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2003-01-21

NATO-"Sicherheitskonferenz - heisse Phase geginnt!

Zwischen Anti-Kapitalismus und Kinderschutzbund

Die Diskussionen werden heftiger, die Stellungnahmen immer absurder: Die NATO-Sicherheitskonferenz vom 7. bis 9. Februar in München sorgt bereits jetzt für Unruhe.

Horst Teltschik, der Organisator der "Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik" - so der offizielle Name der Tagung - spricht von einer "Friedenskonferenz", die Gegner von einem "Treffen der Welt-Kriegselite". Gegen die Tagung, die vom 7. bis 9. Februar zum 39. Mal im "Hotel Bayerischer Hof" in der Münchner Innenstadt stattfinden wird, mobilisiert das "Bündnis gegen die NATO-Sicherheitskonferenz", das schon die Proteste im letzten Jahr organisierte, zusammen mit Attac und dem Münchner Friedensbündnis. In den letzten Wochen sprangen außerdem der Münchner Kinderschutzbund, die evangelische Kirche und Teile der Gewerkschaften auf den Zug auf. Den absoluten Clou landete aber der Münchner Oberbürgermeister Christian Ude als er beim Dreikönigstreffen der SPD am 6. Januar erklärte, er wolle sich ebenfalls an Demonstrationen beteiligen. Seitdem ist in München eine heftige Diskussion entbrannt zwischen der CSU, der Münchner Polizei, den Veranstaltern der NATO-Sicherheitskonferenz um den früheren Kanzlerberater Horst Teltschik, der SPD und den Grünen, die ihre Rhetorik vom "Nein zum Irak-Krieg" bei gleichzeitigem offiziellen Sektempfang für die Teilnehmer der NATO-Sicherheitskonferenz durch OB Christian Ude immer hilfloser verteidige

Zwischen Anti-Kapitalismus und Kinderschutzbund

Die Diskussionen werden heftiger, die Stellungnahmen immer absurder: Die NATO-Sicherheitskonferenz vom 7. bis 9. Februar in München sorgt bereits jetzt für Unruhe.

Horst Teltschik, der Organisator der "Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik" - so der offizielle Name der Tagung - spricht von einer "Friedenskonferenz", die Gegner von einem "Treffen der Welt-Kriegselite". Gegen die Tagung, die vom 7. bis 9. Februar zum 39. Mal im "Hotel Bayerischer Hof" in der Münchner Innenstadt stattfinden wird, mobilisiert das "Bündnis gegen die NATO-Sicherheitskonferenz", das schon die Proteste im letzten Jahr organisierte, zusammen mit Attac und dem Münchner Friedensbündnis. In den letzten Wochen sprangen außerdem der Münchner Kinderschutzbund, die evangelische Kirche und Teile der Gewerkschaften auf den Zug auf. Den absoluten Clou landete aber der Münchner Oberbürgermeister Christian Ude als er beim Dreikönigstreffen der SPD am 6. Januar erklärte, er wolle sich ebenfalls an Demonstrationen beteiligen. Seitdem ist in München eine heftige Diskussion entbrannt zwischen der CSU, der Münchner Polizei, den Veranstaltern der NATO-Sicherheitskonferenz um den früheren Kanzlerberater Horst Teltschik, der SPD und den Grünen, die ihre Rhetorik vom "Nein zum Irak-Krieg" bei gleichzeitigem offiziellen Sektempfang für die Teilnehmer der NATO-Sicherheitskonferenz durch OB Christian Ude immer hilfloser verteidigen.

