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2009-06-02

G8, 5000 gegen die Innen- und Justizminister auf der Straße

Den einzigen kleinen Anlass zur Sorge hat es wegen einer Provokation von Ultrarechten gegeben

Es sollte die Generalprobe für den im Juli in L' Aquila stattfindenden G8 werden, das war zumindest die Prognose der Ordnungskräfte - so ist dem aber nicht gewesen. Die Protestdemonstration gegen den Gipfel der Innen- und Justizminister hat sich zahlenmäßig nicht als uferlos erwiesen, beim Abschluss der Demonstration haben die Veranstalter 10000 Teilnehmer gezählt, eine Schätzung, die vom Polizeipräsidium mehr als halbiert* wurde. Der einzige Moment der Spanung hat sich auf der Piazza Vittorio im Esquilino-Viertel ereignet, als es zu einer kleinen Provokation von Ultrarechten gekommen ist, auf die ein Grüppchen, das sich hierzu aus der Demonstration löste, geantwortet hat. Bald ist wieder Ruhe eingekehrt, die fünf Demonstranten wurden erkennungsdienstlich behaneelt und gleich wieder entlassen.

Um 15:00 bot die Piazza Maggiore den Veranstaltern der Protestdemonstration gegen den G8 der Innen- und Justizminister, der heute in Rom zu Ende gegangen ist sicher keinen beglückenden Blickfang. Damit die Reihe größer wurden, mussten die Ankunft von weitern Demonstranten aus ganz Italien abgewartet werden. Am Ende waren es 5000, die sich hinter dem Fronttransparent mit der Aufschrift "Globale Bürgerschaftsrechte - Gegen den G8 der Krise und des Rassismus" einreihten und an der der Porta Maggiore vorbei aufbrachen, um eine endlos lange Strecke bis zur Piazza Navona zurück zu legen.

Die Ordnungskräfte hatten die vom Netzwerk noG8 organisierte Demonstration als eine Generalprobe für den G8 Gipfel angesehen, der in L' Aquila stattfinden wird, nach der vom Prenier Silvio Berlusconi gewollten Verlegung des Tagungsortes von La Maddalena. Die Spannungen, mit denen noch am Vorabend gerechnet wurde, lösten sich aber nach und nach, während die Demonstration über die vom Versammlungsprotokoll der Hauptstadt erlaubten Straßen zog.

Die Teilnahme war heterogen, von dem Migrantenorganisationen bis zu den sozialen Zentren und dem Basisyndikalismus. Anwesend war auch die eine oder andere magere Repräsentanz von jener Linken, die, wie Rifondazione Comunista, raus aus dem Parlament ist. Die Parolen bezogen sich schwerpunktmäßig auf jene Fragen, die Migration betreffen - dem Thema, das im Mittelpunkt des Ministertreffens steht. Besonders vehement war der Protest gegen das kürzlich von der italienischen Regierung auf den Weg gebrachte Sicherheitspaket, und es hat auch nicht an Bezugnahmen auf die Wirtschaftskrise gefehlt. Die sehr große studentische Komponente hat nämlich laut die inzwischen berühmte Parole "Wir bezahlen für die Krise nicht" gerufen.

Die Demonstration wurde durch eine verhältnismäßig starken Ordnungsdienst beschützt, der an weißen T-shirts mit der Aufschrift "No G8" erkennbar war. Während sich die Ordnungskräfte, die in nicht unverhältnismäßger Zahl vor Ort waren, in gebührendem Abstand aufhielten. Es wurde rasch klar, dass die Athmosphäre nicht die selbe war, wie es bei anderen Anlässen der Fall ist. Ein großer Lkw spielte in voller Lautstärke Musik auf und diente als mobile Bühne, von der aus die Redebeiträge gehalten wurden.

Eine der wichtigsten Stationen der Demonstration ist Piazza Vittorio gewesen, die der multiethnischste Ort in Rom ist, in einem Viertel - dem Esquilin - in dem seit Jahren Menschen unterschiedlicher Nationalität zusammen leben. Ein historischer Ort in der Hauptstadt, an dem viele sich entschlossen haben, über die Bedingungen zu sprechen, unter denen Migranten ohne Aufenthaltsgenehmigung leben, und über die möglichen Folgen der Anwendung der im Sicherherheitspaket enthaltenen Normen. Genau auf der Piazza Vittorio hat sich der einzige Moment der Spannung des Tages zugetragen. Mindestens ein paar junge Rechtsradikale haben eine kleine Provokation inszeniert. Die Antwort aus der Demonstration heraus hat sich in einem kleinen Handgemenge konkretisiert, das bald vorbei war, als die jungen "neri" ** in einem Polizeiauto weggefahren wurden. Daraufhin setzte sich die Demonstration, die stehen geblieben war, "wir sind alle klandestin" rufend, erneut in Gang. Fünf Linke*** waren festgenommen worden, sie wurden aber nach einer erkennungsdienstlichen Behandlung wieder frei gelassen und konnten zur Demonstration zurückkehren.

Unter einer sengenden Sonne, die begann, die meisten hart zu trefen, haben sie die Via Merulana überquert, um dann über die Via Labicana das Kolosseum zu erreichen. Hier bildete eine vornehmlich aus Touristen zusammengesetzte Masse die Kulisse für den letzten Teil der Demonstration, die am Zirkus Maximus vorbei dann das Kapitol erreichte. Hier hat sich niemand die Gelegenheit entgehen lassen, "Roma libera" zu rufen, und manchen rhitmisch skandierten "Glückwunsch" an den ersten Bürger der Stadt**** zu adressieren.

http://tv.repubblica.it/copertina/quasi-linciati-5-rash/33317?video

A.d.Ü.:

* Dass die italienischen Polizeipräsidien die Zahlen halbieren, dritteln oder gelegentlich sogar vierteln, ist allgemein bekannt. In unabhängigen Berichten ist meist von 10000 die Rede. Auch gilt, dass die Demonstration unterwegs offenbar weiteren Zulauf bekommen hat.

** "Schwarze". Faschisten werden in Italien traditionell die "schwarzen" genannt, in anlehnung an die Schwarzhemden aus der Zeit der faschistischen Diktatur.

*** Die Faschisten hatten Flaschen auf die Demonstration geworfen. Darauf reagierten auch einige Rashs (Red and anarchist skinheads), die bei ihrer Rückkehr in die Demonstration gut zwei Stunden nach dem Zwischenfall mit lange anhaltendem Applaus begrüßt wurden

**** Giovanni Alemanno. Bevor er seine insitutionelle politische Karriere begann, war Alemanno militantes Mitglied der faschistischen Gruppierung Fronte della Gioventú, siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Gianni_Alemanno aber auch http://nyc.indymedia.org/en/2008/12/102358.shtml Bis heute trägt er ein keltisches Kreuz am Hals. Seine Wahl feierte er mit dem "saluto romano", der italienischen Entsprechung des Hitlergrußes. Zwei Bilder in eindeutigen Posen hier:

http://mazingazeta.files.wordpress.com/2009/04/alemannofascio2.jpg?w=450&h=301

http://nyc.indymedia.org/images/2008/12/102359.jpg

Source: http://www.agenziami.it/articolo/3788/G8+500+in+piazza+contro+i+Ministri+di+Interni+e+Giustizia/