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2009-04-27

Kritik an: „Nach Strasbourg: Zum Umgang mit der Gewalt in den eigenen Reihen“, von Andreas Speck, WRI, auf gipfelsoli.org

Vieles in diesem Text stört mich massiv, hier nur kurz zu drei besonders hervorstechenden Punkten:

Bild: Strasbourg

a) Zu: Gewalt als Folge struktureller Gewalt

Zu den „drei sich gegenseitig verstärkenden Problembereichen“:

1. Anonymität: Ja ich will anonym bleiben, wenn ich demonstriere. In ein bis zwei Jahren ist die Software soweit, dass sie im Zusammenhang mit den biometrischen Daten meines Ausweises Anhand der Videoaufnahmen meinem zuständigen BVS-Beamten automatisch mitteilt, dass ich da war. Ich habe da keine Lust drauf.
Das agieren aus der Masse sehe ich eigentlich so ähnlich wie Herr Speck. Steine aus der letzten Reihe sind widerlich. An diesem Tag war das aber eindeutig anders. Auf der Vauban-Brücke waren die „Schwarzen“ vorne und haben den Weg freigemacht. Tatsache. Egal ob man die Mittel legitim findet oder nicht. Und: auf der Insel hatte jeder und jede stundenlang die Möglichkeit mit den Füßen abzustimmen. Festivalgelände und „Ausschreitung“ lagen wenige Meter auseinander. Die Insel konnte noch für Stunden verlassen werden. Wer trotzdem bei den brennenden Gebäuden blieb, war dafür selbst verantwortlich. Schutz und Unterstützung hat die Menge also freiwillig geleistet, eine Opfer-Theorie halte ich für fehl am Platz.
Zur Situation auf dem Weg in die Stadt zurück kann ich nichts sagen, dort war ich nicht mehr. Aber diskutiert wird ja meist die Inselsituation.

1. Spricht hier jemand Jugendlichen, die sich eventuell nicht eines so elaborierten Sprachstils befleißigen können, ihre Legitimation ab? Zugegeben, Taktik war da wohl nicht so die Stärke. Aber den Kids ihre Ziele abzusprechen, weil sie sie (noch) nicht so toll formulieren können, das halte ich für überheblich. Als ich in den Vorstädten ein bisschen unterwegs war, konnte ich mir schon ein grobes Bild von ihren Zielen machen. Vielleicht kann man denen einfach ein bisschen beim formulieren helfen, statt ihnen Ziellosigkeit zu unterstellen? 2. Ja. Die staatlichen Provokateure sind ein Problem. Aber diese Provokateure werden immer einsickern. Ob mit oder ohne Vermummung. Ob alle zusammen kämpfen oder nicht. Es liegt an jedem Einzelnen diese zu enttarnen und nicht mitzuspielen. Nur, uns von diesen „Staatsorganen“ auseinanderdividieren zu lassen, das erfüllt genau ihren Zweck.
Schaut euch den Sauerlandprozess an. Die suchen sich zwei Menschen und helfen denen noch damit sie eine Terrorzelle zum bekämpfen haben. Wir haben das nicht in der Hand. Wir können nur zeigen was schief läuft. Jeder mit seinen Mitteln.

Gewalt übt der Staat aus. Wir wehren uns.

b) Zu: Gegen die Logik der revolutionären Gewalt

„Wir sprechen allen revolutionären Gewalthandlungen jede sittliche, sozialistische Würde entschieden ab. Die Gewalt, immer Attentat gegen den Menschen, steht im schärfsten Widerspruch zum Geist des sozialistischen Ideals. (…) Es liegt für die Gewalt auch darin keine Rechtfertigung, daß sie im Namen der Interessen und Leiden der Mehrheit der arbeitenden und bedrückten Menschheit angewandt wird, " (Isaak Steinberg)

Ich gebe zu, dass ich nicht mit Steinbergs Gesamtwerk vertraut bin. Tollerweise definiert er seinen Gewaltbegriff aber gerade in diesem Textstück:“ Die Gewalt, immer Attentat gegen den Menschen…“. Und macht somit dieses Zitat absolut ungeeignet für die Verwendung in diesem Zusammenhang. Das nenne ich verfälschendes Zitieren. Fehlen hier sonst Argumente? Aggressive Handlungen habe ich während des 4.4. von Seiten der Demonstranten nur gegen Dinge gesehen. Auch die Sperre der Vaubaun-Brücke war hauptsächlich technisch. Nie wurde ein einzelner Cop gezielt angegriffen. Wenn, dann als Teil seiner Formation. Der Gewaltbegriff wird heute inflationär eingesetzt. Vor allem von den Staatsorganen, die die Gewalt exklusiv für sich in Anspruch nehmen. Sitzblockierer wenden heutzutage angeblich „passive Gewalt“ an. Wer diesen inflationären Gebrauch des Gewaltbegriffes unterstützt, hilft nur denjenigen, die das Gewaltmonopol für sich beanspruchen. Der „Black Block“ hat mit Unterstützung der Bunten zerstört und die Polizei zurückgedrängt. Soweit ich gesehen habe, wurde Gewalt im engeren Sinne nur von der Polizei angewendet. Wie Steinberg passend sagt:
Gewalt ist immer Attentat gegen den Menschen. Ist es kein Attentat auf einen Menschen ist es Zerstörung. Der Unterschied ist ganz einfach und unterscheidet die Aktionen von Polizei und Demonstranten in Straßburg deutlich. Die Demonstranten, ausführend waren hauptsächlich schwarz gekleidete, haben Dinge zerstört. Gewalt wurde aber nur von der Polizei ausgeübt. Eindeutig gekennzeichnete Mitglieder des Legal Teams wurden verletzt. Gezielt Schock- und Gasgranaten auf Kopf- und Körperhöhe in die Menge gefeuert.

Zu den „Black Block“-Aktionen bleibt für mich folgendes zu sagen: Der Zweck heiligt nicht die Mittel. Aber das Aufhalten der Demo für die Polizei so teuer wie möglich zu machen ist durchaus eine Strategie, die eine Botschaft in eine Verwertungsgesellschaft senden kann.

c) Zu den Bedingungen für eine weitere Zusammenarbeit

Wer eine Großdemonstration für kontrollierbar hält, sitzt dem gleichen Irrtum auf wie die Polizei. „klare Absprachen, Demonstrationen nicht für eine Auseinandersetzung mit der Polizei zu nutzen“ werden daran nichts ändern. Leute vom Camp zu vertreiben auch nicht. Es gilt, miteinander zu leben und das Beste daraus zu machen.

Source: email