Die wundersamen Wandlungen des Christian U.
Der Münchner Oberbürgermeister Christian Ude hat ein großes Problem: Im letzten Jahr stellte er sich demonstrativ hinter das Kreisverwaltungsreferat und unterstützte das Verbot der Proteste gegen die NATO-Sicherheitskonferenz. In der Endphase des Kommunalwahlkampfes versuchte er, mit einer harten Linie Stimmen am rechten Rand zu fischen. Bis heute aber haben die Behörden keinen Nachweis erbracht für die "bis zu 3.000 Chaoten und Gewaltbereite", die München angeblich "entglasen" wollten. Im Gegenteil: Die Hinweise verdichten sich, dass diese Meldung frei erfunden war. Sie ähnelt zudem verdächtig den Warnungen, die das bayerische Innenministerium 1992 anläßlich des damals in München stattfindenden Weltwirtschaftsgipfels lancierte. Auch damals war von "3000 Chaoten" die Rede, die Warnhinweise von damals stimmen zum Teil wortwörtlich mit denen vom Februar 2002 Jahr überein.
OB Ude ist inzwischen klar, dass seine Strategie im letzten Jahr nicht aufgegangen ist. Im Gegenteil: Er musste Spott und heftige Kritik über sich ergehen lassen. Deshalb will Ude heuer alles richtig machen. Er werde dieses Jahr "Demonstrationen erlauben" war schon im Dezember von ihm zu hören. Die Münchner CSU reagierte prompt und warnte vor einem "Persilschein". Ihr Vorsitzender Johannes Singhammer polemisierte im gewohnten Stammtisch-Ton von "gewalttätigen Chaoten, denen die Grenzen aufgezeigt werden müssten". Wohl um die Fehler vom letzten Jahr wieder gut zu machen, ließ sich OB Ude dann am 6. Januar zu der verhängnisvollen Ankündigung hinreißen, selbst an Demonstrationen teilnehmen zu wollen.

Der Zick-Zack-Kurs von Ude und Co
Mit dieser Aussage begann für Ude ein Drahtseilakt, den er wohl nicht mehr lange durchhalten wird. Denn die Antwort von Seiten der Organisatoren der Protestaktionen kam prompt: Man freue sich, dass sich Ude den Protesten gegen den Krieg im Irak und gegen die NATO-Sicherheitskonferenz sowie gegen die "Kriegspolitik der Bundesregierung" anschließen wolle, sagte Claus Schreer vom "Bündnis gegen die NATO-Sicherheitskonferenz" auf einer Pressekonferenz Anfang Januar. OB Ude sitzt damit in der Falle, den gegen "seine SPD" will er dann doch nicht demonstrieren. Seit Anfang Januar versucht er deshalb verzweifelt, einen Ausweg zu finden ohne sein Gesicht zu verlieren. Denn - anders als im letzten Jahr - verweist seit Wochen auch die "bürgerliche" Presse in München explizit auf die Inhalte der Mobilisierungsflugblätter, in denen der Zusammenhang zwischen kapitalistischer Globalisierung und Kriegspolitik der NATO-Staaten hervorgehoben wird. Ein Zusammenhang, den Ob Ude nicht sehen will. Er hat vor, gegen einen Krieg im Irak demonstrieren, lehnt es aber - gezwungenermaßen - ab, an der Demonstration vom 8. Februar teilzunehmen, weil "dort ausgerechnet die Bundesregierung verleumdet wird, die am konsequentesten von allen europäischen Regierungen gegen den Krieg eintritt". Ude rudert verzweifelt zurück.
Inzwischen sind jedoch diverse andere Gruppen und Organisationen dem Münchner Oberbürgermeister blindlings in die Zwickmühle gefolgt. So ruft beispielsweise Heidrun Kaspar, die Vorsitzende des Kinderschutzbundes in München, Eltern und Großeltern dazu auf, sich dem Protestmarsch anzuschließen, da "Kinder die am meisten betroffenen Opfer des Krieges werden". Auch die Kirchen vertrauten Ude offenbar und erklärten öffentlich, Schlafplätze für anreisende Demonstranten bereit zu stellen. Ebenso wie andere "Trittbrettfahrer" waren sie anscheinend davon überzeugt gewesen, dass es Ude gelingen würde, die Organisatoren der Gegenveranstaltungen zu vereinnahmen und die Proteste gegen die NATO-Sicherheitskonferenz auf die schlichte Botschaft einer "Friedensdemonstration" zu verkürzen. Mit diesem Vorhaben aber ist Christian Ude kläglich gescheitert.

