der Regierung als fehlerhaft, suggestiv und grobe Täuschung der Presse zurück.
Sehr verehrte anwesende der Presse,
wir möchten ihnen nun hier eine wesentlich billigere Lösung vorstellen, welche von unseren MitarbeiterInnen der "Initiative zur Flexibilisierung von zaunartigen Leiteinrichtungen" (FzL) entwickelt wurde.
Wir präsentieren:
die Innovation schlechthin, das rotweiße Flatterband, welches nun als optische und flexible Leitfunktion Verwendung findet.
Wir treten hiermit ein in den Wettbewerb um die beste Leitfunktion. Lassen Sie uns diese gemeinsam an diesem Orte testen.
Verehrte Testpersonen,
schauen Sie, wie einfach es geht. Verspüren Sie einen Drang das Flatterband zu übersteigen, um z.B. in das Naherholungsgebiet des öffentlich zugänglichen Waldes zu gelangen, so können sie dies einfach tun. Das Band hat mehrere eingebaute Feinheiten, welches es im Wettbewerb mit dem Zaun auf jeden Fall überlegen machen. So ist es flexibler, optisch ansprechender und zu dem höhenverstellbar, d.h. die Höhe kann an die Körpergröße angepasst werden. Probieren Sie es aus.
Dieses Band mit 100 Meter kostete 4 Euro, für 15 Mio Euro kann man 400.000 Km umspannen, Nun ist es endlich möglich: Die FunktionsträgerInnen werden anstatt nur symbolisch die G8 einmal jährlich abzuschotten von den Leidtragenden ihrer Politik - effizient eine richtige Leitfunktionseinrichtung um alle die Länder zu ziehen, die das Elend in den Nicht G8 Staaten dieser Welt verursachen. Darüber hinaus, so denken wir, könnte es möglich ist, den genialen Gedankenblitz des Ministers für weitaus mehr Gegenden mit Leitbedarf einzusetzen, seien es Gasttätten für Reiche, Leistungsabteilungen in Arbeitsämtern,
.... Selbst solche Probleme wie Bannmeilen vor Parlamenten und Regierungsgebäuden harren schon seit Jahren einer optischen Lösung.