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29.05.2007

Uneins im Protest - Die Beteiligung an Blockaden und Demonstrationen zum G-8-Gipfel ist innerhalb der Kirchen umstritten

Heiligendamm (epd). «Viele haben schlichtweg Angst», beschreibt Pastor Albrecht Jax die Stimmung in Bad Doberan kurz vor dem G-8-Gipfel im nahen Heiligendamm. Deshalb wollten auch etliche Einwohner Anfang Juni verreisen, wenn mit den Staats- und Regierungschefs der acht führenden Industriestaaten auch zehntausende Globalisierungskritiker in die Region kommen. Ein Mann habe ihn sogar gefragt, ob er verrückt sei, das Münster zu öffnen. Schließlich drohe die Gefahr, dass Chaoten «alles kaputthauen».

Doch die evangelische Kirchengemeinde lässt sich nicht beirren. Die Gemeindeleitung stehe geschlossen hinter den kirchlichen Aktionen, sagt der 38-jährige Theologe. Dazu gehören in der Woche vom 2. bis 8. Juni erweiterte Öffnungszeiten des Münsters in Bad Doberan von 8 bis 22 Uhr, täglich vier Andachten sowie ab 1. Juni eine Kunstausstellung auf dem Gelände der altehrwürdigen Klosterkirche.
In einem ökumenischen Gottesdienst sollen am 3. Juni zudem 30.000 Kerzen für die Kinder entzündet werden, die täglich auf der Welt in Folge von Armut sterben. Alles, was hingegen mit Gewalt zu tun hat, «können wir nicht unterstützen», antwortet Jax auf die Frage, wo für die Kirchgemeinde die Grenze des Engagements überschritten ist.
Aber selbst in der Frage der Beteiligung an gewaltfreien
Demonstrationen oder gar Blockaden gegen den G-8-Gipfel scheiden sich in den Kirchen derzeit die Geister. Der Reformierte Bund etwa, die Dachorganisation der gleichnamigen Kirchen, ruft zusammen mit attac zur Großdemonstration am 2. Juni in Rostock auf.
Demgegenüber setzen die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Mecklenburgs und das zuständige Hamburger Erzbistum auf katholischer Seite vor allem auf die Einladung zur Andacht und auf Foren in eigener Regie zu Fragen von Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung. Ebenso wie den Polizeibeamten sollen den möglicherweise inhaftierten Demonstranten, aber auch der Bevölkerung speziell ausgebildete Seelsorger zur Seite stehen.
Offenbar aus Furcht vor politischer Vereinnahmung wollen sich die beiden großen Kirchen in Mecklenburg auch nicht direkt am Rostocker «Alternativgipfel» beteiligen. «Wir stellen uns nicht einseitig auf die Seite derer, die das alles ablehnen», begründet Oberkirchenratspräsident Andreas Flade die Position der evangelischen Kirchenleitung. Zugleich verweist er darauf, dass viele Gemeinden dem dreitägigen Gegengipfel durchaus Räume zur Verfügung stellen. Die kirchlichen Anliegen könnten aber vor allem durch eigene Veranstaltungen besser deutlich gemacht werden.
Kirchliche Hilfsorganisationen wie Evangelischer Entwicklungsdienst und Misereor haben dagegen weniger Scheu, den «Alternativgipfel» auch offiziell zu unterstützen - trotz Protestbriefen und interner Diskussionen. «Solche Formen der Zivilgesellschaft sind unbedingt erforderlich, um über Alternativen zur fortschreitenden Polarisierung zwischen Arm und Reich nachzudenken», sagt etwa Georg Stoll, entwicklungspolitischer Referent bei der katholischen Misereor.
Anderen Christen geht selbst das noch nicht weit genug. So setzt das unabhängige Institut für Theologie und Politik in Münster auf eine «Globalisierung von unten». Aktionen des zivilen Ungehorsams wie Blockaden hätten in den sozialen Bewegungen eine gute Tradition. Unterstützung für die vor allem von linken Gruppen gebildete Initiative «Block G8» kommt auch von Mitgliedern der katholischen Friedensorganisation «Pax Christi».
Gegen die ungerechte Wirtschaftspolitik der Industriestaaten müsse ein «Zeichen» gesetzt werden, so der Sprecher der Pax-Christi-Kommission für Globalisierung und soziale Gerechtigkeit, Stefan Leibold. Die ungleiche Verteilung von Macht, Ressourcen und Reichtum gefährde den Frieden auf der Welt.
Der Doberaner Gemeindepastor Jax mahnt allerdings, weder vom Weltwirtschaftsgipfel noch von den Protesten dagegen zuviel zu erwarten. In der Geschichte der G-8 sehe er keine maßgeblichen Veränderungen für mehr Gerechtigkeit und er erwarte sie auch nicht, sagt der evangelische Theologe. Nur ein Bruchteil der versprochenen Gelder sei beispielsweise bei den armen Ländern angekommen. (05815/23.5.2007)
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epd