Rot-Grün lügt - auch in München
Was sich in München derzeit abspielt, ist vergleichbar mit den naiven Beteuerungen von Bundeskanzler Schröder und Außenminister Fischer, Deutschland werde sich nicht an einem Krieg gegen den Irak beteiligen, während gleichzeitig sämtliche Tageszeitungen seit Wochen in Artikel um Artikel darauf hinweisen, dass Deutschland schon mitten drin steckt: US-amerikanische Einrichtungen werden von Bundeswehrsoldaten geschützt, deutsche Soldaten fliegen in den Awacs-Aufklärungsflugzeugen mit und geben Zieldaten durch, und die Anti-ABC-Einheiten in Kuwait werden auch noch zum Einsatz kommen.
Was Schröder in Berlin vormacht, versucht Ude in München zu kopieren. So erklärte er vor Wochen, ob es einen städtischen Empfang für die Teilnehmer der NATO-Sicherheitskonferenz gebe, hänge davon ab, "ob Annan oder Rumsfeld dort das Sagen hat." Inzwischen hat Annan abgesagt und die angekündigten Vertreter der US-Regierung werden ihren Auftritt in München sehr wahrscheinlich dazu nutzen, die US-amerikanische Irak-Politik zu begründen und dann letztendlich durchzusetzen. Doch nach wie vor bekräftigt Ude, dass er einen städtischen Empfang für die Konferenzteilnehmer ausrichten wolle. Um sich gleichzeitig aber als Friedenstaube darstellen zu können, wird er - so der Stand am 21.1. - eine eigene Demonstration zusammen mit Gewerkschaftsbund und (wiederum) den Kirchen anmelden. Diese Demonstration soll sich dann ausschließlich gegen den Krieg im Irak richten. Sein Parteifreund Maget allerdings sagte noch am 18.1.: "Es ist schwer vermittelbar, die Teilnehmer der Konferenz mit Sekt zu empfangen und parallel dazu gegen einen Krieg im Irak zu demonstrieren." Ebenso zweigleisig fahren die Grünen: Während Fraktionschef Benker gegen die NATO-Sicherheitskonferenz demonstrieren will, verteidigt der 2. Bürgermeister Monatzeder die Konferenz: Man müsse "jede Gelegenheit nutzen, um die Amis vom Krieg abzuhalten".

Der Mikrokosmos München
Mit platten Anti-Amerikanismus und immer größeren Widersprüchen versuchen die Regierenden in München, ebenso wie in Berlin, der Bevölkerung ihre Politik zu verkaufen. Dabei stolpern sie jedoch einerseits über kritische Stimmen innerhalb ihrer Parteien und andererseits über die offensichtliche Realität der aktiven Beteiligung Deutschlands am Krieg.
Unabhängig vom Verlauf der Demonstrationen in München könnte bereits im Vorfeld ein großer Erfolg der Proteste gegen die NATO-Sicherheitskonferenz sein, diese Diskussion in die Öffentlichkeit getragen zu haben. Die Rhetorik vom "Krieg für Menschenrechte" sowie von der "Friedensmacht Europa" verliert so immer mehr an Glaubwürdigkeit. Das Verhalten sowie die Aussagen der Politiker in München tun ein übriges, um diese Position zu diskreditieren. Der politische GAU für Ude und Anhang wäre folgendes Szenario am 8. Februar: am Marienplatz demonstrieren Zehntausende gegen die NATO-Sicherheitskonferenz, Militarismus und Kapitalismus, während parallel dazu nur einige wenige zur Kundgebung von Oberbürgermeister Christian Ude kommen.

[indymedia.de, von Pressegruppe - Anti-NATO-Buendnis Muenchen - 21.01.2003 14:58]